Abbado ab

Kaum ist bekannt geworden, daß Claudio Abbado nach 2002 nicht mehr als Chefdirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters zur Verfügung steht, zerreißt man sich in der Hauptstadt das Maul über ihn. Als Zwischenträgerin des Klatschs betätigt sich die Berliner Zeitung: Abbado habe in Berlin gar nicht richtig Deutsch gelernt (als ob man hier richtig Deutsch spräche), außerdem habe er die Zuhörer gelangweilt, weil es ihm "mehr als um klare Konturen" um das "Spiel der Klangfarben" gegangen sei. Der Abbado-Hörer kennt diesen Stil spätestens seit seinen genialen Mahler-Interpretationen; die Berliner erlauben sich erst dann, beim Gähnen die Hand nicht mehr vor den Mund zu halten, da der Künstler ihrer häßlichen Stadt den Rücken kehrt. Und eigentlich wollen sie doch nur Karajan zurück.