Krise der Lega Nord in Italien

Spaltpilz bei den Spaltpilzen

So schnell kann es gehen: Die Lega Veneta, bei den letzten Parlaments-, Bezirks- und Kommunalwahlen meistgewählter Teil der separatistischen Lega Nord, will sich von der Gesamtpartei abspalten.

Vergangene Woche verlangte der Nationalrat der Lega Veneta vom Chef der Gesamt-Lega, Umberto Bossi, die "Neuverhandlung des Gründungsvertrages" und "unumschränkte Autonomie". Doch diese Forderung an den Autokraten Bossi, der so gut wie keine Parteiangelegenheit aus der Hand gibt, ist eine Farce - und die offizielle Spaltung nur eine Frage der Zeit und der Formalitäten. So oder so: Der mitgliedsstärkste Regionalverband werde künftig eigene Wege gehen, erklärte Fabrizio Comencini, vor knapp zwei Wochen von Bossi abgesetzter Erster Sekretär der Sektion Veneto.

Als Gründe werden die Alleinherrschaft Bossis und dessen Einmischung in die Belange des Veneto angegeben. Zuletzt wurde den Veneziern untersagt, bei der Wahl der regionalen Körperschaften mit Vertretern von Silvio Berlusconis Forza Italia zu koalieren. Die venezianischen Legisten sehen in Berlusconi einen möglichen Bündnispartner gegen das regierende Ulivo-Bündnis - und umgekehrt. Für Bossi steht Forza Italia hingegen als "Sinnbild für eine Römische Republik", als gesamt-italienische Partei, die den wechselnden Sezessions-, Autonomie- und Föderationsambitionen der Lega entgegensteht.

Während die Chefetage der Rest-Lega noch von der Mitte-Links-Regierung bei der anstehenden Wahlreform Zugeständnisse erwartet, hat bereits der Run auf den abtrünnigen Haufen der Wohlstandsrassisten - beide Lega-Splitter treten für einen doppelten Festungsring ein, der nach außen Flüchtlinge und im Inneren Süditaliener vom Norden abhalten soll - eingesetzt.

Eifrig bemühen sich nicht nur Italiens große (Forza Italia und die neofaschistische Alleanza Nazionale) und kleine Rechtsparteien um die separierten Separatisten, auch die parlamentarische Linke steht bereit und will ihre Arbeiter(stimmen) im Norden zurückgewinnen. Denn die haben zu einem nicht unbeträchtlichen Teil die Lega vorangebracht. Das partielle Bündnis einstiger Arbeiter mit den Mittel- und Oberklassen der im inneritalienischen Vergleich wohlhabenden Lombardei und dem Veneto deutete sich bereits Anfang der achtziger Jahre an: Die "Leghe", eine lokale Versammlung von Klein- und Kleinstunternehmern, gab sich in ihrer Entwicklungsphase Anfang der achtziger Jahre noch als Bewegung, die den homo oeconomicus des italienischen Nordens repräsentiere. Der sich fast gleichzeitig entwickelnde Typus des (postfordistischen) "selbständigen Arbeiters", der nach seiner Entlassung aus halbstaatlichen Industriewerken seine Familienklitsche eröffnete, paßte dazu.

Ebenso wie einige politische Artikulationen: Gegen Staat, Bürokratie und Korruption war früher zu Recht so mancher Arbeiter angegangen, gegen den Zentralstaat, die römische Bürokratie und Korruption ging es nun. Und die Forderungen nach Steuerhoheit und Autonomie in der Hochphase der Lega Nord, die sich nach Wahlerfolgen seit Anfang der neunziger Jahre als Partei etablieren konnte, waren zuvor, leicht abgeschwächt, auch in roten Rathäusern zu hören gewesen.

Doch während von links und rechts fleißig abgeworben wird, gibt sich Bossi siegesgewiß - unterstützt auch von einigen Legisten des Veneto. Diese haben sich in Padua von den Abgespaltenen abgespalten und halten zu ihrem Chef.