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Der Artikel ist unglaublich wichtig, deswegen muß er noch wichtig, deswegen muß er noch in diese Ausgabe und man hat exakt zwei Stunden Zeit, ihn zu schreiben, meldet sich ein aufgeregter Redakteur oder eine aufgeregte Redakteurin beim Autor.

Na gut, die Zukunft der Zeitung scheint auf dem Spiel zu stehen, deswegen haut der Autor in die Tasten und schafft es tatsächlich. Auch wenn er die eigentlich schon seit Wochen feststehende Abendessen-Einladung kurzfristig verschieben muß (zum fünften Mal übrigens) und er dunkel das Gefühl hat, daß die Termine so wichtiger Ereignisse wie Dichter-Geburtstage, Ski-Weltmeisterschaften und Parteitage auch über Redakteure nicht völlig unvermutet hereinbrechen und vielleicht schon in der letzten Woche bei der Themenplanung hätten berücksichtigt werden können.

Naja, aber man mag die Zeitung ja, deswegen ist das alles halb so schlimm.

Schlimm wird's erst ein paar Tage später am Kiosk, wenn man sieht, was aufmerksame RedakteurInnen aus dem wunderbaren, in sich so stimmigen Text gemacht haben: Entweder wurde er zu einer kurzen Meldung verarbeitet (und die Autorenangabe fehlt) oder die 15 000 Zeichen sind, sinnvoll gekürzt, zu einer knapp 3 000 Zeichen umfassenden Randspalte geworden, und drunter steht zwar der Autorenname, ist aber falsch geschrieben. Oder der Text ist gar nicht drin. Wenn man jetzt die Ressortchefin empört zur Rede stellt, dann sagt die das, was Redakteure immer sagen. "Der Artikel ist geschoben!" gehört neben "Der Artikel muß spätestens um vier hier sein" und "Ich habe den Artikel umgeschrieben, jetzt ist er viel besser" zu den drei Sätzen, die jeder Redakteur auf der Festplatte hat.

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