Solidarisches Fußball-Kartell

Der DFB darf Heimspiele in den europäischen Wettbewerben nicht mehr zentral vermarkten

Wenn der DFB von Solidarität spricht, dann kann man fast sicher sein, daß gerade von einem Gericht gegen ihn entschieden wurde.

So war es auch diesmal. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am vorigen Donnerstag entschieden, daß die bisherige Praxis bei der Vergabe von Fernsehrechten nicht rechtmäßig sei und dem DFB die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte für die Heimspiele im Pokalsiegerwettbewerb und im Uefa-Cup untersagt. Eine wichtige Rolle spielte nach Auffassung des BGH, daß der DFB ein verbotenes Kartell gebildet und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen habe, in dessen Folge durch das Ausschalten der einzelnen Vereine als Anbieter der TV-Rechte Markt in Deutschland "spürbar beschränkt" sei. Dadurch seien höhere Preise entstanden, die wiederum auf den Verbraucher abgewälzt wurden. Weil der DFB, so der BGH, "bezogen auf die Lizenzligavereine, eine Vereinigung voon Wirtschaftsunternehmen" ist, gelten für ihn auch die Wirtschaftsgesetze, nach denen der Fall beurteilt wurde.

Kaum hatte der Bundesgerichtshof dieses Urteil veröffentlicht, da war beim DFB und den Vereinen sofort sehr viel von Solidarität die Rede. DFB-Boß Egidius Braun erklärte, man habe bisher die TV-Gelder unter allen Vereinen verteilt, dies sei "praktizierte Solidarität", Eckhardt Rehberg, Vorstandsvorsitzender von Hansa Rostock, bedauerte, daß ein "gut funktionierendes Solidarsystem zerschlagen" werde, und Dieter Hoeneß von Hertha BSC verlangte "jetzt die Solidarität der Vereine".

Und das alles bloß, weil der DFB, der 1989 per Satzungsbeschluß die Verwertung der Heimspiele in europäischen Wettbewerben an sich gezogen hatte, jetzt keine Spiele verkaufen darf. Statt dessen sollen diejenigen, die die Spiele austragen, aussuchen dürfen, in welchem Programm sie übertragen werden - vielleicht sogar mit dem angenehmen Nebeneffekt, daß die Fans Einfluß auf die Senderwahl haben. Und der DFB an Einfluß verliert. Der befürchtet das wohl auch, deswegen sprach der Vorsitzende des Liga-Auschusses Gerhard Mayer-Vorfelder, von einer "großen Enttäuschung" und davon, nun "neue Modelle" zu entwickeln, die "das ganze System ähnlich stärken, wie dies in der Vergangenheit der Fall war".

In dieser Vergangenheit hatte der DFB die Einnahmen aus den Fernsehgeldern zum Teil auch den Klubs zur Verfügung gestellt, die in keinem internationalen Wettbewerb vertreten waren. 1995/96 wurden von dem Gesamtverwertungshonorar in Höhe von 55 Millionen Mark 17, 5 Millionen an diese Vereine ausgeschüttet. Das klingt nach viel Geld, ist aber tatsächlich wenig, denn die komplette Zweite Liga wie auch mindestens 12 Erstligisten müssen es teilen. Übrig bleibt für jeden Verein rund eine halbe Million Mark - im Profifußball kein wirklich hoher Betrag. Die Regionalligen, vom DFB als Puffer zwischen Profi- und Amateurfußball eingeführt, damit die Folgen eines Abstiegs gemildert werden, bekamen nichts, obwohl sie z.B. bei den Krankenkassenabgaben durchaus wie die Profivereine behandelt werden. Auf sie erstreckt sich die vielbeschworene Solidarität nicht, aber das sind sie auch schon gewohnt: Den Fußballvereinen aus der Regionalliga Nordost wird regelmäßig die Fusion mit der Regionalliga aus dem Norden angedroht, auch wenn alle Vereine ebenso regelmäßig auf die entstehenden Schwierigkeiten hinweisen. Die Reisekosten würden steigen, umgekehrt ist von Duellen wie Plauen gegen Herzlake kaum zu erwarten, daß sie die Zuschauer in Massen anlocken. Die Solidarität der großen Profivereine mit den kleinen Halbamateuren besteht in der Regel darin, daß sie sich die Kosten für eigene Nachwuchsarbeit sparen und statt dessen fertige Regionalligaspieler kaufen. Der FC Berlin könnte z.B. mit den seit 1990 verkauften Kickern gleich zwei wenigstens im Mittelfeld der Ersten Liga plazierte Bundesligamannschaften aufstellen, aber auch andere Klubs beklagen, daß sie niemals über mehrere Jahre hinweg mit dem annähernd gleichen Team planen können. So war auch aus den unterklassigen Ligen kaum etwas über das BGH-Urteil zu hören - das Geheule kam nur von denjenigen, die auf die halbe Million eigentlich ganz gut verzichten können.

Und vom DFB, der nun befürchten muß, daß ihm bald auch auf nationaler Ebene verboten wird, Fußballspiele fürs Fernsehen zu vermarkten. Das Bundeskartellamt, so wird erwartet, wird bald gegen den DFB-Vertrag zur zentralen Vermarktung der Bundesliga-Rechte vorgehen.