Keine Weihnacht in Havanna

Der US-amerikanische Präsident William Clinton würdigte ihn als "kräftige Stimme für die Freiheit in Kuba", während auf der Insel kaum jemand dem selbstherrlichen Führer der Exilgemeinde aus Miami eine Träne nachweinen dürfte. Von Mas Canosa, dem wohl einflußreichsten Exilkubaner in den USA ist die Rede, der am 23. November in Miami im Alter von 58 Jahren an Knochen- und Lungenkrebs verstarb.

Damit blieb ihm sein großer Traum verwehrt: Beerben wollte er den 71jährigen Fidel Castro als Präsident eines "demokratischen" Kuba. 1990 wähnte er sich diesem Wunsch denkbar nahe: Für ihn wie für seine Anhänger war klar, daß das sozialistische Kuba mit dem Zerfall der Sowjetunion zusammenfallen würde wie ein Kartenhaus. Das Sonderflugzeug nach Havanna war schon gechartert, sämtliche Tickets waren für je 3 200 US-Dollar verkauft, Anstecknadeln mit dem Slogan "Weihnachten in Havanna" gedruckt, doch abheben sollte der Jet zum "ersten freien Flug in die Heimat" bis heute nicht. Mas Canosa und mit ihm der reaktionäre Teil der Exilgemeinde hatte sich zu früh gefreut, obwohl er alles, was in seiner Macht stand, dafür getan hatte, seinen Intimfeind Fidel Castro zu stürzen.

1960 hatte der damals 21jährige Kuba verlassen, um ein Jahr später - beim Versuch, die Insel vom "Despoten" Castro zu befreien - vergeblich auf seinen Einsatz zu warten. Während seine von der CIA gedrillten Kameraden von den kubanischen Milizen in der Schweinebucht vernichtend geschlagen wurden, wartete er an Bord eines Truppentransporters und kehrte dann unbeschadet nach Miami zurück. Dort schloß er sich wechselnden Exilgruppen an, die von einer neuerlichen Invasion träumten, jobbte als Hilfsarbeiter, bevor er in den siebziger Jahren seine unternehmerische Karriere mit einigen kleinen Firmen startete, aus denen das Telekommunikationsunternehmen MasTec wurde, das 1996 1,2 Milliarden US-Dollar erwirtschaftete. 1981 wurde er auf Geheiß der Reagan-Administration auserkoren, Lobbyarbeit für deren Lateinamerikapolitik zu leisten. Es entstand die Cuban American National Foundation (CANF), die fortan jeden Versuch, einen Dialog mit der kubanischen Regierung zu initiieren, im Keime erstickte.

Ohne Canosa wäre das US-amerikanische Kuba-Embargo wohl längst Geschichte, aber der gebürtige Santiagero, der bis weit in die neunziger Jahre quasi die gesamte Exilgemeinde und damit rund eine Million Wähler allein in Florida vertrat, sorgte dafür, daß das Embargo nie ernsthaft zur Disposition stand.

In der Wahl seiner Mittel war der über ein 200-Millionen-Dollar Vermögen verfügende Canosa nicht zimperlich. Mit beträchtlichen Spenden an die beiden großen Parteien der Vereinigten Staaten, aber auch mit der Ausschüttung lukrativer Erfolgsprämien, wie im Falle von Jesse Helms und Robert Toricelli, die sich beide erfolgreich für die Verschärfung des US-Embargos eingesetzt hatten, wahrte der CANF-Präsident auch unter Clinton seinen Einfluß in Senat und Kongreß. Nachgesagt wird ihm allerdings auch, daß auf sein Geheiß Anschläge gegen namhafte Mitglieder der exilkubanischen Community in Miami verübt wurden, die es gewagt hatten, für den Dialog mit Castro einzutreten oder ihn sogar führten. Bekanntestes Beispiel ist die Universitätsprofessorin Mar'a Cristina Herrera, die ihre Meinung trotz mehrerer Bombenanschläge nicht änderte.