Pokern um die Rechtsleser

Eine neue Wochenzeitung aus der nationalliberalen Ecke will der Jungen Freiheit Konkurrenz machen

Eine neue Wochenzeitung soll ab Ende Dezember auf den umkämpften Zeitungsmarkt in Berlin und Brandenburg geworfen werden. Zumindest plant dies Markus Roscher, der sich den nationalen Kräften der Berliner FDP zugehörig fühlt. Nach den Plänen des Rechtsanwalts soll die noch zu gründende Wochenzeitung eine "Marktlücke füllen". Schließlich sei die bisherige bundesrepublikanische Medienlandschaft völlig "linksdominiert", so Roscher gegenüber Jungle World. Diesen Linksdrall macht Rocher ausgerechnet am konservativen Berliner Tagesspiegel fest, der sich von einer "bürgerlichen Zeitung" zum "linksliberalen Blatt" entwickelt habe.

Die Junge Freiheit habe es nicht geschafft, die Linksdominanz in Presse, Funk und Fernsehen zu schwächen, so Roscher. Denn die Redaktion verirre sich in internen Diskussionen, statt sich an "die normalen Leute" zu wenden, außerdem hätte die Zeitung eine viel zu geringe Auflage, um gegen die Konkurrenz etwas ausrichten zu können. Deshalb habe das neue Zeitungsprojekt eine klar umrissene Zielgruppe: Es sind laut Roscher "die Leistungsträger unserer Gesellschaft, die Selbständigen und kleinen Unternehmer". Diese würden "hoffentlich bald merken, daß vom Euro nur die Großbanken des Landes profitieren".

Um das anvisierte Publikum auch tatsächlich zu erreichen, soll das geplante Blatt sich insbesondere an wirtschaftlichen Themen orientieren.

Das sei vor allem deshalb wichtig, um finanzstarke Anzeigenkunden zu gewinnen. Denn Roscher und eine zweite Person, die seinen Angaben zufolge das Projekt mitplane, hätten zwar finanzielle Mittel zur Gründung einer GmbH und zur Finanzierung der ersten Ausgaben, danach sei es aber der "Zufriedenheit von Lesern und Anzeigenkunden" überlassen, ob die zunächst in einer Auflage von 50 000 erscheinende Wochenzeitung überlebe und nach der Testphase auch über Berlin und Brandenburg hinaus erscheinen wird.

Inhaltlich wird sich das Projekt voraussichtlich an den Themen der sogenannten Liberalen Offensive, den Rechtsauslegern innerhalb der FDP, orientieren. Insbesondere der Euro, zu dessen Einführung die nationalliberale Fraktion um Alexander von Stahl und den hessischen Abgeordneten Heiner Kappel derzeit eine Mitgliederbefragung einfordert, liegt dem Möchtegern-Verleger Roscher am Herzen. Die geplante Europa-Währung sowie die Abschaffung der Deutschen Mark sei eine Art "Staatsdoktrin, der sich Linke und Rechte gleichermaßen unterordnen".

Die national ausgerichtete Wirtschaftszeitung soll aber kein Hausblatt der "Liberalen Offensive" sein, sondern sich auch anderen politischen Kräften am rechten Rand der Republik öffnen. Damit wird die gleiche Taktik verfolgt wie bei der Jungen Freiheit: Es wird gezielt der Konsens gegen eine vermeintliche "Vorherrschaft der Political Correctness" gesucht.

Mit Kulturberichterstattung will man die Selbständigen und Kleinunternehmer dagegen nicht unnötig belasten. Im Gegenzug wird gehofft, daß die "gesellschaftlichen Leistungsträger" die eine oder andere Mark für das neue rechte Zeitungsprojekt übrig haben.

Falls das Blatt Erfolg hat, dürfte es vor allem der Jungen Freiheit Konkurrenz machen, die von über 47 Prozent ihrer Leserschaft als "nationalliberal" eingestuft wird. Der in Berlin-Wilmersdorf ansässigen Wochenzeitung geht es "wirtschaftlich beschissen", wie Chefredakteur und Geschäftsführer Dieter Stein zugibt. Seit knapp einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen "Konkursverschleppung". Für dieses Vergehen - trotz Zahlungsunfähigkeit keinen Konkurs anzumelden - sieht der Gesetzgeber "bei Vorsatz" bis zu drei Jahren, "bei Fahrlässigkeit" bis zu einem Jahr Haft vor. Grund für die Ermittlungen ist eine Anzeige des ehemaligen zweiten Geschäftsführers Götz Meidinger, dem Stein zuvor wegen politischer Differenzen gekündigt hatte.

Die Junge Freiheit behauptet allerdings in ihrer jüngsten Ausgabe, das Verfahren stehe "mangels nennenswerter Erkenntnisse kurz vor der Einstellung". Ebenso betont optimistisch gibt sich Stein, der gegenüber Jungle World großen Wert darauf legt, daß sein Rechtsaußenblatt nicht als "Nazi-Zeitung" bezeichnet werden möge: Die Jahreswende werde man "garantiert überleben" und auch Entlassungen wegen der angespannten finanziellen Lage seien nicht zu erwarten. Auch daß, wie vom Spiegel in der vergangenen Woche behauptet, mittlerweile weniger als 10 000 Exemplare der Jungen Freiheit gelesen würden, will Stein nicht bestätigen. Vielmehr sei die Anzahl der verkauften Exemplare doppelt so hoch.

Zum Konkurrenzprojekt aus dem Hause Roscher will Stein allerdings nichts sagen, da er das Konzept des Nationalliberalen, der auch schon mit Steins Wochenzeitung zusammengearbeitet hat, nicht kenne. Es sei ihm allerdings "schleierhaft, wie der das machen will", schließlich verstehe Roscher vom Zeitungsmachen nichts und verfüge bisher weder über einen Verlag noch über eine Redaktion.

Das FDP-Mitglied betont hingegen, schon mit einigen Journalisten in konkreten Verhandlungen zu stehen, in der Hoffnung, sie von ihren jetzigen Arbeitgebern abwerben zu können. Gerne sähe Roscher auch "einzelne Leute aus der Wirtschaft, die aber genauso politisch aktiv sind, etwa in Unternehmerverbänden" als Beteiligte an dem Wochenzeitungsprojekt.

Roschers Zeitung hat intern bereits einen Namen: Neue Zeitung. "Aber das", so Roscher, "ist wirklich nur ein Arbeitstitel."