Bekenntnis zum Volk

"Jeder weiß, daß es eine klare Mehrheit in diesem Hause gibt. Diese klare Mehrheit wird sich eines baldigen Tages ihr Abstimmungsverhalten suchen." Die das vor nicht ganz einem Jahr gesagt hat, war Cornelia Schmalz-Jacobsen, die Ausländerpolitische Sprecherin der FDP, und die Mehrheit, von der angeblich alle wußten, würde für die automatische Einbürgerung von hier geborenen Ausländerkindern stimmen. Am vergangenen Freitag sollte dann der "baldige Tag" sein: Im Bundestag standen Einbürgerung und Doppelte Staatsbürgerschaft zur Abstimmung. Es fand sich auch eine klare Mehrheit von 338 Abgeordneten; die gehörten der CDU, der CSU und Frau Schmalz-Jacobsens FDP an und stimmten gegen jede Reform des geltenden ius sanguinis. Staatsbürgerschaft sei "mehr als ein Wohnsitzattribut", sie sei vielmehr ein eindeutiges Bekenntnis zum zukünftigen Leben "in diesem Volk und Staat", gab Bundesinneminister Kanther die Mehrheitsposition wieder. Eine klare Minderheit von 316 Parlamentariern aus SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und PDS stimmte für einen Gesetzesentwurf, der die Einführung der Doppelstaatsbürgerschaft und die Erleichterung der Einbürgerung von Ausländerkindern zum Ziel hatte. Frau Schmalz-Jacobsen enthielt sich immerhin der Stimme, zusammen mit zwei weiteren Abgeordneten ihrer Partei.