So lecker kann durchgedreht sein

Gradwanderungen zwischen Truhe und Gefrierschrank - Die Kochwoche

Wenn Zeitschriftenverleger sich Gedanken machen, kommen sie in der Regel gleichzeitig auf dieselbe Idee. So ist zur Zeit eine Häufung von zweiwöchentlich erscheinenden Kochzeitschriften zu konstatieren, die den Käufer mit dem sensationellen Einführungspreis von einer Marknochwas locken. Und mit Geschenken, jedenfalls die meisten. Da gibt es dann den Ordner zum Rezepteabheften oder die Pastazange aus weißem Vollplastik

Einzig die Kochwoche verschenkt nichts. Dabei kostet auch sie bloß 1,80 Mark und erscheint zweiwöchentlich, hat aber Anfang Oktober schon die 21. Ausgabe erreicht und gehört deswegen bereits zu den Klassikern auf dem Rezeptesammel-Markt. Sie setzt auf ausgiebige Leserinformation: "Allen Wochentagen haben wir zur besseren Orientierung unterschiedliche Kennfarben (siehe Beispiele links) gegeben." Die Beispiele links zeigen die drei Tageskürzel Mo (blau, haha!), Mi (grün), So (rot). Aber damit ist die Leserinformation für die Kochwoche noch nicht erledigt. In je drei weiteren farbigen Punkten werden der Preis pro Portion, die Zubereitungszeit ("einschließlich der Vorbereitung") und die Anzahl der Kilokalorien/Kilojoule pro Portion behandelt.

Außerdem gibt es kleine Bärchen, die auf Kindergerichte hinweisen, rote Quadrate, die besondere Zutaten kennzeichnen, die blauen bezeichnen Produkte, die der Kochwoche-Leser zu Hause haben muß, etwa Senf, Mayonnaise, Lorbeerblätter. Das Kürzel TK steht für Tiefkühlkost. Ausnahmen von der Regel: "Die meisten Rezepte sind auf Zwei-Personen-Haushalte abgestimmt", werden blau gekennzeichnet. So umfassend instruiert, kann mit der Lektüre begonnen werden. Dabei will die Kochwoche ihren Lesern nicht vorschreiben, was wann gekocht werden soll, sondern bietet Abwechslungsreiches für jeden Tag, unterteilt in die Kategorien "Fix-Gericht", "Spar-Gericht", "Fit-Gericht", "Raffiniert" und "Vegetarisch". Raffiniert ist beispielsweise mariniertes Schweinekotelett, sparsam Rosenkohl-Wurst-Gemüse, fix gehen Spaghetti mit Rauke und Zucchini-Fächer.

Aber das Schönste in der Kochwoche ist das Extra zum Herausnehmen. Denn dort läuft die Redaktion zu Hochform auf und erfindet Überschriften. "So lecker kann durchgedreht sein" sind die Neuigkeiten vom Hackfleisch betitelt. "Diese Käsekuchen sind erste Sahne", heißt es über der

Doppelseite zum Thema Käsekuchen, obwohl dort in drei verschiedenen Rezepten nur einmal 200 Gramm Schlagsahne vorkommen. Unter der Überschrift "Truhe oder Gefrierschrank?

Eine Gradwanderung" werden "Tips

zur richtigen Kaufentscheidung" gegeben, denn schließlich werden "auf dem deutschen Markt zur Zeit über 1 800 verschiedene Kühl- und Gefriergeräte angeboten."

Aber auch der Humor kommt in der Kochwoche nicht zu kurz. So berichtet Dörte Trabert auf zwei Doppelseiten ("Das Herbst-Menü ... mit Freunden gekocht") von einem lustigen Wochenende, an dem sie sich mit Freunden zum Kochen verabredet hatte. Das war sehr spaßig, denn "Tom seilte sich mit den Gewürzgurken ins Fernsehzimmer ab", und Hubert und Dörte "brüteten derweil über Annikas Kochkartensammlung von 1982".

Ganz insgesamt ist die Kochwoche eine uneingeschränkt empfehlenswerte, auf altpapierhaltigem, umweltfreundlichem und recyclingfähigem Papier gedruckte Zeitschrift. In ihrer nächsten Ausgabe wird in "Asiens Töpfe geschaut" und "Gemüse aufs beste gefüllt".

Kochwoche. 50 S., DM 1,80. Erscheint zweiwöchentlich