Zwischen Euro, Franc und Dollar

Poker um die Zukunft der an den französischen Franc gekoppelten afrikanischen CFA-Währungszone

Im Frühjahr 1998 soll darüber entschieden werden, welche Länder bei der Einführung des Euro dabei sein werden. Relativ offen ist, was aus der an den französischen Franc (FF) angelehnten CFA-Währungszone im frankophonen Afrika wird, wenn es keinen FF mehr gibt. Hinter den Kulissen findet deshalb ein heftiges Tauziehen statt. Frankreich hat bisher darauf bestanden - zuletzt auf dem französisch-afrikanischen Gipfel im Dezember in Burkina Faso -, daß die CFA-Zone auch nach Einführung des Euro weiterexistieren soll; unklar blieb, zu welchen Bedingungen. Die anderen EU-Länder sträuben sich noch dagegen, allen voran Deutschland, das die Kosten für die Währungszone scheut, von der Frankreich handelspolitisch überproportional profitiert.

Die CFA-Zone ist ein Relikt aus der Kolonialzeit. Sie umfaßt Länder im frankophonen West- und Zentralafrika sowie die Überseedepartements (Französisch Guyana, Mayotte, La Réunion, usw.). Am 31. Juli dieses Jahres kam mit Guinea Bissau - nach Äquatorial-Guinea - der zweite Staat hinzu, der zuvor keine französische Kolonie war. Frankreich soll, um das Land für den Eintritt zu gewinnen, die gesamten Kosten für die Umstellung auf die neue Währung, umgerechnet 330 Millionen Mark, übernommen haben, und die Hauptstadt des kleinen Staates bekam ein französisches Kulturzentrum, eine Ausgabe des Centre Pompidou en miniature. Ein Sprecher der westafrikanischen Zentralbank sagte aus diesem Anlaß, nun stehe Guinea (Conakry) in der Warteschlange, und man hoffe, auch irgendwann Ghana und Nigeria gewinnen zu können.

Frankreich und Nigeria, die einstigen Erzfeinde in West-Afrika - im liberianischen Bürgerkrieg beispielsweise hatten sie noch verfeindete Parteien unterstützt -, haben sich in letzter Zeit einander merklich angenähert. Anfang des Jahres erklärte der Chef der nigerianischen Militärjunta, Sani Abacha, Französisch zur zweiten Amtssprache neben dem Englischen.

Seit ihrer Gründung 1954 bildet die CFA-Währungszone eine wichtige Klammer für die "privilegierten Beziehungen" Frankreichs zu seinem Hinterhof. Das französische Schatzamt garantiert, daß der CFA-Franc in einer festen Parität zum französischen Franc steht (ab Januar 1994 im Verhältnis 100 zu eins). Die afrikanischen Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet, zwei Drittel ihrer erwirtschafteten Devisen in Paris zu deponieren und verzichten damit auf eine eigenständige Finanz- und Währungspolitik. Für die afrikanischen Staaten hat dies den Vorteil, daß sie über eine relativ stabile Währung verfügen. Für Frankreich stehen zwei andere Aspekte im Vordergrund: Bis zum Januar 1994 war der CFA-Franc maßlos überbewertet und sicherte so die Nachfrage nach französischen Importen; die Länder des "Feldes" stellen oft die einzige Region dar, mit der Frankreich enen Handelsbilanzüberschuß aufweist. Und die gemeinsame Währung war und ist eine wichtige Voraussetzung, um lästige Konkurrenten aus dem frankophonen Afrika fernzuhalten.

Prinzipiell existieren drei Möglichkeiten für die Zukunft der CFA-Zone. Zum einen, daß die afrikanischen Länder gemeinsam für die Außenkonvertibilität ihrer Währung sorgen - die unwahrscheinlichste Option, da es allein einige Jahre in Anspruch nehmen würde, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Auch sind die finanzpolitischen Interessen der Staaten so verschieden, daß eine Einigung schwierig wäre. Zudem gibt es gegen diese Lösung ernsthafte Vorbehalte in Frankreich, da die afrikanischen Länder sich auf die Dauer an den US-Dollar als Leitwährung anlehnen dürften. In weiten Teilen Afrikas ist dies ohnehin schon der Fall, was ja für die Eliten der Länder, die überwiegend vom Rohstoffexport leben, durchaus Sinn macht. Der neue liberianische Präsident Charles Taylor beispielsweise hat unmittelbar nach seinem Wahlsieg verkündet, sein Land werde auf eine eigene Währung verzichten und statt dessen den US-Dollar verwenden.

Eine zweite Option sieht vor, daß Frankreich mit jedem einzelnen CFA-Land eine Währungsabkommen schließt und das französische Finanzministerium für die Parität der neuen Währung garantiert - dies scheinen die EU-Länder zu favorisieren. Mit der dritten Option hingegen liebäugelt Frankreich: Die neue CFA-Währung wird an den Euro gekoppelt, die Europäische Zentralbank soll für die Konvertibilität sorgen - das bedeutet, daß Frankreich die Kosten für die CFA-Zone auf die EU verteilt, selbst jedoch - da mit Abstand größter Handelspartner der CFA-Zone - zumindest für eine Übergangszeit am meisten davon profitiert. Die Stützungskäufe an CFA-Francs beliefen sich in Hochzeiten immerhin auf eine Summe von über einer Milliarde US-Dollar jährlich.

Hiergegen werden sich jedoch Finanzminister Waigel und Bundesbankchef Tietmeyer, die die BRD bei den Verhandlungen im EU-Währungsausschuß vertreten und ohnehin als Hardliner in allen Fragen, die die sogenannte Dritte Welt betreffen, gelten, mit Händen und Füßen wehren. Da der Euro nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine politische Dimension hat, wird es die Frage sein, ob Deutschland in diesem Punkt Frankreich nachgeben wird.

Schon bei den Verhandlungen zur EG-Gründung 1957 (Römische Verträge) machte Frankreich seinen Beitritt von der Assoziierung seiner Kolonien abhängig, und es gelang Paris, einen Teil seiner Entwicklungshilfe auf die restlichen EG-Länder abzuwälzen. Adenauer mußte höchstpersönlich intervenieren, um die Unterzeichnung zustande zu bringen, wohl wissend, daß das, was als deutsch-französische Aussöhnung bezeichnet wird, nur möglich sein würde, wenn Deutschland Rücksicht auf die Interessen des französischen Staates in Afrika nehmen würde: Die klassische Formel für die französische Außenpolitik lautet bis heute, Frankreichs Stellung in der Welt durch den Einfluß in Afrika zu sichern. Im Juli 1996 heißt es in der FAZ in einem offensichtlich von Regierungsseite inspirierten Artikel unter der Überschrift "Selbstauferlegte Zurückhaltung der deutschen Afrika-Politik": "Afrika ist der Bundesregierung offenbar keine Auseinandersetzung mit dem Freund und Partner jenseits des Rheins wert. Sie zieht es statt dessen vor, das französische Einflußgebiet zu meiden und engere Kontakte zu nicht-frankophonen Staaten zu knüpfen."

Die Zeiten haben sich geändert. Frankreichs Handelsvolumen mit dem frankophonen Afrika schrumpft ebenso wie sein Einfluß; deutlich wurde dies zuletzt in Kongo/Zaire. Das ist auch der BRD nicht verborgen geblieben. Wer wird sich also in der Bundesregierung durchsetzen? Oder ist das Thema gar so wichtig, daß der oberste Europäer, Bundeskanzler Kohl, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und mit dem französischen Präsidenten ein Gentleman-Agreement treffen wird? Einzelheiten werden wohl erst zu erfahren sein, wenn es der Bundesregierung gefällt, die FAZ ins Vertrauen zu ziehen.