Sing a song mit Schnäuzer

Joe (Woody Allen) ist todunglücklich: "Wißt ihr, ich werde mich umbringen. Ja, genau, ich sollte nach Paris fliegen und vom Eiffelturm springen. Dann wär ich tot. Wißt ihr, wenn ich noch die Concorde kriege, könnte ich drei Stunden früher tot sein. Oder wartet mal. Mit der Zeitverschiebung könnte ich noch sechs Stunden in New York am Leben sein, aber schon drei Stunden tot in Paris. Ich könnte noch was erledigen und schon tot sein." Das läßt er dann aber doch. Weil der Film sonst ziemlich schnell vorbei wär und "Alle sagen: I Love You" zweitens ein Musical ist. Und da gehört sich so etwas nicht.

Der Rest beschäftigt sich mit Aspekten Allen-typischer Privatobsessionen: Großfamilie, Liebeskummer, Sex, Psychoanalyse, New York. Weitere Handlungsstränge hat Woody Allen in die Kulisse von Paris und Venedig exportiert. Denn wie gesagt, dies ist ein Musical, und dort singt man bekanntlich die ganze Zeit (siehe u.a: "Ein Amerikaner in Paris"). Und überhaupt: Wär es nicht eine hübsche Vorstellung, wenn man sich einfach so ansingen würde, immer die richtigen Reime parat hätte, die passenden Tanzschritte wüßte und sich selbst über die Musik keine Gedanken zu machen bräuchte, weil: Die Musik liegt in der Luft.

Jedenfalls so ungefähr. Zuerst schwirrte Woody Allen die Musik nämlich nur durch den Kopf. Es waren ewig alte Songs aus irgendwelchen Musicals, an die er sich erinnerte. Die ließen ihn nicht wieder los, und so hat er schließlich einen Film um sie herumgebaut.

Das war der eine Grund für "Alle sagen: I Love You".

Der andere war Allens dringender Wunsch in einer Filmszene, endlich mal einen Schnurrbart tragen zu dürfen (Eigenaussage). Diesen Wunsch erfüllt er sich anläßlich eines Groucho-Marx-Gedächtnis-Balls. Auch Goldie Hawn trägt Marx zu Ehren einen Schnäuzer. Was weitaus weniger interessant sein dürfte, als daß hier alle singen. Auch Julia Roberts, auch Drew Barrymore und selbst Woody Allen höchstpersönlich. Und wenn Ton und Stimme mal nicht so zueinander passen wollen, läßt Allen das Restpersonal tanzen, steppen und Quatsch machen, daß es nicht weiter auffällt.

Eigentlich fällt hier gar nichts unangenehm auf. "Alle sagen: I Love You" ist ja auch keine Kopie eines Fünfziger-Jahre- Musicals, das durch Perfektion, Können und Glamour überzeugen möchte, sondern eher eine Hommage. Über Fehlleistungen wird dabei großzügig hinweg gesehen. Sonst wäre auch Edward Norton (zuletzt: "The People vs. Larry Flynt") wohl kaum für eine Tanzrolle gecastet worden. Tanzen kann der nämlich kein Stück. Er tut es aber trotzdem. Und das ist so charmant absurd wie der ganze Film. Da gibt es keinen Grund, sich zu beschweren.

Alle sagen: I Love You. USA 1997, R: Woody Allen, D: Julia Roberts, Goldie Hawn, Drew Barrymore, Woody Allen, Edward Norton, Natalie Portman, Tim Roth