Über alles

Geschenke

Die Nichten schicken mir ein handgeschriebenes Fax mit ihrem Wunschzettel zu Weihnachten. Die Jüngste wünscht sich Strefls. Strefls! Ich kann ja nicht über alles auf dem Laufenden sein, möchte das aber nicht gleich zugeben und rufe meinen Thesaurus im Computer auf. Der bietet mir Straßenkämpfe, Straps und Stratosphäre an. Ans Internet bin ich noch nicht angeschlossen, deshalb muß ich jetzt doch telefonieren. Die zweite Nichte ist am Telefon. Sie weiß es auch nicht, aber ich könne doch bei Karstadt anrufen, da würden sie mich betimmt mit der Strefl-Abteilung verbinden. Es waren natürlich Stiefel.

Die anderen Sachen konnte ich gut lesen. Der Sohn der Ältesten ist sechs und wünscht sich "Spielzeug-Autos, bis mein kleiner gelber Eimer voll ist". Das geht ja noch. Dem muß ich immer Sachen schenken, die seine Eltern sich aus ideologischen Gründen nicht trauen zu kaufen. Im letzten Jahr war es eine Vollplastik-Autoverschrottungsanlage. Oben tat man kleine Autos rein und unten kamen kleine graue Würfel raus. Die Autos kamen natürlich auch irgendwo raus; zuviel Realismus mögen Kinder nicht leiden. Das war der Hit am Heiligabend.

Kurz vor Weihnachten gehe ich nicht mehr aus dem Hause, deshalb habe ich Lisa zu ihrem Vierzigsten auch nichts gekauft. Beinahe wäre ich ja gar nicht hingegangen, aber sie sagte mir vorher, daß der Hund ins Auto und die sechs Katzen in die Sauna gesperrt würden. "Welche Temperatur?" fragte ich. "Bis sie gut durch sind."

Ich ging erst um 9 Uhr abends hin, da kommen die meisten Leute, und legte irgendwo eine lustige Karte ab, auf die ich "Viel Spaß damit" geschrieben hatte. Die Karte habe ich mal bei der Post mitgenommen, da gibt es so Ständer mit lustigen Karten, die kosten nichts. Lisa kriegte furchbar viele Geschenke und stand ganz fassungslos davor. "Sachma", sagte sie zu mir, "hab ich vielleicht Krebs und weiß gar nichts davon?" Ich wußte es auch nicht und versprach, mal rumzufragen. Einer, den ich fragte, kam mir irgendwie bekannt vor, dann fiel mir ein, daß ich beinahe mal etwas mit ihm angefangen hätte und daß es eine unschöne Szene gegeben hatte. Der fragte, ob wir die alten Geschichten nicht einfach vergessen könnten. "Klar, äh - du", sagte ich. Ich kam und kam nicht auf seinen Namen. Von dem kriegte Lisa einen Weihnachtsmann, der in einem Bett lag, und wenn man auf einen Knopf drückte, richtete er sich auf und sagte etwas, das sich anhörte wie "Blödes Heilfasten". Es sollte aber "Frohe Weihnachten" heißen.