Theater-AG auf Sat. 1

Das soll Seife sein? "Angie überrascht Nadine und Martin in einer eindeutigen Situation und wirft beide raus. Uwes Versuch, Angie zu trösten, zeigt wenig Wirkung - sie hat genug von Männern ... Tina kommt mit ihrer Mutterrolle nicht zurecht. Eines Tages findet Ronny das Baby in ihrem Zimmer, und Tina ist verschwunden ..."

Das sind zunächst mal zwei Szenen mit der anschließenden Frage, warum die "eindeutige Situation" ohne diese Pünktchen, die doch seit jeher im deutschen Journalismus für Erotik stehen, auskommt. Zudem handelt es sich um die Sat.1-Videotext-Ankündigung der Serie "Geliebte Schwestern" für Donnerstag, den 14. August.

Schwester Nadine ist eine der fünf Lehrschwestern, um die sich die Serie rankt, deren Vorname nicht infantilisiert wird. Sie spielt den Vamp. Die zweite Nichtinfantilisierte heißt Keren und spielt die Brave. Die anderen sind Angie (genug von Männern), Ronny (Baby an Bord) und Mickey, die sich zur Zeit bei der Polizeischule bewirbt. Die Serie handelt also vom Leben, so wie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", "Unter uns", "Verbotene Liebe", "Alle Zusammen" und "Marienhof" auch. Sie spielt in einer in hellem Beige gehaltenen Dekoration, so wie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" etc. auch. Ihre Darsteller sind Laienschauspieler, so wie in den meisten anderen Soaps auch, zumindest in denen der privaten Sender. Gleichwohl ist es keine tägliche Theater-AG, die über die Bildschirme huscht. Es sind professionelle Sendungen, die um Einschaltquoten kämpfen. Und die Schauspieler sind Profis ohne Berufsausbildung, womit man schon wieder im prallen richtigen Leben ist.

Wer muß sich noch Bildung aneignen, wo gefälligst anything goes zu gelten hat. Der Plot von "Geliebte Schwestern" deutet es an: Fünf Lernschwestern schleppen sich durch den Krankenhausalltag, und alle planen etwas anderes. Ronny wird gewiß Medizin studieren, Keren wahrscheinlich auch, Nadine will einen Arzt heiraten, Angie muß sich noch orientieren, und Mickey will ja eh auf die Polizeischule.

Vielleicht liegt der mangelnde Erfolg der "Geliebten Schwestern" am noch nicht ganz entschiedenen Plot. Entschiedener ist da "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Vor Jahren fing alles so an: Eine zwölfte Klasse beschließt fast kollektiv, daß sie kein Abitur braucht, und jeder geht eigene Wege: So wurde eine Journalistin, einer KfZ-Mechaniker, eine heiratete in einen Modekonzern ein usw.

Damit deuten die Soaps jeden Abend nach Feierabend, wenn die Zuschauer müde von der Arbeit Zuschauer müde von der Arbeit kommen,
an, was alles im Leben möglich wäre. Man könnte schön aussehen, man könnte mit irgendeiner spleenigen Idee reich werden, man könnte sich bei Problemen in einer echt duften Clique ausheulen. Denn Probleme gibt es ja im besseren, schöneren und reicheren Leben auch. Daß Angie ihren Martin, der sowieso ein Luftikus ist, was alle außer Angie wissen, in einer eindeutigen Situation überrascht, ist für Angie echt scheiße. Daß Uwe in Angie verknallt ist, aber nicht landen kann, macht Uwe zum Vertreter der männlichen Zuschauer: Er wird total frustriert. Daß Tina ohne ihr Baby abhaut, ist für Ronny Problem und Herausforderung zugleich, ein echter Hammer halt.

Ein Hammer aber, der nicht die Lernschwester Ronny fordert, sondern den Menschen. Da geht dann anything, bloß der Ausgang ist offen. Und die drei Punkte in der Videotext-Ankündigung standen doch richtig ...