ist F.W. Bernstein und Professor für Karikatur und Bildgeschichte an der HdK Berlin

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

In Göttingen - bei einem Kollegen auf dem Fußboden, zusammen mit vielen anderen. Die edel Denkenden unter uns haben sich über den Treffer sehr gefreut, obwohl die westdeutsche Mannschaft noch nicht so blasiert auftrat wie später. Es war wohl die reine Schadenfreude, da wurde zu jedem Gegner der bundesrepublikanischen Elf gehalten, und nun war es eben die DDR - auch weil die so gar keine Chance zu haben schien.

Daß die BRD Weltmeister werden würde, das hat wohl niemand angenommen, der Titel wäre auch viel gerechter an die Niederländer gegangen. Denn die beste aller Mannschaften war das schon nicht mehr, das ist die gewesen, die 1972 Europameister geworden ist, mit Netzer, Overath, Beckenbauer.

Meine stärksten Eindrücke von dieser WM: Die "Wasserschlacht" gegen Polen im Frankfurter Waldstadion und die wunderbar betrunkenen Müller und Breitner bei der Schlußfeier im TV.

Die 74er Mannschaft hatte ich vorher beim Training beobachtet, ich war kurz vor der WM zu Besuch bei Freunden in Norddeutschland, und bei einer Wanderung kamen wir zum Trainingsgelände der DFB-Elf in Malente. Netzer war da, Cullmann, und neben dem Tor stand Bundes- trainer Schön und unterhielt sich mit einer Frau - dabei waren Frauen doch im Trainingslager streng verboten. Bei dieser Frau handelte es sich aber um Heidi Brühl, die wohl kurz zu Besuch gekommen war. Nein, die 74er Mannschaft war schon nicht mehr mein Team, ich hätte gern Netzer häufiger spielen sehen, aber der war wohl nicht in Form. Von allen anderen habe ich Bernd Höltzenbein am meisten gemocht, weil der bei Frankfurt spielte - ich bin einer dieser gequälten Eintracht-Fans.

Die Nationalmannschaft interessiert mich nicht mehr so, diese ganzen jungen Spieler dort kenne ich kaum. Die Bundesliga schon eher - dort gibt aber auch immer nur ganz wenige Lichtmannschaften wie St. Pauli und Freiburg, die dann schließlich zu ganz normalen Teams werden. Ich hoffe weiter auf den Aufstieg meines Vereins. In Berlin hingegen habe ich keinen Lieblingsclub. Hertha? - ich bitt' Sie!

Deswegen ist in dieser Saison auch Kaiserslautern für mich ein Sonderfall. Wegen der Schadenfreude darüber, daß der Rehhagel es Bayern München zeigt.