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Kürzlich kamen wir mit einer Kollegin von der Konkurrenz ins Gespräch. "Wer verbirgt sich denn hinter all den Pseudonymen?" - "Welche Pseudonyme?" fragten wir.

"Na, all die Pseudonyme, da stecken doch sicherlich bekannte Edelfedern dahinter, die ihr Geld bei Spiegel und Süddeutscher verdienen und bei Ihnen mal so richtig die Sau rauslassen."

Edelfedern? Bei uns? Nicht, daß wir wüßten. Und die Sau rauslassen - wie sollte das in unserem seriösen Politjournal möglich sein? Und außerdem: Wieso eigentlich Pseudonyme? Wir heißen doch wirklich so. Oder klingen sogar unsere Namen nicht ganz richtig? Gleich kramten wir unsere Autorenliste heraus. Wer schreibt denn so alles bei uns? Mhm, Muggenthaler, Ripplinger, Landgraf - das hört sich natürlich schon ein bißchen an wie aus einer krachledernen Bauernkomödie abgeschrieben. Aber, wir schwören Ihnen, die Typen gibt's wirklich.

Immerhin mußten wir nach Prüfung der Liste zugeben, daß sich mancher Name vielleicht sehr ausgedacht anhören könnte. Da schreibt z.B. Bernhard Schmid - was einigermaßen unfranzösisch klingt - aus Paris, während George Burns direkt aus Berlin berichtet. Globales oder Potemkinsches Dorf? Vielleicht heißt Bernhard Schmid in Wahrheit Marcel Noir und George Burns ... Bernhard Schmid? Vielleicht ist dieses Nebeneinander von allzu mondänen und allzu banalen Namen, die sich aus allzu mondänen und allzu banalen Orten zu Wort melden, einfach ein Verwirrspiel? Vielleicht soll das dazu dienen, ein Zeitungsimperium vorzutäuschen, das gar nicht existiert? Und am Ende gibt es keinen einzigen Autoren oder, da sich all das doch jemand ausgedacht haben muß, bloß einen einzigen? Und das müßte dann, genaugenommen, der Verfasser dieser Zeilen sein. Also, quasi, ich. Aber wie heiße ich denn nun? Hellmuth Karasek? Giovanni di Lorenzo? Ach, wie gut, daß niemand weiß, wie ich wirklich heiß' - und daß dies die einzige anonyme Kolumne der Zeitung ist.