Donald Trump hat als US-Präsident bislang wenige seiner Vorhaben umsetzen können. Weiter so!

Schaum aus der Maschine

US-Präsident Donald Trump tobt gern und verkündet große Pläne. Tatsächlich hat er in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft kaum etwas Substantielles zu Wege gebracht.

In seiner Rede zum Amtsantritt am 20. Januar sagte US-Präsident Donald Trump unter anderem, die Zeit des »leeren Geredes« sei vorbei und nun die breche »Stunde des Handelns« an. Das Gegenteil ist der Fall. In den ersten vier Wochen seiner Amtszeit gab es so gut wie keine konkreten Handlungen. Zwar unterzeichnete der Präsident anfangs furios allerlei Anordnungen und natürlich tobt und twittert er ohne Unterlass, aber einen messbaren Effekt hat das alles nicht. Zum Glück. Denn das Weiße Haus unter Präsident Trump ist geprägt von Intrigen, dreisten Lügen und sehr viel mehr leerem Gerede als bei bisherigen US-Regierungen üblich. In einer skurrilen Pressekonferenz am Donnerstag vergangener Woche ließ Trump verlauten, seine Regierung funktioniere wie eine »fein abgestimmte Maschine«. In Wirklichkeit herrscht Chaos. 
Das Weiße Haus stolpert von einem Skandal in den nächsten, mit teilweise erfreulichen Resultaten. So musste vergangene Woche Trumps in Ungnade gefallener nationaler Sicherheitsberater, General Michael T. Flynn, zurücktreten, und nicht nur in Washington atmete man auf. Schon während des Wahlkampfs hatte Flynn regelmäßigen Kontakt zur russischen Regierung, wie zumindest deren US-Botschafter, Sergej Kisljak behauptete. Sowohl Flynn als auch Trump wussten bereits seit August vergangenen Jahres, dass die E-Mail-Konten der Clinton-Kampagne mit Wissen und womöglich im Auftrag höchster russischer Regierungskreise gehackt wurden. Das hielt Trump und Flynn nicht davon ab, den Kontakt nach Russland warmzuhalten. Als der damalige US-Präsident Barack Obama am 29. Dezember neue Sanktionen gegen Russland ankündigte, als Vergeltung für die Cyberangriffe, tauschten sich Flynn und Kisljak umgehend telefonisch aus. Dieser und andere Anrufe wurden von den US-Nachrichtendiensten abgehört. Das Justizministerium setzte Trump am 26. Januar von den Telefonaten in Kenntnis, doch der nahm es mit Gelassenheit – niemand hielt es beispielsweise für nötig, den Vizepräsidenten Mike Pence darüber zu informieren. Dieser stritt den Kontakt nach Russland in der Presse ab und erfuhr die Wahrheit wohl erst aus der Zeitung. Im Januar dieses Jahres bestritt auch Flynn seine Anrufe gegenüber dem FBI, was ein Verstoß gegen das Gesetz ist. Erst als die Washington Post die Sache am 13. Februar öffentlich machte, reichte Flynn seinen Rücktritt als nationaler Sicherheitsberater ein.
Nun ging der Posten an General H. R. McMaster, was von Republikanern wie Demokraten mit Erleichterung registriert wurde. Denn McMaster gilt als umsichtiger und intelligenter Stratege, der sein Metier versteht und die komplexen globalen Probleme von allen Seiten beleuchtet. Vor allem scheint er in Bezug auf Russland pragmatischer zu denken als der Präsident. Vorerst scheint die von Trump gewünschte Annäherung an die Regierung Wladimir Putins vom Tisch zu sein – eine Regierung, die Nachbarstaaten destabilisiert und offensichtlich kein ernsthaftes Interesse daran hat, den Ermordungen von Oppositionellen und Journalisten nachzugehen. Zwar bleiben noch immer Fragen zu Trumps geschäftlichen Beziehungen nach Russland offen, aber die Tatsache, dass er im Wahlkampf und in den ersten vier Wochen seiner Amtszeit so heftig mit Putin geflirtet hat, scheint im US-Senat eine Gegenreaktion zu bewirken. Hatte Flynn wohl vom Ende der Sanktionen gegen Russland geträumt, so ist dieses Ziel zunächst in etwas weitere Ferne gerückt. Auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz ließen die Aussagen von Vizepräsident Pence und US-Verteidigungsminister James Mattis darauf schließen, dass es vorerst keine Kehrtwende in der Russlandpolitik geben wird.

Von den 15 offenen Stellvertreter­posten diverser Regierungsämter hat Trump erst drei besetzen können, und nur 40 der 700 Regierungs­angestellten, die die Zustimmung des Senats benötigen, wurde diese erteilt.

Auch innenpolitisch scheint Trump von der Realität eingeholt worden zu sein. Trump hatte den Fastfood-Magnaten Andrew Puzder für das Amt des Arbeitsministers nominiert, doch kurz vor seiner Anhörung gab Puzder seinen Rückzug bekannt, unter anderem weil er eine Einwanderin ohne legalen Aufenthaltsstatus als Putzfrau bei sich angestellt hatte. Geschadet hat ihm sicherlich auch ein kürzlich aufgetauchtes Video, in dem Puzders Exfrau behauptet, ihr Mann habe sie misshandelt. Nun wurde Alexander Acosta nominiert, ein Jurist, der von 2002 bis 2003 unter Präsident George W. Bush Mitglied des National Labor Relations Board war, das für die Umsetzung der Arbeitsschutzgesetze zuständig ist. Selbst Richard Trumka, der Präsident des Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO, meinte, man könne Acostas Nominierung ernst nehmen. Allerdings hat der Senat auch die vollkommen unqualifizierte Betsy DeVos als Bildungsministerin bestätigt, ebenso fehlbesetzt sind der Arzt Ben Carson als Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung und der Klimawandel-Skeptiker Scott Pruitt als Chef der Umweltschutzbehörde EPA. Von den 15 offenen Stellvertreterposten diverser Regierungsämter hat Trump bislang erst drei besetzen können, und nur 40 der 700 Regierungsangestellten, die die Zustimmung des Senats benötigen, wurde diese bislang erteilt.
Die Demokraten können diese Berufungen zwar nicht stoppen, aber sie können sie erheblich bremsen, und genau das scheint auch ihre Strategie zu sein: Solange der Senat mit Personalfragen ausgelastet ist – und das könnte noch wochenlang so weiter gehen –, kann er sich nicht anderen Fragen zuwenden, beispielsweise der Steuerreform oder dem Kippen der unter Obama beschlossenen Gesundheitsreform. Hier tun sich die Republikaner ohnehin noch immer schwer, unter anderem, weil Trump Unmögliches verspricht: Niemand soll seine Versicherung verlieren, besser soll sie werden und zugleich auch noch viel billiger. Bei manchen Kernanliegen also stecken der Präsident und der Kongress nach vier Wochen völlig fest. Aber nicht bei allen. Gefährdet ist beispielsweise die Arbeit der NGO Planned Parenthood, die medizinische Betreuung für Frauen und Mädchen anbietet, darunter auch Empfängnisverhütung und Abtreibung – für Republikaner ein rotes Tuch. Hier könnte der Kongress bald die staatlichen Geldmittel streichen (Jungle World 7/2017). Auch wurden in den vergangenen Wochen wieder mehr illegale Einwanderer abgeschoben, ein wesentliches Versprechen Trumps. Vizepräsident Pence besetzt viele Ämter mit konservativen Hardlinern, die er bereits seit Jahren kennt, so seinen Stabschef Josh Pitcock und seinen Berater Nick Ayers. Auch sein Neffe John Pence bekam einen wichtigen Posten. Mit der Nominierung des Richters Neil Gorsuch für den Obersten Gerichtshof hat Trump den Konservativen eine Freude gemacht, doch immerhin gilt Gorsuch als prinzipientreuer Jurist.
Trotz großspuriger Reden sieht die Bilanz der US-Regierung bislang nicht viel anders aus als die anderer konservativer Regierungen. Ein wirklich bedeutendes Gesetz konnte Trump noch nicht unterschreiben. Stattdessen hat er bislang 23 präsidentielle Erlasse unterzeichnet, doch die meisten davon bestätigen lediglich bereits existierende Richtlinien der US-Regierung. Auch Trumps groß angekündigter Plan, eine Mauer an der mexikanischen Grenze zu bauen, ist eigentlich überflüssig: In der Nähe vieler Ballungszentren wie El Paso, Phoenix und San Diego gibt es bereits Sperranlagen und der Kongress hat 2006 weitere 1 125 Kilometer Mauerbau angeordnet, doch noch fehlen die nötigen Geldmittel. Das ist eine Sache, der sich nur der Kongress annehmen kann, mit wütenden Tweets ist da nichts viel zu machen.
Eine fein abgestimmte Maschine sieht jedenfalls anders aus. Die republikanischen Kongressabgeordneten wollen endlich ihre konservative Politik implementieren, doch streut Trump mit seinen Ausfällen immer wieder Sand ins Getriebe. Damit untergräbt er vor allem sein Ansehen. Kein Wunder, dass er lieber große Reden hält, wie vergangenes Wochenende in Florida, und bereits für den nächsten Wahlkampf probt. Es sitzt ein Mann an den Schalthebeln der Macht, der diese nicht zu bedienen weiß. Im Krisenfall könnte das zu einem Problem werden, aber zumindest für den ersten Monat seiner Präsidentschaft lässt sich festhalten: Außer viel Gerede kam nichts.