Chronik der Bundeswehr-Einsätze in Deutschland und Umgebung

Heldentaten

Rund 120 rechtsradikale Vorfälle hat es nach Schätzungen des Bonner Verteidigungsministeriums im letzten Jahr bei der Bundeswehr gegeben, darunter "eine Menge Propaganda-Delikte wie den Hitlergruß". 46 rechtsextremistisch motivierte Straftaten von Soldaten wurden den militärischen Dienststellen 1996 gemeldet. Bis Mitte September 1997 wurden 88 Zwischenfälle gemeldet - ein Anstieg von 140 Prozent. Die Dunkelziffer ist hoch, auch von den gemeldeten Vorfällen dringt nur ein Bruchteil an die Öffentlichkeit. Für großes Aufsehen sorgten in den letzten Jahren die folgenden Fälle:

19. April 1994: Sieben Soldaten der Bundeswehr randalieren in Siegburg bei Bonn in angetrunkenem Zustand in einem Bus und brüllen Parolen wie "Juden vergasen!" und "Ausländer raus!". Ein Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft teilt mit, daß die Soldaten weiterhin im Dienst seien.

7. November 1994: Ein 18jähriger Pole wird von einem Bundeswehrsoldaten im hessischen Rotenburg erstochen, sein Freund schwer verletzt. Der Antifaschist hat den Soldaten, der ein T-Shirt mit aufgedruckter Reichskriegsfahne trägt, als "Nazi-Schwein" beschimpft. Der Täter wird nicht in Haft genommen: Er habe nicht die Absicht gehabt, jemanden zu töten, rechtfertigt die Staatsanwaltschaft das Handeln der Beschuldigten.

30. Januar 1996: Die Bundeswehr entläßt einen Unteroffizier, der ihm unterstellten Soldaten befohlen hat: "Katholische links raus - Evangelische rechts raus - Juden unter die Dusche." Dazu mußte das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht jedoch erst entscheiden, daß ein Zeitsoldat mit rassistischen Äußerungen seine Dienstpflicht verletze und der Bundeswehr schade.

17. März 1997: Zwei Türken und ein Italiener werden bei einem Angriff von fünf Bundeswehrsoldaten mit Messern und Baseballschlägern verletzt. Zuvor haben die beiden 20- und 21jährigen Soldaten die Ausländer durch die Stadt Detmold gejagt. Die geständigen Wehrdienstleistenden werden zu Freiheits- und Bewährungsstrafen verurteilt.

9. August 1997: In Dresden zünden ein 18- und ein 20jähriger Wehrpflichtiger eine Unterkunft für Ausländer an und schmieren Hakenkreuze an das Wohnheim. Einer von ihnen ist schon früher wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgefallen.

4. September 1997: Im kroatischen Gradac feiern deutsche Sfor-Soldaten gemeinsam mit kroatischen Neo-Ustaschen ein Heimatfest und beschallen den Ort über Lautsprecher unter anderem mit dem Horst-Wessel-Lied. Ein Soldat hält eine Ansprache, in der es heißt: "Meine Mutter läßt mir ausrichten, ich solle die Arbeit fortführen, die mein Vater hier begonnen hat."

Derzeit noch anhängig ist ein Verfahren gegen das Nachschubbataillon im nordrhein-westfälischen Rheine. Ein jüdischer Wehrdienstleistender fühlt sich "unter moralischem Druck", nachdem er rechtsradikale Äußerungen von anderen Soldaten anhören mußte. Koschere Verpflegung und Urlaub an jüdischen Feiertagen werden ihm verweigert. Die Wehrbeauftragte des Bundestages leitet eine "unverzügliche Prüfung" ein.