Dienstag, 18.04.2017 / 11:53 Uhr

Kein Zufall

Von
Selen Elma

Bereits bevor alle Stimmen des türkischen Referendums ausgezählt waren, stand für Kemal Özkiraz fest: „Wenn ein „Ja“ herauskommt, dann schließe ich.“ Am vergangenen Sonntag schloß der Leiter des türkischen Umfrageinstitutes Akam seine Firma. Özkiraz betrachtet dies nicht als Niederlage. Er verteidigt seine Position in der türkischen Tageszeitung Sözcü: „Welchen Sinn hat es Wahlumfragen in einem Land durchzuführen, in dem knapp eine Million Stimmen annulliert und 2.5 Millionen unversiegelte Stimmen mitgezählt werden?“

Das Institut bekam von Parteien und Wahlbeobachtern die Information, dass die unversiegelten Stimmzettel ein „Ja"-Votum enthielten. „So etwas ist kein Zufall,“ findet Özkiraz. Die meisten der unversiegelten Stimmen seien im Südosten des Landes aufgetaucht, wo der kurdische Bevölkerungsanteil besonders hoch ist. Die Wahlkommission müsse nun dringend aufklären, wie viele unversiegelte Wahlzettel akzeptiert wurden.

Die Wahlkommission müsse nun dringend aufklären, wie viele unversiegelte Wahlzettel akzeptiert wurden.

Es sei offensichtlich, dass diese Stimmzettel den Wahlausgang beeinflusst hätten. Die Oppositionsparteien und einige türkische Medien gehen von zwei bis 2.5 Millionen unversiegelter Stimmen im Inland aus. „Wenn es 900.000 Stimmen gibt, die annulliert wurden und viele unversiegelte Stimmzettel, die mitgezählt wurden, dann ist von einem Betrug auszugehen“, fürchtet Özkiraz. „Einen Wahlbetrug vorauszuberechnen ist nicht möglich,“ sagte er der Sözcü.

Der Vorsitzende der türkischen Wahlkommission (YSK) Sadi Güven hat die Anzahl der mitgezählten unversiegelten Stimmzettel bisher nicht beziffert. Auch im Ausland wurden nichtversiegelte Stimmen abgegeben. Diese wurden jedoch, anders als die in der Türkei abgegeben Stimmzettel, nicht gewertet. Die YSK muss nun aufklären, wie viele unversiegelte Stimmen in welchen Regionen mitgezählt wurden und wie viele dieser mit „Ja“ oder „Nein“ gekennzeichnet waren.

„Nachdem konkrete Vorwürfe und sogar Videos öffentlich wurden, hätte die Opposition sich bewegen und die Wahl stoppen müssen“ sagt Özkiraz in Sözcü. Jetzt erwarte er keine Annullierung mehr.