Junta gegen Junta

Ganze neun Monate war die Militärjunta in Sierra Leone an der Macht. Am vergangenen Freitag marschierte die "Beobachtende Gruppe der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten" (Ecomog) vom östlichen Nachbarn Liberia her in den seit 1961 unabhängigen Kleinstaat ein und besetzte die Hauptstadt Freetown. Der seit dem Putsch vom 25. Mai 1997 an der Staatsführung stehende "Revolutionäre Rat bewaffneter Kräfte" zwar noch, per Hubschrauber zu flüchten, wurde aber größtenteils in der liberischen Hauptstadt Monrovia von der Luftwaffe Nigerias abgefangen. Unter den 25 Junta-Mitgliedern fehlte allerdings Ratschef Johnny Paul Koroma.

Dennoch äußerte sich der Ecomog-Befehlshaber Timothy Shelpidi, ein nigerianischer General, gegenüber dem britischen Sender BBC völlig zufrieden über die Militäraktion, in deren Folge etwa 250 000 Menschen - vor allem aus Freetown - in Richtung Liberia und Guinea, den beiden Nachbarstaaten Sierra Leones, flüchteten. Nigeria, das den größten Teil der Ecomog-Truppe stellt, hatte bereits kurz nach dem Putsch gegen den im Mai 1996 gewählten Präsidenten Ahmad Tejan Kabbah Einheiten nach Sierra Leone gesandt, war jedoch zunächst unterlegen. Lediglich eine Wirtschaftsblockade gegen den westafrikanischen Kleinstaat, dessen Haupteinnahmequelle der Export von Kaffee, Kakao, Diamanten und Bauxit ist, gelang es der nigerianischen Junta unter General Sani Abacha durchzusetzen.

Nach dem Sturz des Revolutionären Rates, der mit den ehemaligen Rebellen der von Liberia aus agierenden Vereinigten Revolutionären Front zusammenarbeitete, wird vermutlich Kabbah wieder eingesetzt werden. Wie sein Vorgänger Valentine Strasser, der sich 1992 an die Macht putschte, befürwortet er eine wirtschaftliche Annäherung an - insbesondere europäische - Industrienationen. Das innerhalb der Ecomog dominierende Militär Nigerias vertritt einen ähnlichen Ansatz und hat sich durch das Eingreifen in Sierra Leone seine Hegemonialstellung in der Region gesichert (Jungle World, Nr. 36/97).