Die Firma "Seda Shop" ist eine der vielen Import-Export-Unternehmen, die sich im Berliner Bezirk Charlottenburg niedergelassen haben. Rund um den Stuttgarter Platz und in der Kantstraße. Die Gegend um den Stuttgarter Platz, der überall nur "Stutti" heißt, gilt als Treffpunkt der berüchtigten Russen-Mafia. Hier gibt es alles zu kaufen: Samoware, Töpfe, Kleidung, Batterien und Bücher. Am "Stutti" werden selbstverständlich noch andere Deals abgewickelt. Drogen- und Waffenhandel, Antiquitätenschmuggel und Prostitution sind angesagt. Und natürlich Geldwäsche. Alles unter dem Label "Import-Export". Wem die Läden gehören, weiß keiner so genau.
Wer's trotzdem tut, wird kurzerhand von einem klobigen Kerl in Jogginghose und schwarzer Lederjacke herausgeschmissen. Das Leben in der Mafia ist nur elegant, wenn man Bandenchef oder angesehener Killer ist. Man muß die Nase ja nicht in fremde Angelegenheiten stecken. Die Jungs vom "Stutti" träumen alle davon, irgendwann die große Nummer zu drehen, um dann im Restaurant Astoria ausgiebig zu speisen.
Das Astoria ist ein schickes Lokal am Kurfürstendamm. Der Türsteher mustert unbekannte Gestalten mit versteinertem Gesicht, doch wer freundlich grüßt und einen ordentlichen Anzug trägt, wird hereingelassen. Das Essen im Astoria ist nicht besonders gut, doch darum geht es auch nicht. Es geht um den Kult. Für den Mafiosi wie für den Touri. Tichomir Babajew heißt der Besitzer des Astoria. Tichomir heißt auf deutsch: stiller Frieden.
So still geht es im Astoria allerdings nicht immer zu. Am 10. Oktober letzten Jahres feierten im Astoria zwei Leute ihren Geburtstag, die angeblich leitende Funktionen in der Unterwelt ausüben. Die Polizei vermutete, daß an diesem Abend die Übergabe großer Geldsummen für eine Rauschgiftsendung stattfinden sollte. Rund 50 Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos stürmten damals das Astoria. Umsonst. Weder Geld noch Rauschgift waren zu finden. Die Papiere der Anwesenden stimmten auch. Weil die Russen-Mafia ein Phantom ist, fürchten sich alle vor ihr.
