Schwanengesang von rechts

Heiden-Bardin singt und flötet sich ins Herz deutscher Rechtsextremisten

Kein "Elfenzauber" erklang am 15. Oktober in der Bünsdorfer König-Ludwig-Gaststätte bei Rendsburg. Die Bardin Swantje Swanhwit sollte die Gäste des Seminars "Indo-Europäische Naturreligion - Erbe als Zukunft" mit ihrem musikalischen Repertoire verzücken. Daß es sich bei dem schwänischen Namen der Bardin um einen Künstlernamen handelt, ist naheliegend. Bürgerlich heißt die Hamburgerin schlicht Iris-Kathrin Fischer. Ihre Passion ist es, mit Hilfe einer Blockflöte und ihrer Stimme die Entzauberung der Welt zu beklagen. Hexen, Feen, Elfen, wo seid ihr hin?

Ihr Auftritt in Bünsdorf - ausgerichtet vom "Elemente Studien- und Lesekreis Nord" - mußte jedoch ebenso ausfallen, wie das an jenem Wochenende geplante Seminar. Rund 60 AntifaschistInnen blockierten die Eingänge des vermeintlich naturreligösen Happenings. Daraufhin kündigte die Gastwirtin den Veranstaltern die Räume. Sie hatte sich vermutlich nichts dabei gedacht, als Organisator Andreas Rothmann die Räume für rund 150 Esoteriker anmietete. Daß er im "Bündnis Rechts für Schleswig-Holstein" aktiv ist, sagte er ihr dabei natürlich nicht, auch nicht, daß das Periodikum Elemente vom neurechten Thule-Seminar aus Kassel verlegt wird. Unter Leitung von Pierre Krebs verbinden die Thule-Seminaristen extrem rechte Ideologeme mit einer "indoeuropäischen Religion", um den "Kulturkrieg" gegen das "Judäachristentum" und die "verwestlichte Kultur" zu führen. Neben Krebs, der auch schon bei den "Europäischen Kameraden der Waffen-SS" einen Vortrag hielt, war als weiterer Referent der Nazianwalt Jürgen Rieger geladen. Letzterer wollte über "Naturreligionen" dozieren.

Ihm zu lauschen, kamen nicht nur einfache Heiden, sondern auch rechte Skinheads. Für Swanhwit kein ungewohntes Publikum. Erst am 25. Oktober bot die Bardin im Eisenacher Bürgerhaus den rund 400 Gästen des Wartburg-Festes der Deutschland-Bewegung ein paar Stücke ihrer ersten CD "Elfenzauber" dar. Mit Erfolg. Sie gewann glatt den "Sängerkrieg" des Festes am historischen Ort.

Traditionsbewußt hatte die von dem ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Oberst a. D. Alfred Mechtersheimer initiierte extrem rechte Organisation zum 180jährigen Jubiläum geladen. Allerdings bildete 1817 nicht ein "Sängerkrieg" den Höhepunkt des Treffens auf der Wartburg, sondern die Verbrennung von Büchern "undeutschen Geistes" durch deutschnationale Burschenschaften. Dennoch kommentierte die Junge Freiheit (JF) zufrieden: "Freiheit und Kampf, Vergangenheit und Zukunft, Vaterland und Mutterfreuden wurden besungen." Swanhwits vertonte Naturmystik sprach laut JF die "Heidenfamilien in wallenden Gewändern" mit ihren "Kinderscharen" ebenso an, wie die "bündische" und die "großstädtische Jugend, gepierct und in schwarzer Kluft".

In der JF wird Fischer alias Swanhwit schon seit langem umjubelt. 1996 lobte der Rechtsintellektuelle Hanno Borchert vom "Hamburger Kreis" ihr Engagement in der Tradition der konservativ-revolutionären Kulturkritik: "Fernab von hämmernden Bässen und lärmenden Gitarrenverstärkern (Ö) spürt sie mit akustischer Flöte und Sopranstimme den sichtbaren und unsichtbaren Natursymbolen des Universums nach, um die verloren gegangene Harmonie zwischen Himmel und Erde wiederzufinden. So wie es schon die alten Barden der Kelten mit ihren sanften Klängen verstanden haben sollen." Und Borchert betont: "Der in unserer Zeit zu beobachtenden Entchristlichung und Säkularisierung des imperialen Christentums steht offenbar nicht nur in Deutschland eine Renaissance der archaischen Mythen entgegen. (Ö) Mit ihren Liedern macht Swantje Swanhwit deutlich, daß Naturreligiosität, Ökologie und Identität nicht auseinander zu denken sind."

Wie bei der Hetendorfer Tagungswoche im Juni 1996, reiste die Schwanenbardin auch nach Bünsdorf mit ihrer Mutter Helgard an. Nach dem Besuch bei Jürgen Rieger anläßlich der Sonnwendfeiern in Hetendorf wurde sie von ihr auch im September des letzten Jahres nach Dresden zum Leinerntefest der rechtsextrem-heidnischen Arbeitsgemeinschaft Naturreligiöser Stammesverbände Europas von Sigrun Schleipfer.

Die Kontakte Swanhwits lassen keinen Zweifel daran, was sie mit dem 1995 in Hamburg von ihr ins Leben gerufenen Verein "Heidenkreis e.V." will. Dort heißt es im Paragraph 2 der Satzung, Vereinszweck sei die "Förderung von Wissenschaft und Forschung im Bereich der Grundlagen und Geschichte unserer Kultur, die Förderung der Bildung über die germanischen Naturreligionen, (Ö) sowie die Förderung des heidnischen Brauchtums". Für die rechte Interpretation des Heidentums in dem Verein sorgt sie aber nicht alleine. Ihr Bruder Sven-Onnen, Erstchargierter der extrem rechten Burschenschaft Hansea, ist seit der Gründung dabei, ebenso wie Lutz Heckel, der in dem inzwischen aufgelösten rechtsintellektuellen Uni-Zirkel "Gruppe 146" aktiv war. Gemeinsam mit Beate-Sophie Grunske sitzt er im Vorstand des "Heidenkreises". Grunske wiederum arbeitet in der von rechten Burschenschaften dominierten Liste "uni-aktiv" mit und ist die für Deutschland Verantwortliche der Jugendorganisation des europäischen neurechten Netzwerks "Synergies Européennes", der "Jeunes d'Europe". Im Mitteilungsblatt der Synergies inserieren Heidinnen und Heiden für Seminare wie "Einführung in die Kultfeiern der europäischen Naturreligion" oder "Heidnische Meditation".

Der "Heidenkreis" unterhält einen regelmäßigen Stammtisch im irischen Pub "Sankt Patrick" in Hamburg, für den er in dem "Magazin für Schamanismus, Magie und Naturreligion", Hag & Hexe, wirbt. Die Wiederbelebungsversuche der "rechten Mythen" durch den "Heidenkreis" sind dort zwar nicht nachzulesen. Dafür dürfen sich Interessierte romantisch verklärte rechtsextrem-paganistische Verse von Schwänchen Schwanweiß zu Gemüt führen.