Die Bundesliga-Saison beenden!

Langweiliger geht's nicht: Lautern, Bayern, Leverkusen! Und wer absteigt, ist egal.

Mit einer schrecklichen Fußball-Saison müßte man verfahren können wie mit einem Computerspiel: Wenn man merkt, daß alles schiefläuft, bricht man es einfach, ohne zu speichern, ab und startet es zu irgendeinem späteren Zeitpunkt neu. Eine Saison, in der die frisch aufgestiegene Hertha BSC nicht gleich wieder absteigt, vom ersten Spieltag an souverän auf dem letzten Tabellenplatz liegend, ist sowieso keine Saison, sondern eine Katastrophe.

Die Saison 1997/98 erfüllt aber zusätzlich noch alle anderen Kriterien, die nötig sind, um sie zu einer richtigen Scheiß-Saison zu erklären. Wer Meister wird, ist völlig wurscht, denn zur Auswahl stehen: Lautern, Bayern, Leverkusen. Lautern! Bayern! Leverkusen! Es ist völlig unmöglich, sich ernsthaft für einen dieser Vereine zu entscheiden und dann mit ihm zu zittern, seine Niederlagen zu betrauern und sich über seine Siege zu freuen, denn selbst nach ästhetischen Maßstäben, normalerweise das letzte Hilfsmittel, sind alle drei Vereine schrecklich langweilig - und tragen ausnahmslos blöd-öde Trikots.

Es ist einfach so: So unglaublich viele Gründe sprechen gegen die Meister-werden-Woller, daß es am Ende egal ist, auf welchem Rathausbalkon schließlich ein Haufen Idioten mit Sektflaschen und Meisterschaftsschale in den Händen "We are the Champions" grölt und sich von einem unten auf dem Rathausplatz stehenden noch größeren Haufen Idioten in scheußlichen öd-blöden Trikots feiern läßt - das Fernsehgucken wird am letzten Bundesliga-Wochenende einfach unmöglich sein.

In einer halbwegs ansprechend verlaufenden Saison wäre das jedoch nicht wirklich schlimm, denn es gibt ja immer noch den Abstiegskampf. Diesmal ist jedoch selbst die Abstiegsfrage völlig unspannend, denn natürlich wird es in diesem Jahr nicht einen der Vereine treffen, denen man es schon so lange gönnt, den 1. FC Köln etwa oder Gladbach oder den HSV, sondern halt die Clubs, die es routinemäßig immer mal wieder erwischt. Bochum eben. Und Wolfsburg. Und Bielefeld. Oder 1860, aber das ist so dermaßen egal, daß man die aktuellen Inhaber der zum Abstieg berechtigenden Plätze 16, 17 und 18 in der Regel nicht auswendig hersagen kann.

Wessen Kicker nach dem Abpfiff des letzten Spieltages weinend auf dem Platz sitzen werden oder tieftraurige Interviews geben, umringt von fassungslosen Fans, die ihren Lebensinhalt verloren haben, ist völlig egal. Zumal sie durch ähnlich überraschungslose Aufsteiger aus der zweiten Liga ersetzt werden: Frankfurt, Nürnberg, Freiburg oder was auch immer.

In dieser Saison findet man auch in der zweiten Liga keinen Verein, mit dem man zittern möchte. Selbst um die Absteiger ist es nicht besonders schade: Kickers, Jena, Meppen, Zwickau. Oder, was in einer richtigen Scheiß-Saison eigentlich selbstverständlich ist, es erwischt doch noch Wattenscheid. Und einer, Stuttgart, Jena, Meppen oder Zwickau, darf in der zweiten Liga bleiben. Um in der nächsten Saison womöglich in die erste Liga aufzusteigen, denn es ist noch nicht bewiesen, daß Scheiß-Saisons nicht auch geballt hintereinander auftreten können.

Früher, als alles noch viel besser war, da verlief eine richtige Bundesligasaison ungefähr so: Bayern wollte, wie es schon zu Saisonbeginn laut verkündete, Meister werden, irgendein netter Verein jedoch auch. Bayern hatte bald sechs Punkte Vorsprung vor dem netten Verein, der unglaublich viel Pech hatte. Die Saison schien gelaufen, aber der nette Verein rappelte sich noch einmal auf, klatschte die Münchener im Olympiastadion während des Oktoberfests mit 3:1 weg, woraufhin bei den Bayern das große Chaos ausbrach. Lothar Matthäus beschimpfte vor laufender Kamera seine Mitspieler, Franz Beckenbauer beschimpfte vor laufender Kamera den Trainer, Uli Hoeneß wurde sehr böse und kündigte Konsequenzen an, Berti Vogts schaltete sich in tiefer Sorge um seine Nationalspieler ein, und wenn alles gut lief, dann konnte man gleich mehrere Wochen lang sehr viel Spaß mit dem Bayerntheater haben.

Der nette Verein punktete währenddessen unermüdlich weiter. Und am letzten Spieltag, live im Radio in einer unvergeßlich spannenden Konferenzschaltung übertragen, wurde er tatsächlich Meister, weil ein schon lange feststehender Absteiger die eigentlich im Vorfeld sehr siegessicheren Bayern mit 3:0 schlug, während dem netten Verein ein 0:0 beim Lokalrivalen zum Titelgewinn genügte. Die Bayern tobten, sprachen von abgekartetem Spiel und Wettbewerbsverzerrung und machten sich allgemein sehr lächerlich. Das war schön. Zumal zeitgleich genau die Vereine abstiegen, von denen man schon sehr lange vermutete, daß man gut auf sie verzichten könnte. In dieser Saison ist jedoch überhaupt nichts schön.

Noch nicht einmal das, was außerhalb der Spieltage geschieht. Während z.B. normalerweise die Entlassung eines langjährigen Trainers ein guter Grund für eine kleine Feier wäre, langte noch nicht mal der Rausschmiß des Unsympathen Winnie Schäfer beim KSC für ein kleines bißchen Interesse. Denn er wurde durch jemanden ersetzt, den man eigentlich nie wieder sehen wollte: Jörg "Superlangweiler" Berger. Das ist nämlich vielleicht sogar das Allerschlimmste an dieser Saison: All die ganzen Untoten kommen wieder. Oder kündigen es, spätestens für die nächste, an.

"Do you really want to quit 'Bundesliga-Saison 1997/98'?" Definitely.