Mit Kampfhund und Uniform

Rechtsradikales Bündnis kämpfte um Sitze im Lübecker Stadtparlament

"Den Volkszorn in das Rathaus tragen" - unter diesem Motto trat eine unter dem Namen "Bündnis Rechts für Lübeck" (BRL) firmierende Einheitsliste bei den schleswig-holsteinischen Kommunalwahlen am Sonntag an. Wie in zahlreichen anderen rechtsradikalen Zusammenschlüssen agiert auch hier federführend die NPD und ihre Jugendorganisation JN. Mit dabei: die DVU-Abspaltung Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH), eine Initiative gegen Drogenfreigabe sowie "autonome Nationalisten", die sich aus Kadern mittlerweile verbotener Nazigruppierungen zusammensetzen.

Durch sein martialisches Auftreten hat der ebenfalls beteiligte Freiheitliche Volksblock (FVB) immer wieder für Schlagzeilen und auch für interne Querelen gesorgt. Der Block, der aus der Anfang der neunziger Jahre verbotenen Nationalistischen Front und dem Heimattreuen Verband Deutschland hervorgegangen ist, präsentierte sich bei Aufmärschen regelmäßig in schwarzen Uniformen mit schwarzen Fahnen und Kampfhunden.

Während der Gründung des rechten Bündnisses am 4. Oktober vergangenen Jahres organisierte der FVB zur Ablenkung von AntifaschistInnen einen Aufmarsch durch Lübeck, bei dem Kampfhunde auf die GegendemonstrantInnen gehetzt wurden. In der letzten Zeit hat die optische Präsenz des FVB jedoch abgenommen. Nach Informationen des Lübecker Bündnisses gegen Rassismus soll die NPD den "Uniformfimmel" des FVB kritisiert haben.

Zwar hat der FVB seinen Schwerpunkt bisher in Halle und Nürnberg, seit einiger Zeit versucht er jedoch auch im Norden Fuß zu fassen, was ihm mit der Eingliederung der Fissauer Kameradschaft um Sven Lörcher gelang. Diese sich selbst als "zeitgemäße SS" verstehenden Neonazis sorgten am 22. Januar in der Kieler Universität für Schlagzeilen, wo sie als Saalschutz für eine von der "Hochschulgilde Theodor Storm" organisierte Veranstaltung mit dem Ökofaschisten Baldur Springmann auftraten, der dort über Ökologie und Religiosität referierte.

Doch auch auf anderer Ebene scheinen die Bündnisse zu klappen. So beteiligen sich die Republikaner zwar nicht am BRL, riefen aber zur Wahl der braunen Gruppierung auf und haben ihre eigene Kandidatur in der Hansestadt zurückgezogen. Über den Umgang mit dem Bündnis soll es parteiintern heftige Auseinandersetzungen gegeben haben, die zum Rücktritt des örtlichen Rep-Vorsitzenden führten.

Lübeck machte in den letzten Jahren nicht nur immer wieder durch Anschläge von Neonazis Schlagzeilen. Im vorletzten Kommunalparlament der Ostsee-Stadt saßen DVU-Parlamentarier, die aber wegen ständiger interner Querelen und Spaltungen bei der letzten Wahl leer ausgingen. Anders als die DVU-VertreterInnen, die vornehmlich Gelder abgezogen, sich aber um die Parlamentsarbeit kaum gekümmert haben, setzt sich die neue Liste gern öffentlich in Szene. So beispielsweise Ende 1996 in Bad Segeberg mit einer Demonstration gegen die Freigabe von Haschisch.

Zu den zentralen Programmpunkten des Bündnisses zählt die Schließung des auch bei Konservativen verhaßten Lübecker Jugendzentrums "Alternative" und die Ausweisung der Überlebenden des Brandanschlags in der Lübecker Hafenstraße im Januar 1996. Auch die Abschiebung von abgelehnten AsylantInnen und eine Kampfansage an das Kirchenasyl stehen im BRL-Programm. Zur Zielscheibe wurde zudem der Lübecker Bürgermeister Michael Bouteiller (SPD). So lautete das Motto eines Aufmarsches der Rechtsradikalen am 14. März: "Bouteiller muß weg", ein Slogan, der auch die Politik der konservativen Lübecker Nachrichten (LN) zusammenfaßt.

Der Bürgermeister hatte sich in den letzten Jahren mit seiner Forderung nach unbürokratischer Unterstützung der überlebenden Flüchtlinge des Brandanschlags in der Hafenstraße auch in seiner eigenen Partei viele Feinde gemacht.

Ansonsten bietet das BRL-Programm ein Sammelsurium populistischer, sich teilweise widersprechender Gemeinplätze. So wird unter dem Motto "Naturschutz ist Heimatschutz" der Bau der Autobahn 20 "unter bestmöglicher Erhaltung des Naturschutz" befürwortet, damit die "durch der Teilvereinigung unseres Vaterlandes" nähergerückten Städte Wismar und Rostock besser an Lübeck angebunden werden.

Das Bündnis nutzte die Wahlkampfzeit für öffentliche Auftritte. Ein Marsch von über 150 Neonazis in ihrer Hochburg Lübeck-Moisling, wo es bei vergangenen Wahlen Stimmenanteile von über 20 Prozent für Parteien rechts von der CDU gab, konnte Ende Januar durch eine Blockade von AntifaschistInnen verhindert werden. Dieser mit zahlreichen Festnahmen bezahlte Erfolg sollte sich nicht noch einmal wiederholen. Beim Aufmarsch am 14. März "räumte die Polizei für die Nazis alle von der Straße, die protestieren wollten", erklärte ein Sprecher des Lübecker Bündnis gegen Rassismus gegenüber Jungle World. Unabhängig vom Wahlerfolg hat die Liste ihre nächste Aktion bereits angekündigt: Am 28. März wollen die Rechtsextremisten erneut in Bad Segeberg aufmarschieren.