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"Rettet die Wahlen!" Ein alter Greenpeace-Slogan brachte uns auf die Idee, am letzten Sonntag so zu tun, als ob Bundestagswahlen wären und nicht nur vier Seiten mit dem Thema vollzuschreiben, sondern auch eine eigene kleine Wahl in unseren Redaktionsräumen abzuhalten.

Eigens für die Wahl wurde ein Wahlleiter bestellt, eine Urne gebastelt, wurden Wahlscheine mit den üblichen Parteien entworfen und gedruckt.

Samstag, 26. September, 22 Uhr. Die Konspiration hockt auf dem Sofa und schwelgt in alten Freiburger Zeiten. Direkte Demokratie wird gefordert. Die Verschwörer geben ein Kommuniqué an die Öffentlichkeit, in dem die Entführung der Wahlurne für Sonntag nachmittag angekündigt wird.

Der Wahlleiter ruft die höchste Sicherheitsstufe aus und verstaut die Wahlunterlagen in der untersten Schublade.

Sonntag, 27. September, 15 Uhr. Die Wahlbeteiligung ist bisher erschütternd gering, ganze acht Wahlzettel in der Urne. Fragen werden aufgeworfen: Zählt das Kreuzchen bei der AAB als Stimme oder als ungültig? Warum ist die Autofahrerpartei mit im Angebot? Müssen Nichtwähler "Nichtwähler" ankreuzen oder dürfen sie der Zeremonie fernbleiben? Haben Praktikanten auch Stimmrecht?

Kurz nach 18 Uhr. Der Wahlleiter macht eine Ausnahme: Eine letzte Stimme darf noch abgegeben werden. Die Nervosität legt sich langsam, weil den Demokratiefeinden durch Arbeitsüberlastung die Hände gebunden sind. Die Stimmzettel können unbeschadet ausgezählt werden, das Ergebnis ist eher unspektakulär.

Nach dem Wahlsieg der Grünen und dem respektablen Abschneiden der PDS will ein Kollege dann doch noch für den demokratischen Sozialismus stimmen. Zu spät.

Auch wenn durch die große Mehrheit der Wahlboykotteure und Nichtwähler demokratische Rituale weiterhin vom Aussterben bedroht sind, scheint doch mit der Stimmenmehrheit für die Grünen immerhin die Existenz der Wale gesichert.

Wir schalten zurück zu Ulrich Deppendorf.