Samstag, 13.05.2017 / 15:58 Uhr

Die nächste Mauer an türkischen Grenzen

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Nachdem der Grenzwall zu Syrien – Selbstschussanlage inklusive – fertig gestellt ist, plant die Türkei eine neue Mauer zu bauen. Diesmal  an der iranischen Grenze, offiziell um Anhänger der PKK, der die Türkei seit langem vorwirft, im Iran Trainingscamps zu unterhalten, daran zu hindern, die Grenze zu überschreiten.

„‚Im Iran unterhält die PKK nahe der türkischen Grenze Lager in Maku, Dambat, Navur, Kotr, Keneresh und Şehidan. In diesen Lagern sind 800 bis 1000 PKK-Terroristen stationiert. Sie infiltrieren die Türkei, führen Anschläge aus und verlassen die Türkei dann wieder‘, erklärte ein Beamter der Tageszeitung Hürriyet gegenüber am 8. Mai. Sie fliehen in jene Lager wenn in der östlichen Provinz Ağrı und der Gegend um den Berg Tenderük Sicherheitsoperationen stattfänden, der Beamte weiter. ‚Als Vorsichtsmaßnahme werden wir daher in den Provinzen Ağrı und Iğdır entlang der Grenze eine 70 km lange Mauer bauen und den Rest des Grenzgebiets mit Türmen und Eisenzäunen sichern. Zudem werden wir die Grenze hinfort beleuchten.‘”

Das Bauwerk soll wohl noch einem anderen Zweck dienen: Der Fluchtabwehr. Seit die syrisch-türkische Grenze de facto geschlossen ist, kommen immer weniger Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland in die Türkei und werden stattdessen „vor Ort“ in Lagern auf der syrischen Seite versorgt. Eine Lösung, die allen, außer den Flüchtlingen selbst, sehr zupass kommt, vor allem auch der EU. Am Besten, so die Logik, man verhindert gleich vor Ort, dass jemand zum Flüchtling werden kann. Was in den Lagern – in die ohnehin meist keine ausländischen Journalisten kommen – geschieht, interessiert sowieso niemanden.

Der Iran nun ist wichtiges Transitland für Flüchtende aus Afghanistan und anderen Ländern Zentralasiens. Und warum sollte nicht auch dort klappen, was bei Syrien schon so erfolgreich war?

„Vor rund anderthalb Monaten schlug der türkische Vizepremier Veysi Kaynak laut Alarm und warnte in einem Interview mit dem TV-Sender CNN Türk, dass rund drei Millionen ‚illegale Migranten‘, vorwiegend wohl Afghanen, vom Iran auf dem Weg in die Türkei seien. Laut Kaynak seien allein im Jahr 2016 insgesamt rund 30 000 Flüchtlinge in die ostanatolischen Provinzen Agri und Igdir gekommen. ‚Wir befürchten, dass der Iran ihre Wanderung in die Türkei ignoriert, auch wenn er sie nicht unbedingt befördert‘, so der Vizepremier.“

Und so sieht die Zukunft der Flüchtlingspolitik dann wohl auch aus: Entweder die Menschen werden in den Ländern des Nahen Osten oder Nordafrikas mehr schlecht als recht versorgt und Regierungen, ganz egal wie autokratisch sie auch sein mögen, erhalten dafür aus Europa Geld oder sie werden gleich daran gehindert, aus ihren Ländern zu fliehen.

Auch der Iran dürfte ein Interesse haben, dass Afghanen das Land nicht mehr verlassen. Schließlich zwangsrekrutiert das Regime seit längerem unter afghanischen Flüchtlingen, die als Kanonenfutter in den syrischen Krieg geschickt werden.

Zuerst erschienen auf Mena-Watch