Mitleid mit den Deutschen

Nun wissen wir, warum der Hollywood-Regisseur Martin Scorsese ("Taxi Driver") mit dem Gewaltkino gebrochen hat: Ihn verlockt die Hoffnung, einen "Platz in der Welt zu finden, wo man in Toleranz und Freundschaft leben kann". Wenn die Chinesen nicht wären, könnte Tibet dieser Platz sein, glaubt Scorsese. Weil er sich der "spirituellen Autorität der Tibeter" gebeugt habe, unterließ er bei der Produktion seines Dalai-Lama-Films "Kundun" (Kritik, S. 27) sogar manche dringend notwendige Kamerabewegung, sagte der Regisseur der Berliner Zeitung (14./15. März). Vom Teufel der Gewaltlosigkeit geritten, gab Scorsese ungefragt bekannt, der "zweite Weltkrieg" sei "ein Ergebnis des Mangels an Mitleid, aus dem heraus die Alliierten Deutschland ökonomisch ruiniert" hätten. Diese Art der Gewaltlosigkeit, die man früher Appeasement oder schlimmer geschimpft hätte, muß auch den Interviewer ergriffen haben, der der lamaistischen Auslassung nichts hinzuzufügen hatte. Oder beugte er sich der spirituellen Autorität des Meisters?