Kein Mais für die Massen

Erstmals seit der Unabhängigkeit wurde in Zimbabwe das Militär gegen Rebellierende eingesetzt. EU und Weltbank erzwingen derweil den Stopp der Landenteignungen

"Wer am Mittwoch zur Arbeit geht, wird verprügelt." Diese Drohung, die am 20. Januar nachmittags aus sämtlichen Faxgeräten Zimbabwes ausgespuckt wurde, nahm dann doch keiner mehr ernst. Eine bislang unbekannte "International Socialist Party" wollte angeblich die Chance der anhaltenden Unruhen in Zimbabwes Städten dazu nutzen, die allmächtige Staatspartei, die ZANU-PF, herauszufordern und aus den Protesten um stetig ansteigende Nahrungsmittelpreise eine Revolution zu zaubern.

Waren es im vergangenen Monat noch die Proteste gegen angekündigte Steuererhöhungen, die zu einem eintägigen Generalstreik führten, so sind es diesmal die um bis zu 60 Prozent gestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel, die die Bevölkerung zu Protesten, teilweise auch gleich zu Plünderungen in den Läden veranlaßt haben. Insbesondere die Verteuerung des Grundnahrungsmittels Maismehl um

21 Prozent sorgte für die erbitterten Proteste.

In der ersten Wochenhälfte kam es zu rund 2 400 Verhaftungen, mindestens drei Todesopfer haben die landesweiten Proteste mittlerweile gefordert. In heroischer Verteidigung seiner Trinkhalle hat der vor einem Monat unter fragwürdigen Umständen gewählte Bürgermeister der schwarzen Zwillingsstadt von Harare, des Millionentownships Chitungwiza, einen angeblichen Plünderer erschossen. In einem Fernsehinterview am Donnerstag sprach Macheka von der Regierungspartei ZANU-PF dann von "Tieren", die die Unruhen dazu nutzten, sich selbst zu bereichern.

Nachdem die Polizei am Dienstag vergangener Woche der Demonstrationen und Plünderungen - weniger im Zentrum Harares, meist in den Townships - nicht mehr Herr geworden war, wurde die Armee eingesetzt. Innenminister Dabengwa drohte deutlich: "Die schießen nicht mit Gummigeschossen!" Am Donnerstag waren die Revolten weitgehend erstickt. Angesichts der gewalttätigsten Proteste seit der Unabhängigkeit richtete die Regierung eine Regulierungskommission ein, die die Preiserhöhungen für Grundnahrungsmittel überprüfen soll. Mittlerweile hat Staatspräsident Robert Mugabe die Mühlen angewiesen, die Preissteigerung bei Maismehl zu annullieren.

Die Regierung von Mugabe hat in den letzten drei Monaten die meisten ihrer vermeintlichen Trümpfe verspielt, mit denen sie die Bevölkerung bei der Stange hätte halten können. 17 Jahre nach der Unabhängigkeit sollte es für die rund 50 000 Veteranen des antikolonialen Befreiungskampfs, der 1980 zur Unabhängigkeit Zimbabwes von Großbritannien geführt hatte, Entschädigungs- und Pensionszahlungen geben. Im August vergangenen Jahres hatte Mugabe Zahlungen in Höhe von umgerechnet etwa 400 Millionen Mark zugesagt, nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank aber war das zu viel.

Die drängende Landfrage sollte mit der Enteignung von 1 480 Großfarmen, die im Besitz von Weißen sind, endlich entschärft werden; Entschädigung waren für Gebäude und die Wertsteigerung des Farmlands vorgesehen, nicht aber für das Land selbst. Mugabe empfahl auf dem Commonwealth-Gipfel von Edinburgh dem britischen Premier Tony Blair, die enteigneten weißen Großfarmer, die sich das Land ursprünglich von den Schwarzen angeeignet hätten, doch vom britischen Staat entschädigen zu lassen. Noch immer sind rund 4 000 weiße Farmer im Besitz von etwa 60 Prozent der fruchtbarsten Bodenfläche, die Arbeitsbedingungen auf den Landgütern haben sich gegenüber der Kolonialzeit kaum verändert. Sie hatten einen der vorrangigen Gründe für den bewaffneten Kampf im damaligen Rhodesien dargestellt.

Das Ergebnis von Mugabes Politik war fatal. Steuererhöhungen zur Finanzierung der Zahlungen an die Freiheitskämpfer mußten angesichts des Drucks der Straße Ende November zurückgenommen werden; IWF, Weltbank und westliche Länder stornierten ihre Zahlungen. Wegen der drohenden Enteignungen wurden jegliche Investitionen zurückgestellt. Der Zimbabwe-Dollar hat allein in den letzten drei Monaten 40 Prozent seines Wertes verloren. Die dadurch verursachten Preiserhöhungen machen die Zimbabwer nun nicht mehr mit.

Schuld an der Misere, ebenso wie an den Protesten gegen die Steuererhöhungen, haben nach Ansicht der Regierung die Weißen, Großgrundbesitzer wie Industrielle. Derlei Anschuldigungen nimmt aber kaum jemand mehr richtig ernst, nachdem die in eine Vielzahl von Korruptionsskandalen verwickelte Regierung in den letzten Monaten gezeigt hat, wie weitsichtig ihre Planungskompetenz ist: Beispielsweise fehlen Konzepte, auf welche Weise die auf Exportprodukte wie Tabak und Blumen programmierte Landwirtschaft, zweitgrößte Devisenquelle des Landes, auf eine kleinbäuerliche Bewirtschaftung umgestellt werden soll.

Mittlerweile hat die Regierung ihre Enteignungspläne aufgegeben. Weltbank und Europäischer Union haben sich durchgesetzt. Dafür gab die Weltbank Gelder in Höhe von 60 Millionen, Brüssel in Höhe von 20 Millionen Dollar frei.

Für 3,3 Millionen Dollar sollen nun Farmen aus weißem Besitz gekauft werden. Soviel war im knappen Haushalt dafür vorgesehen. Angesichts der unter Druck zurückgenommenen Preiserhöhungen sagen zimbabwische Ökonomen eine in Kürze eintretende Verknappung von Mais voraus.