Kumpel und Studenten...

...und die Kumpel der Studenten trafen sich in Berlin, um zu debattieren, warum trotz Uni-Protest die soziale Fläche so schlecht brennt

Es gärt in der Bundesrepublik. Das ist kaum verwunderlich, da nach der jüngsten "In oder Out"-Umfrage des Hochschulmagazins Audimax "politisches Engagement" bei 63 Prozent der Studierenden schwer angesagt ist. Ja, es wird in puncto Beliebtheit nur noch von "guten Manieren" (87 Prozent), "Karriere machen" (89 Prozent), "Sparen" (80 Prozent) sowie dem "Tag der deutschen Einheit" (67 Prozent) geschlagen. Kein Wunder, daß gleich 1 500 Studis am Kongreß "Bildung und Gesellschaft" teilnahmen, um dem Motto "Habe Mut, dich deines eigenen Vorstandes zu bedienen" (Hermann Kant) zu folgen. In dessen Vorfeld waren auch 44 SpitzenpolitikerInnen eingeladen worden, allerdings "lediglich zum Zuhören", da sie ja schließlich "genug Gelegenheit, ihre Meinung zu äußern" hätten. Der Grund für die Einladung wird in Offenen Briefen klar benannt: "Als Entscheidungsträger einer demokratischen Regierung sind Sie sicherlich daran interessiert, ein möglichst breites Spektrum an Argumenten und Einsichten insbesondere der von Ihren Entscheidungen Betroffenen gehört zu haben, bevor Sie sich eine Meinung bilden." Um "baldige Bestätigung" der Teilnahme gebeten, sagte immerhin die Hälfte der Angeschriebenen rechtzeitig ab.

Doch auch die anderen MachthaberInnen wußten nicht zu so recht zu schätzen, daß ihnen "vorsoglich bereits ein Platz auf der TeilnehmerInnen-Liste reserviert" worden war. Sie blieben dem Kongreß einfach unentschuldigt fern. Ganz im Gegensatz zu diversen linken Splittergruppen, die zahlreich anreisten und auch ihr Agitationsmaterial nicht zu Hause ließen.

Und so wurde den Kongreß-TeilnehmerInnen schon mal ein "Flugi der RK zur LL" (normdeutsch: ein Flugblatt der Revolutionären Kommunisten zur Luxemburg-Liebknecht-Demo) oder ein an Stöcken befestigtes Plakat der Gruppe "Linksruck" in die Hand gedrückt. Im Gegensatz zu den RKs und all den anderen Wegbereitern der Weltrevolution wußte diese Juso-Strömung zumindest durch ein stringentes Konzept zu überzeugen, wie der Übergang "vom Studentenprotest zum sozialen Flächenbrand" zu bewältigen sei. Die "Vertreter der Marktideologie, allen voran die Kohlregierung", können und müssen nämlich in einem Dreischritt niedergerungen werden. Zunächst soll die SPD das Hochulrahmengesetz blockieren, ja selbst die Gespräche darüber boykottieren. Doch die parlamentarische Speerspitze aller Kapitalismusopfer und -gegnerInnen kann den Kampf nicht ganz alleine gewinnen, weswegen zweitens eine "breite Umverteilungsbewegung von unten" entstehen muß. "Wenn Kumpel und Studenten gemeinsam in Bonn 'Kohl muß weg' rufen, dann entsteht die Kraft, die den Kürzern das Handwerk legen kann."

Eigentlich fehlt dann nur noch eine "starke sozialistische Organisation", um drittens dem "Wahnsinnssystem" den Garaus zu bereiten. Praktisch: "Diese Organisation will die Linksruck-Strömung aufbauen"! Dennoch bleiben Zweifel, daß Gerhard Schröder demnächst die Geschicke der Sozialistischen Räterepublik Deutschland lenken wird. Denn bei 76 Prozent aller Studis ist der SPD-Spitzenmann "out", sagt zumindest Audimax. So werden wir wohl nie erfahren, ob "mehr Bücher" dieser Studi-Generation noch helfen können.