Candle in the Rubbish

Der einfallslose Tunneltod einer abgelegten Hofschranze hat, wie inzwischen immer klarer wird, nicht nur eine kollektive Globalhysterie ohne Beispiel hervorgerufen, sondern auch zu einem makabren Wettstreit unter den berufensten Autorinnen und Autoren Deutschlands geführt, wer wohl den schmierigsten und verlogensten Nekrolog zustande bringe. Noch ist nicht entschieden - und wird vielleicht erst nach Jahren zu entscheiden sein -, wem der Sieg und folgerichtig der Preis gebühre, den die "Stiftung zur Förderung und Verbreitung von Untertanengeist und Etikettenschwindel e.V." ausgelobt hat. Die Siegerin bzw. der Sieger erhält, wenn's dereinst ausgeknobelt ist, eine zwölfstündige Longplay-Version von Elton Johns Jahrhundertauswurf "Candle in the Wind" sowie die Kopie des Originals eines von Earl Spencer signierten Autographen von Earl Spencer.

Wenn auch noch nicht feststeht, wer's sein wird, so zeichnet sich bereits ein kleiner Kreis von Favoriten ab. Ganz vorn mit dabei sein wird am Ende zweifellos der Altmaoist Christian Semler, der in der taz einen kaum zu überbietenen Spitzenhymnus vorlegte: "Lady Diana, die so erfolgreich der Modernisierung der Krone diente, hat unerreichbar und unwiderruflich im Olymp Platz genommen. Und der ist aus etwas anderem Material geschaffen als der, auf dem die Unsterblichen des Pop thronen." Zwei, nein drei Olympe fährt dieser wackre Nachrufer auf und hat damit die besten Aussichten, selber ganz oben auf dem vierten, dem Nekrolymp, Platz zu nehmen.

Aber da sind noch andere Mitbewerber, die ihm den Triumph streitig machen können, wie z. B. Matthias Matussek, der im Spiegel ebenso präzise wie prägnant ausführte: "Sie war Cinderella, doch erst im Schneewittchen-Sarg wurde sie unsterblich", nein, exactly: "wahrhaft unsterblich". Ob das genügt, gegen Richard Gotts (!) eher stille Volksseelen-Erkundung in der FAZ zu bestehen? "Diese Menschen", schrieb Gott, "trauern um eine Leitfigur, von der sie nicht wußten, daß sie sie hatten." Und da wäre noch Klaus Harpprecht aus dem Feld zu räumen, der in der Zeit vom Nachrufleder zog, daß die Obelisken nur so wackelten: "Die öffentliche und geheime Wohltätigkeit der Prinzessin rührte von fern an den Mythos des Gnadenstandes, den Gott einst den Königen zuteil werden ließ."

Das müßte der Sieg sein, doch an gleicher Stelle hatte schon Elke Schmitter mit der Idee vom "Aschenputtel, aus dem ein beinahe gekrönter Schwan geworden war", ihre Ansprüche auf den Preis angemeldet, den auch Alice Schwarzer gern eingestecken würde, zumal sie weiß, wieviel er wert ist: "Der Fall Diana zeigt, wie hoch der Preis sein kann. Er kann das Leben kosten", schrieb Schwarzer und machte die Tote zur "Hauptbeute der Sexualscharmützel Dodis".

Und Oschmann, Reiner Oschmann vom Neuen Deutschland, "St. Diana"-Oschmann? Macht er das Rennen mit: "Es bleibt ein Rätsel, in welchem Maße Diana ihre Tauglichkeit als Pinnwand fremder Sehnsüchte unter Beweis stellte"? Oder am Ende doch Hans-Klaus Jungheinrich, der den Lesern der Frankfurter Rundschau ohne Scham und Skrupel weiszumachen versuchte: "Lady Di wurde für die durch den tragischen Unfall plötzlich aktualisierte Trauer-Lust zur Stellvertreterin wie der gekreuzigte Christus allkirchenjährlich für die Gläubigen"? So viel Kopfkotze war nie.