Die Fans sind richtig Baff

Das Bündnis aktiver Fußballfans wehrt sich gegen Sitzplätze und Weltmeisterschaften, Spätzle und Nazis

Fußballfans sollen, so denken sich das die Vereinsführungen, ihre Hühneraugen mit Pflastern verkleben, die das Logo des Lieblingsvereins zeigen, Liebe sollen sie mit Schalke-Kondomen machen, zugedeckt von Bayern-Bettwäsche, kochen sollen sie entweder VfB-Spätzle oder Hansa Rostock-Kartoffeln, und die Reste wirft man dann in die BVB-Mülltonne.

Das bißchen Fußball, das da noch bleibt, organisiert Leo Kirch. Der Medienunternehmer verlegt die Spieltermine auf Montage, weil es leichter fällt, zu Hause zu bleiben. Damit die, die dann auf dem Sofa sitzen, statt im Stadion zu stehen, auch sein Programm schauen, veranstaltet er Fußballshows mit Gewinnspielen, Studiogästen, Geplauder und Musikeinlage.

Wer da noch so doof ist, selbst ins Stadion zu gehen, findet sich in einem Käfig, damit er sich ja diszipliniert verhält und nicht die Ware, die Herr Kirch senden möchte, beschädigt. Wer nicht in den Käfig möchte, muß mehr zahlen und wird auf einem Schalensitz plaziert.

Damit das mit den Käfigen aufhört und das mit der Versitzplatzung nicht fortschreitet, haben sich Fans zu Baff zusammengeschlossen. Das Bündnis aktiver Fußballfans, wie es mittlerweile heißt - bei seiner Gründung im Herbst 1993 stand das A noch für antifaschistisch - wehrt sich zum Beispiel gegen die Bewerbung des Deutschen Fußballbundes um die WM 2006, weil mit den Stadionumbauten ihre geliebten Stehkurven verschwänden: "4 Wochen WM 2006 - ein Leben lang sitzen in der Bundesliga?!" Um herauszufinden, wie es zur Zeit in den Stadien aussieht, führte das Baff eine große Umfrage "zur Stadion-Situation 1. Bundesliga" durch. Penibel wurden Eintrittspreise, Stehplatzanteile an den Rängen, Materialien der Sitzplätze und auch die Umbaupläne der Vereine und Kommunen aufgelistet. Daß man in Düsseldorf ein Hotel ans Stadion bauen möchte, in München VIP-Logen plant, und in Duisburg ein McDonald's dafür sorgen sollen, daß das Stadion zum Erlebnispark wird, stößt beim Baff, das den Fußball den Fans erhalten möchte, auf Gegenwehr.

Auch gegen die vermehrt auftretenden Rechtsextremen in den Stadien macht Baff aktiv. Mit Flugblatt-Aktionen und Demonstrationen, Rockkonzerten gegen Rechts, mit Eingaben an die Vereine und mit eigener Präsenz wehrt man sich gegen die zu hörenden Parolen "Deutsche wehrt euch, geht nicht zu St.Pauli" oder "Zyklon B der SGW(attenscheid)".

Ein Höhepunkt war die Verhinderung des Länderspiel Deutschland-England, ausgerechnet an Hitlers Geburtstag am 20. April 1994, ausgerechnet im Olympiastadion.

Damit es überhaupt zu solchen Aktionen kommen kann, braucht es den Baff, der mittlerweile immer mehr die Funktion eines Dachverbandes übernimmt. Im Sommer 1994 wurde in Düsseldorf der erste bundesweite Fankongreß unter dem Motto "Reclaim the Game" (Holt euch das Spiel zurück) veranstaltet. Im November 1994 folgten Demonstrationen für den Erhalt der Stehplätze vor dem DFB-Gebäude in Frankfurt und dem Sitz der Uefa in Genf, und das Baff wirkte entscheidend beim 1. Fanzine-Festivals 1996 in Oer-Erkenschwick mit.

Dem Baff gehören heute über 50 Fan-Initiativen, Fanzines und sozialpädagogisch ausgerichteten Fan-Projekte an sowie etwa 100 Einzelpersonen. Und am vergangenen Wochenende hatte das Baff wieder einen Höhepunkt: In Oer-Erkenschwick fand der 2. bundesweite Fußballfan-Kongreß statt, pünktlich vor Beginn der neuen Saison, mit über 200 Teilnehmern, die in Schlafsäcken oder auf weißer Bettwäsche nächtigten und ihre Hühneraugen ganz konventionell versorgten.