Schlimmer als Hasenpocken

Eine Moderatorin findet sich echt sympathisch: Ulla Kock am Brink

Um Weihnachten herum gibt es immer Sendungen wie "Menschen '98". Man weiß dann nie, was man schlimmer finden soll, Weihnachten oder das Fernsehprogramm. Meistens kann man sich darauf einigen, das Weihnachtsfernsehprogramm einfach ganz besonders schlimm zu finden. Wie es wäre, wenn das ganze Jahr Weihnachten wäre, kann man in der Erzählung "Nicht nur zur Weihnachtszeit ..." des ziemlich schlimmen Heinrich Böll nachlesen. Ich erinnere nur an den Engel, der immer "Friede, Friede" sagt. Schlimm.

Wie es ist, wenn das ganze Jahr über "Menschen '98" ist, könnte man an und für sich aktuell täglich um 18.45 Uhr auf Pro Sieben besichtigen. So wurde nämlich das Sendekonzept der "Ulla Kock am Brink-Show" umrissen. Schlimm wäre das vermutlich auch, aber so ist die "Ulla Kock am Brink-Show" nicht. Sie ist anders, sie ist schlimmer. Es ist keineswegs so wie in Peter Jacksons Muppet-Trash-Splatter-Movie "Meet the Feebles", wo der Hase auch zunächst denkt, etwas sei "das Schlimmste", und am Ende ist es doch nur "ein schlimmer Fall von Hasenpocken". Nein, diese Sendung ist definitiv das Schlimmste. Und daß dem so ist, liegt nicht nur am Konzept der Sendung, das das denkbar uninspirierteste und stumpfeste seit der Erfindung der Brownschen Röhre sein dürfte. Im wesentlichen erschöpft es sich darin, Stilelemente, die anderen Formaten zu fragwürdiger Popularität verholfen haben, gnadenlos schlecht zu imitieren und trivialisieren, soweit das überhaupt noch möglich ist. Neben den standardisierten Talk- und Gameshow-Elementen, ist das vor allem der Block mit Fake-Nachrichten, den "Zak" und "Extra drei" eingeführt haben, den Harald Schmidt inflationiert hat, der in der Samstagabend-Comedy-Hölle dann ganz heruntergewirtschaftet wurde und der jetzt und hier seinen Bankrott bekannt gibt.

Daß alles so ist, wie es schlimmer nicht sein könnte, ist einzig und allein der Frau geschuldet, die der Sendung ihr Gesicht aufdrückt - und das ist durchaus wörtlich zu verstehen: Ulla Kock am Brink, die ideelle Gesamtbürokauffrau, die Inkarnation des schlechten Angestelltenhumors, die Frau, die endgültig das Gerücht widerlegt, daß diejenigen vor der Kamera begabter, intelligenter oder auch nur kompetenter sein müssen als der dümmste ihrer Zuschauer. Selbst die beschissensten Gag-Zulieferer (und ihre sind beschissen) müssen verzweifeln, wenn sie mitansehen müssen, wie es der Moderatorin gelingt, auch noch die flacheste Pointe zu killen durch ein hysterisches Feixen im Vorfeld und ein entschuldigendes Verständnis-Heischen im Anschluß. In der Art, ihre Interviewpartner stets das Naheliegendste zu fragen und dabei unglaublich angestrengt investigativ dreinzuschauen, übertrifft sie sogar noch den in diesem Fach bis dato unangefochten ragenden Alfred Biolek. Das schrille Stimmchen immer kreischend erhoben, von einer Dummheit zur nächsten delirierend, ist sie überzeugt: Das macht mich so sympathisch, daß ich so wirke, als könnte ich so eine Sendung überhaupt nicht moderieren. Daß ich mir hier voll schusselig einen, na, wie sagt man ... Dingenskirchen, richtig: Faux-pas nach dem nächsten erlaube, dafür lieben mich die Leute. O ja, dafür müssen sie mich einfach lieben!

Das so in etwa ist Ulla Kock am Brink, und dazu passen die männlichen Gestalten, die sie sich in die Sendung holt: Von Dieter Bohlen über Andreas Elsholz bis Nino de Angelo, alles, was einer Sekretärin feuchte Träume bereiten könnte, so sie denn ihrem Klischee gerecht werden will. Vermeintlicher Lichtblick: Ulla Kock am Brink sorgt dafür, daß wir über diese Leute nicht mehr erfahren, als wir eh schon nie von ihnen wissen wollten, indem sie einfach selbst die ganze Zeit redet. Das macht es aber nicht besser, sondern im Gegenteil: schlimmer.