Ensam am Weihnachtsfeiertag

Juergen Dose, der bisher Heinz Strunk hieß, hat eine neue CD produziert: "Trittschall im Kriechkeller"

Berühmt wird, wer sich gerne wiederholt und keine Scham hat, dasselbe 1ooomal zu sagen, zu spielen, zu singen. Das ist das Showgeschäftsgesetz. Die meisten, die so über die Jahre verfahren, weil sie glauben und hoffen, das menschliche Kulturverhalten verstanden zu haben, werden sich noch umgucken. Nach Heinz Strunk.

Berühmt wird man allerdings nicht alleine. Und Heinz Strunk ist alleine. "Kein Vertrieb, keine Firma, nicht im Laden oder sonstwo erhältlich", steht auf der aktuellen CD-Produktion, "aufgenommen von Heinz Strunk für Heinz Strunk Enerprises".

Genau dies ist - zum Glück - das Malheur: Der Komiker, Musiker, Stimmenrührer und Schaumeister Heinz Strunk ist etwas zu gut für die Brigaden der talentfreien TV& Radio-Schmeißfliegen und auch viel zu böse. Schon auf der zweiten Strunk Enerprises-CD "Der Mettwurstpapst" zeigte er, als durch und durch norddeutscher Showmaster agierend, ein Herz für die Bösen und wandelt dabei auf dem schmalen Grat zwischen dummem Kalauer und schizoider Weisheit. Da läßt er einen kleinen Knaben mit engelsgleicher Mädchenstimme folgenden Vers zu einer Adaption von Bettina Wegners "Sind so kleine Hände" zum Besten geben: "Sind so kleine Kerlkes mit Köpke, Arm und Bein. Mußt du immer lieb haben. Klein Kerlkes tun sonst schrei'n. Rösner und Degowski waren früher gut, später wateten sie metertief in Blut ... Auch der Adolf Hitler war ein toller Hecht, als er eins klein Kerl war - später wurd' er schlecht ... Auch der Josef Stalin war einst zart mit süße Ohr - später dann, wurd' er Diktator!!!"

Auch widmet sich Heinz Strunk ausgiebig dem vom Proletarier zum Prolet gewandelten unrevolutiönaren Subjekt, den kleinen, buckelnden, lebensmüden, unauffälligen Personen und ihren Süchten und Krankheiten, also Fettleibigkeit, Krebs, Glasknochen. Und: "Mutti hat wieder offene Beine." Kaum ein Sketch, der ohne diese beiden Sujets auskommt: Medikamente und Friedhöfe. Doch es gibt sie auch, die etwas lichteren Momente im Leben der armen Schweine, die sich eigentlich nur noch auf ihr Auto oder ihren Hund verlassen können und wollen, Glanzlichter als da wären: Anal-Lust und Witz, Kackwurst, "Fleischapptitt", Fußball, "Dosebier", und ihr wißt ja, der sonstige Kram wie Hodensack, Klütenkönig, Schokospiele, Sackbremsen und das andere Gedöns.

Trivial ? Banal? Scheiße, aber toll ? Nein, nein, mein Freund, so leicht läßt dich Heinz Strunk Enerprises nicht davonkommen. Für die neue CD, "Trittschall im Kriechkeller", wurde eigens die Figur Juergen Dose erfunden, der Künstlername Heinz Strunk (vorläufig) abgelegt. Es ist seine bisher schönste CD. Und das hatten wir 10 Berliner Strunk-Verehrer gar nicht erwartet, hatte doch Heinz uns vor gut einem dreiviertel Jahr seine Aufnahmen im berühmten Preußentonstudio vorgespielt, und hatten wir dort nicht mitanhören müssen, wie da ein Heinz Strunk wankelmütig geworden war und im Stil der "Doofen" sogar Techno-Verhohnepipelungen produzierte?

Er schien kapituliert zu haben. Dann war erstmal Sendepause für Strunk, dann kam Juergen Dose. Er ist ein typisch Strunkscher Charakter, ein kleines, nicht ganz helles Männeken, das durchs Leben geschliffen wird und nur Kaltblütern keine Sympathie abringt: "Ich bin ein Dunkelmensch. Ich bin da, wo das Moos gedeiht. Das Licht ist nicht fuer mich." Nur die Insekten und ihr Trittschall in Omas Kriechkeller sind ihm geblieben. Ja, bei allem Geruch von Modder, Schlick und Schlachterplatte, diese CD ist witzig und amüsant, die Popsongs sind so poppig wie gestreifte Funktürme. Manch einer wird sich an Max Goldt erinnert, ein anderer an Helge Schneider, gar andere werden sich an Die Tödliche Doris oder an Der Plan erinnert fühlen, aber wenn es überhaupt irgendeine Seelenverwandschaft gibt, dann ist es die zu denen, die "Alt und Schwul" und allein am "Ersten Weihnachtsfeiertag" (Mutter) sind.

Wenn Juergen Dose und sein Schöpfer weiterhin diesen "mikropilzigen" Witz produzieren und ihr Versteckspiel treiben, dann bleibt ihnen wahrscheinlich erspart, daß die Dunkelmenschen von irgendwelchen "Scheißhaus-Aliens" (Strunk/Dose) ans Licht gezogen werden.

"Spaß mit Heinz", "Der Mettwurstpapst" und "Trittschall im Kriechkeller". Bestellungen bei Heinz Strunk Enterprises, Telefon/Fax: (o4o) 511 37 08