Komikfreies Comic

"Fußballgötter" ist weitgehend ohne Witz, dafür aber extrem schlecht gezeichnet

Solange Guido Schröter für St. Pauli-Fanzines zeichnete, war alles in Ordnung, denn in den meisten Fanpublikationen hat irgendwer einen Kumpel, der einen Stift halten kann und deswegen das Heftchen vollmalen darf. Das spart die nervenaufreibende Suche nach anderen Illustrationsmöglichkeiten und damit viel Zeit, deswegen ist eigentlich auch egal, daß die Zeichnerei ziemlich unkomisch ausfällt und die Cartoons meistens eher schlechte Witze zum Inhalt haben.

Im Falle von Guido Schröter aber lief von Anfang an alles verkehrt. Irgendwann redete ihm jemand ein, er könne wirklich zeichnen und müsse seine Kunst überregional anbieten. Wahrscheinlich, weil St. Pauli damals noch als Kultverein galt und daher alle, die mit ihm zu tun hatten, wohl auch irgendwie kultig sein mußten. Ein Verlag für die Schröterschen Machwerke war schnell gefunden, denn Verlage verlegen schon seit einiger Zeit alles, was mit Fußball zu tun hat, besonders gern. Fußballfans gehören zu der besonders blöden Sorte Käufer, die für Schrott mit Ball drauf gern viel Geld ausgeben.

Manchmal reicht es Verlagen allerdings nicht, einen mit unverlangt eingesandten Fußball-Publikationen zu belästigen, nein, sie müssen zusätzlich auch noch Briefe beilegen, in denen sie die Wichtigkeit ihrer Publikationen begründen. Meistens begnügen sie sich mit kurzen Inhaltsangaben, manchmal jedoch glauben sie, daß sie enorm witzig sein müssen.

Der Eichborn-Verlag verschickte so kürzlich einen im sogenannten Trapattoni-Deutsch gehaltenen Waschzettel, um auf das neue Comic des notorischen Guido Schröter hinzuweisen. "Liebe Kollegin, lieber Kollege, 1. Es gibt keine deutsche Zeichner zeichnet mit so starke Strich wie Schröter." Zu 1. Doch. Sogar ziemlich viele. Und es gibt sogar einen, der exakt so zeichnet, wie Schröter es gerne können würde. Der heißt Moers. Seine Figuren ähneln denen von Schröter verblüffend.

"2. Letzte Band schon taz haben gesagt über Schröter, daß Schröter-Comic so sein, wie Comic sein muß, Schröter haben gemacht 'literarische Volltreffer'." Zu 2. Na und?

"3. Ich habe erklärt zu diese Zeichner: 'Du brauchen keine Pause. Du zeichnet weiter. Buch 'Blutgrätsche' war gut, Buch 'Knirpse von St. Pauli' war sehr gut und 'Fußballgötter' ist so stark wie Flasche voll!'" Zu 3. In Wirklichkeit, so ist zu vermuten, feuerte der Verlag seinen Zeichner mit folgenden Worten an: "Wie du weißt, kaufen Fußballfans jeden Dreck, solange er irgendwas mit Fußball zu tun hat. Deswegen machst du jetzt ein neues Album, wir pappen noch einen ultralustigen Aufkleber drauf, auf dem steht 'Offizielles WM '98 Fanbuch' und das Ding wird sich wie rasend verkaufen. Wie, dir fällt nix ein? Kein Problem, dann zeichne doch einfach die Leserwitze-Ecke von der Sport-Bild ab."

"4. Ich habe auch gesehen andere Zeichner in Europa. Zu Firma Eichborn habe ich gesagen: 'Dieser Zeichner ist kein Idiot. Dieser Zeichner sehen was passiert in Platz!'" Zu 4. Zu sehen, was auf dem Platz passiert, ist nicht weiter schwierig. Sich darüber jedoch Witze auszudenken und die dann auch noch gut zu zeichnen, ist sehr schwierig. Guido Schröter hat es geschafft, ein weitgehend witzfreies und schlecht gezeichnetes Comic-Album zu produzieren.

"5. Schröter! Schröter! Schröter zeichnen schon seit 10 Jahren!! Nie verletzt, immer gut. Bestes erstes Platz bei 150 Teilnehmern in wichtige Comic-Ausstellung gewonnen, für bekannte Fernsehsender Sat.1 Illustrationen gemacht, immer für wichtige Bild-Zeitung gemalt. Haben gedacht, ist auch gut für Ausland, aber Schröter immer treu bleiben Deutschland und immer schauen nach bei St. Pauli." Zu 5. Sat.1 und Bild sind natürlich anerkannte Institutionen in Comic-Fragen. Auf der Rückseite von "Fußballgötter" ist daher auch ein Sat.1-Zitat abgedruckt: "Die wahren Dinge des Lebens kann nur ein Künstler zeigen. Einer wie Guido Schröter blickt hinter die Kulissen." Bild fiel anscheinend nichts ähnlich Sinnfreies ein, deswegen zitiert man Johannes B. Kerner, der kurz und knapp erklärte: "Tolle Bilder!"

"6. Der eine heißt so. Der andere heißt so. Aber Schröter! Schröter hat immer gespielt 125 Prozent jede Buch! Muß respektieren diese Mann. Ich habe fertig! Herzlich Georg Simader, Eichborn Verlag". Zu 6. 125 Prozent von nix ist immer noch nix. Aber wer auf gezeichnete Witze wie diesen steht: Arzt zu Fußballspieler: "Sie können ganz beruhigt sein, Herr Ricken. Nach der Operation laufen Sie die hundert Meter unter elf Sekunden!" Fußballspieler zu Arzt: "Geil! Das hab ich vorher nie geschafft!", der wird mit "Fußballgötter" wirklich unglaublichen Spaß haben.

Guido Schröter: Fußballgötter. Eichborn Verlag, Frankfurt/Main 1998, 48 S., DM 22,80