Schriftsteller lebt in Mainz

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

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Ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß ich das Sparwasser-Tor aufgenommen habe. Damals wohnte ich auf dem Lerchenberg in Mainz und habe Rundfunkreportagen für eine Serie mitgeschnitten. Ich arbeitete an einer Radiocollage über die WM und schnitt deswegen alle Radioreportagen mit. Die Idee für solche Collagen hatte ich irgendwann in den Sechzigern.

Um 1968 herum habe ich dann damit begonnen, Fußball-Reportagen mitzuschneiden, was zunächst sehr schwierig war, weil ich in Basel wohnte. Insgesamt war das eine Sache, die sich über viele Jahre hingezogen hat. Aber diese Collagen laufen heute noch hin und wieder im Radio - die Arbeit hat sich also nach langer Zeit ausgezahlt.

1974 war diese Arbeit beinahe schon vorbei, ich wollte nur noch die WM mitschneiden und den Weg der bundesdeutschen Mannschaft dokumentieren. Damals war überhaupt nicht abzusehen, daß sie am Ende Weltmeister werden würde. So habe ich dann auch das Sparwasser-Tor live am Radio erlebt. Dabei besteht ein ganz klarer Unterschied, ob man eine Reportage aus Interesse am Fußball verfolgt oder weil man mit ihr arbeiten möchte. Es sind weniger Emotionen im Spiel, denn alles ist Material. Man kann die Form vorausplanen, jedoch nicht den Inhalt, deswegen schätzt man die Situationen danach ein, ob man sie verarbeiten kann, ob sie dem Material gut tun. Das Sparwasser-Tor kam mir deswegen sehr gelegen.

Heute bin ich immer noch Fußball-Fan, allerdings nicht so wie damals. Und mein Lieblingsverein ist nach wie vor Eintracht Frankfurt, und das ist das Problem. Ins Stadion gehe ich allerdings nicht mehr, ich habe genügend Apparate, die mir das Spiel ins Wohnzimmer bringen.