Rassisten für Trump: Die Alt-Right-Bewegung

Hilfe von rechtsaußen

Die rechtskonservative Alt-Right-Bewegung unterstützt die Kandidatur von Donald Trump. Einer ihrer bekanntesten Vertreter wurde nun zum Wahlkampfleiter des republikanischen Präsidentschaftskandidaten.

Was hat es eigentlich mit dem Frosch auf sich? Seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten, taucht im Internet immer wieder mal ein grinsender Comic-Frosch auf, bei 4Chan, Facebook oder in Youtube-Videos. In erster Linie sieht man ihn in Foren, in denen dem Immobiliensunternehmer und Reality-TV-Star Donald Trump gehuldigt wird, der dieser Tage um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten kämpft. In Umfragen liegt er erstmals gleichauf mit seiner Kontrahentin Hillary Clinton.
Auch im Internet, wo er seinen Wahlkampf in erster Linie zu führen scheint, findet er reichlich Unterstützung. Besonders von jenen, die aus unerfindlichen Gründen ausgerechnet einen Comic-Frosch mit dem spanischen Namen Pepe zu ihrem Maskottchen erkoren haben – nämlich die so genannte Alt-Right-Bewegung. Sie ist im Grunde nicht viel mehr als eine lose Organisation von Internet-Trollen, die mit derben Sprüchen, Cartoons und Memen aller Art um die Aufmerksamkeit der User buhlen. Vor allem aber sind sie eines: Rassisten. Der Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center (SPLC) zufolge zeichnet sich die Alt-Right durch eine »rechtsextreme Ideologie aus, die im Wesentlichen auf der Annahme basiert, dass ihre weiße Identität durch Multikulturalismus, politische Korrektheit und soziale Gerechtigkeit untergraben wird«. Alt-Right als Begriff und Bewegung wurden 2012 von dem Selbstdarsteller Richard Spencer erfunden, der sich zu dieser Zeit unter den amerikanischen Konservativen wohl nicht mehr so recht heimisch fühlte. So gründete er im Internet die »alternative Rechte«. Spencer hält amerikanische Grundwerte wie die Freiheit des Individuums lediglich für Abstraktionen. Für ihn geht es ausschließlich um Fragen von Blut und Boden. »Ein Land für jeden ist ein Land für niemanden«, erklärt Spencer in einem Online-Video, in dem er vorwiegend über das »Erbe« der Weißen schulmeistert und eine »Vorsehung« heraufbeschwört. Ganz so weit geht Donald Trump nicht. Er bewegt sich aber in unmittelbarer Nähe zu den Rassisten. Seine mehr oder minder subtil codierten Hasssprüche, die er oft tagelang stehen und in den Mainstream sickern lässt, bevor er sie halbherzig widerruft, sind nicht etwa eine Begleiterscheinung seines Wahlkampfs, sondern dessen Kern. Bereits 2012 wurde Trump zum Wortführer der so genannten Birther-Bewegung, die Präsident Obama ein »kosmopolitisches«, und damit vermeintlich »unamerikanisches« Weltbild anlasten wollte. Da sich viele »Birthers« offensichtlich nicht so recht trauten, das Kind beim Namen zu nennen – sie wollen keinen schwarzen Präsidenten – verzierten sie ihren Rassismus mit Verschwörungstheorien und pseudowissenschaftlichen Thesen. Der Schritt zur Alt-Right war nur ein kleiner. Selbsternannte Intellektuelle wie der Präsident des nationalistischen National Policy Institute, Richard Spencer, oder Jared Taylor, dessen Arbeiten die vermeintliche Unterlegenheit von Schwarzen zu belegen meinen, und auch der in England geborene Blogger Milo Yiannopoulos sind die Popstars der Ultrarechten.
In einem qualvoll zu lesenden Alt-Right-Manifest versucht Yiannopoulos klarzustellen, was diese Bewegung beispielsweise von den Skinheads der achtziger Jahre unterscheidet: »Intelligenz«, so Yiannopoulos. In der Tat ist die Alt-Right durchaus nicht dumm, zumindest sind ihre Repräsentanten Meister der Spitzfindigkeit und beherrschen die hohe Kunst des Umgangs mit sozialen Medien hervorragend. In endlosen Videos und Traktaten predigen sie eine kuriose, wenn auch altbekannte Mischung aus Nationalismus und Sozialismus. Sie sind offen ausländerfeindlich und sehen in allen Muslimen eine existentielle Bedrohung für Amerika. Den Feminismus bezeichnen sie als ein »Krebsgeschwür.« Und Trump sieht sich als den »Boten« einer angeblich unterdrückten weißen Arbeiterklasse, was er bei seinen frenetisch bejubelten Wahlkampfveranstaltungen immer wieder gerne betont. Die Botschaft, die er verkündet, ist eindeutig. Trumps Kandidatur ist ein Glücksfall für Rassisten und Neonazis. Das hat auch Hilary Clinton erkannt, und in einer Rede in Reno, im US-Bundesstaat Nevada, am 25. August dieses Jahres zur Sprache gebracht: »Er bringt von Hass getriebene Gruppierungen in den Mainstream und hilft somit dem radikalen Rand der Gesellschaft, in einer der beiden großen amerikanischen Volksparteien die Macht an sich zu reißen.« Man könnte ihre Aussage als normale Breitseite abtun, doch das wäre ein Fehler. Denn in der amerikanischen Politik sind derart klare Worte zumindest von Seiten der Politiker eigentlich so gut wie nie zu hören – es gilt als unziemlich, den politischen Gegner so direkt als Rassisten anzugreifen. Doch Clinton scheint überzeugt zu sein, dass Trump eine Gefahr für die amerikanische Demokratie darstellt. Sie hat allen Grund dazu, denn Anfang August hat Trump einen der einflussreichsten Vertreter der Alt-Right zu seinem Wahlkampfleiter gemacht: Der Publizist und Filmemacher Stephen Bannon, der bis dahin die Nachrichtenseite Breitbart.com betrieb. Diese war nach dem überraschenden Herztod des erzkonservativen Gründers Andrew Breitbart 2012 mehr und mehr zur Plattform extremistischen Gedankenguts geworden. »Im Verlauf des letzten Jahres hat Breitbart.com immer wieder die Themen der Alt-Right aufgegriffen«, so Heidi Beirich, die Leiterin des Informationsprojekts des Southern Poverty Law Centers (SPLC). Breitbart.com fiel dem SPLC auf, weil neonazistische Websites wie The Daily Stormer ihre Beiträge zunehmend dorthin verlinkten. »Für die Leute der Alt-Right-Bewegung ist das sehr, sehr wichtig, denn ihre Sichtweise gerät somit mehr und mehr in die Mitte der Gesellschaft.« Die Beliebtheit von Breitbart.com nimmt zu, die dazugehörige Facebook-Seite hat jetzt mehr als 2,3 Millionen Leser. Vor einem Jahr waren es noch weniger als eine Million. Insgesamt lesen mittlerweile an die 18 Millionen Menschen jeden Monat Breitbart, ebenso viele wie beispielsweise die renommierte Politnachrichtenseite Politico.
Seit Beginn des Wahlkampfs wurde Breitbart.com zunehmend zu einem Sprachrohr der Trump-Kampagne, und jetzt wurde die Verbindung offiziell gemacht. Mit der Ernennung Bannons zu seinem Wahlkampfleiter hat zum ersten Mal in der jüngeren amerikanischen Geschichte ein Präsidentschaftskandidat einen bekannten rechtsextremen Verschwörungsideologen und Internet-Troll in die obere Etage der Politik erhoben. Trump zerrt den rassistischen Rand Amerikas vollends in den Mainstream. Das ist etwas, was weder John McCain noch Mitt Romney gemacht haben. Das ist neu. So lässt Trump einen Geist aus der Flasche, der sich womöglich auch nach dieser Wahl nicht mehr so leicht zurückholen lassen wird. Wenn beim Parteitag der Republikaner Sprüche wie »Lock her up« (Schließt sie weg) zu hören sind und jetzt schon über Wahlbetrug spekuliert wird, wenn gesagt wird, die waffenaffinen »Second Amendment people« könnten eine Clinton-Präsidentschaft verhindern, so wird damit der Versuch gemacht, eine mögliche Clinton-Regierung zu delegitimieren und den rechten Rand zur offenen Gewalt aufzurufen.
Und das konservative Establishment zieht mit, denn dort zählt in erster Linie die Zusammensetzung des Obersten Verfassungsgerichts der Vereinigten Staaten von Amerika, die mit Sicherheit vom nächsten Präsidenten bestimmt werden wird. Viele zuvor scheinbar prinzipientreue und hochrangige Republikaner schweigen und machen sich damit zu Mitläufern einer neuen rassistischen Bewegung. »Donald Trump hat uns gezeigt, wer er ist, und woran er glaubt«, so Clinton in Nevada. »Er bringt den Hass in den Mainstream, in unser Gemeinwesen und in unser Land.«