Sklaven? Sklaven-Aufstand!

Gespräch mit den Redaktionsmitgliedern der Zeitschrift Sklaven Aufstand, Andreas Hansen und Bert Papenfuß, über das Wie und Wohin ihres Austritts aus der Sklaverei

Was spricht eigentlich gegen den Sklaven?

Bert Papenfuß: Gegen den Sklaven?

Ihr habt eine eigene Zeitschrift - den Sklaven Aufstand - gegründet.

Papenfuß: Wir haben sie nicht gegründet, wir führen sie weiter. Es ist so, daß wir uns mit dem BasisDruck-Verlag überworfen haben, personifiziert durch zwei Redaktionsmitglieder, Stefan Ret und Klaus Wolfram, die gleichzeitig den Verlag führen. Ihnen wäre es am liebsten gewesen, die Zeitschrift wäre eine ruhig gehende Abonnentenzeitschrift geblieben, während unsere Intention eine andere war: Wir wollten in der Stadt präsent sein. Seit zwei Jahren machen wir jeden Montag im Siemek den "Sklaven Markt" .

So wenig kann sich aber der Verlag nicht gekümmert haben, Sklaven ist immerhin vier Jahre erschienen.

Papenfuß: Richtig, die Zeitung ist irgendwie immer hergestellt worden, aber damit waren die Energien des Verlages erschöpft.

Andreas Hansen: Der Verlag hat sich so gut wie gar nicht beteiligt an Vertrieb oder Werbung, das haben die Redaktionsmitglieder gemacht.

Nun ist ja Sklaven weiterhin erschienen, neben dem Sklaven Aufstand, und große inhaltliche Unterschiede sind nicht zu bemerken, zum Teil schreiben dieselben Autoren hier und da, im Zentrum jedes Heftes steht eine Veröffentlichung von Franz Jung. Man hat den Eindruck einer Doublette, einer Zweihefte-Zeitschrift, die von zwei externen Redaktionen betreut wird.

Hansen: In Zukunft wird sich genauer zeigen, wo die Unterschiede liegen. Was die inhaltlichen Differenzen angeht, so wird jetzt schon deutlich, daß der Ansatz oder der Stil verschieden ist, nicht unbedingt politisch ...

Papenfuß: ... Es gibt durchaus politische Unterschiede. BasisDruck sind eher die behäbige, ästhetisch und auch politisch konservative Redaktion. Der Aufstand präferierte schon in der damaligen Gesamtredaktion Arbeiten aus einem sozusagen anarchistischen Umfeld, während von der anderen Seite vor allem die traditionell-marxistischen Beiträge kamen. Auch bei den literarischen Texten bevorzugt die BasisDruck-Fraktion die konventionelleren Sachen, wir die experimentellen. Und das wird sich auch in den nächsten Heften niederschlagen.

In den früheren Ausgaben waren beide Seiten in den Heften vertreten und ermöglichten so, gerade was die kritische Revision des traditionellen Marxismus angeht, anregende Diskussionen. Soll damit jetzt Schluß sein?

Hansen: Die Diskussionen finden weiter statt, denn die Aufstand-Redaktion ist keine homogene Fraktion, sondern besteht aus vier Individuen.

Es fällt auf, daß diese Diskussionen weitgehend abgekoppelt von denen der westdeutschen Linken sind, aber auch von den PDS-Debatten oder DDR-Erinnerungs-Veranstaltungen. Die versucht ihr zu unterlaufen, aber es wird nicht ganz klar, in welche Richtung ihr zielt.

Hansen: Die Linie des Blattes ist keine tagespolitische, wir versuchen uns da an Franz Jung zu orientieren und sein Niveau zu erreichen, der seine Zeitung, den Gegner, mit globalen, übergreifenden Ansätzen gemacht hat. Es ist schon unser Anspruch, in der partikulierten Landschaft der Linken und in den verschiedenen Diskussionen im linken Spektrum etwas Gemeinsames zu finden, Material zur Verfügung zu stellen, mit dem sich die marginalisierte und zerstrittene Linke vielleicht auseinandersetzen könnte - wenn sie es denn wahrnähme. Aber ohne Vertrieb keine Wahrnehmung usw., was auch, um zum Ausgangspunkt zu kommen, eine Ursache dafür ist, das wir uns von Basisdruck trennen mußten.

Papenfuß: Sklaven Aufstand ist eine monatlich erscheinende literarische Zeitschrift. Eine reine Literaturzeitschrift wie etwa Sinn & Form hätte mir z.B. keinen Spaß gemacht, finde ich immer kreuzlangweilig. Wir wollen die Zeitschrift machen, die wir auch gerne lesen würden, also nicht nur Belletristik, sondern auch Essays, Ökonomie und historische Texte.

Übervater im Hintergrund ist bei euch Franz Jung, ein Mann, dessen revolutionäres und auch literarisches Engagement immer von einer gewissen Resignation oder Apathie begleitet war, der oft schon, bevor es losging - sei es die Februarrevolution oder die Dada-Bewegung -, keine rechte Lust mehr hatte, mitzumachen, stets eine kritische Distanz zu dem, was er getan hat, hielt und eher neben den Bewegungen und abseits stand als in ihrem Zentrum. Inwiefern ist Jung eine Art Modell für euer Selbstverständnis?

Papenfuß: Wenn man sich Jungs Biographie ansieht, bemerkt man Unterschiede: Das aktionistische Moment ist auf der einen Seite sehr stark und wird aber auch stark reflektiert. Für mich ist das Aktionistische wichtig. Auf der anderen Seite zieht er sich in dem Moment zurück, wo der Erfolg sich abzeichnet und die Sache konventionell wird. Das interessiert ihn dann nicht mehr, und das würde uns auch nicht mehr interessieren. Das aktionistische Moment und das reflexive gehören bei ihm zusammen. Wir sind zwar keine Paradebeispiele für politischen oder ästhetischen Aktionismus, aber wir sind schon bestrebt, das, was uns stört, zu artikulieren und was dagegen zu tun - sei es im Rahmen einer Veranstaltungsreihe oder in dem unsres Blattes.

Eine Rolle spielt bei euch die Aufarbeitung von DDR-Alltagsgeschichte, die Erinnerung an ein Leben, in dem vielleicht Potenzen lagen, die nicht vergessen werden sollen.

Papenfuß: Das ist organischer Bestandteil des Heftes und fließt in unsere Texte mit ein, unser Augenmerk ist aber nicht explizit darauf gerichtet. Es steht auf keiner Fahne ...

... bei euch steht ja überhaupt wenig auf der Fahne ...

Papenfuß: ... während bei BasisDruck diese DDR-Aufarbeitung schon auf der Fahne steht. Basisdruck bezeichnet heute noch seine gepachteten Örtlichkeiten als "DDR" - was uns pittoresk schien.

Ihr seid jedenfalls nicht der Ansicht von Peter Hacks, daß in der Arbeiterklasse der DDR, die marxistisch geschult ist und vertraut im Umgang mit Waffen, ein Potential schlummere, das zu einer neuen revolutionären Tat geweckt werden könnte?

Papenfuß: Das ist doch Quatsch und von Hacks nur polemisch gemeint. Wir alle wissen, daß die Arbeiterklasse der DDR nicht revolutionär war. Die Kids, die hier draußen rumlaufen, sind auch paramilitärisch ausgebildet. Was die Kampfgruppen darüber hinaus konnten, ist Stechschritt. Den brauchst du nun wirklich nicht, wenn du hier an Straßenkämpfen teilnehmen willst.

Hansen: Hacks fällt hier noch hinter die Position der RAF zurück, die sich gerade aufgelöst hat: Wegen der mangelnden Bereitschaft zum revolutionären Kampf und weil zunächst mal andere Diskussionen geführt werden müssen.

Dennoch hat es den Anschein, daß ihr den "Osten" gern reklamiert, um zu zeigen, warum ihr gegen die Welt des Kapitals, die hier Einzug gehalten hat, Vorbehalte hegt.

Papenfuß: Das Entscheidende an der DDR, an dem untergegangenen Sozialismus war, daß er reformierbar war. Deshalb wurde er abgeschafft. Der Neoliberalismus ist nicht reformierbar. Vielleicht gibt es bei uns einen Rest Reformdenken, der uns bewegt, uns mit der osteuropäischen und sozialistischen Geschichte auseinanderzusetzen und dort Ansatzpunkte zu suchen.

Sklaven Aufstand, petersen press, Schliemannstr.23, 10437 Berlin

Sklaven, BasisDruck Verlag GmbH, Schliemannstr.23, 10437 Berlin