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Ein Boulevard-Magazin, das seriös sein will - Springers erste Fernsehproduktion heißt "Newsmaker"

Die Bild-Zeitung wird verfilmt: Ab April macht auch der Springer-Verlag TV-Programm. "Newsmaker" heißt die Sendung und orientiert sich am US-amerikanischen Format mit demselben Titel. Das "Newsmaker"-Original hat seit seinem Start vor einigen Jahren großen Erfolg und brachte dem Sender CBS den Ruf eines kompetenten Informationskanals ein.

Daß die deutsche "Newsmaker"-Kopie eine ähnlich seriöse Karriere machen wird, darf getrost bezweifelt werden. Denn außer den üblichen Phrasen hat Springer bisher nicht allzuviel zu bieten. "Wir wollen investigativ, informativ, aufklärend sein", erklären Ralf Kogeler von Springer TV und Sat.1-Geschäftsführer Fred Kogel. Themen von Agenturen oder Zeitungen dürfen nicht aufgegriffen werden bei "Newsmaker". "Wir senden nur exklusiv", verspricht Kogel. Glaubt man ihm, steht die "Qualität der Information" im Vordergrund, weniger die Sensation.

Vier Moderatoren sollen dem Magazin ein ernst zu nehmendes Image verleihen. Der bekannteste innerhalb des Teams ist Christoph Teuner, der vor Peter Kloeppel als Anchorman der RTL-Nachrichten verpflichtet war. Die anderen drei Moderatoren sind bislang ziemlich unbekannt. Was man von Chefredakteur Hilmer Rolff allerdings nicht sagen kann. Vor "Newsmaker" hat Rolff die TV-Magazine "Explosiv" und "Exclusiv" entwickelt, wofür ihm das Medienfachblatt Gala kürzlich den Titel "König des Boulevardfernsehens" verliehen hat. Mit Yellow Press-Themen hat sich auch Redaktionsleiter Günter Stampf einen Namen gemacht. Allerdings keinen guten. Aus seiner Feder stammte das gefakete Tom Cruise-Interview, in dem die Illustrierte Bunte dem Schauspieler eine Aussage über dessen Zeugungsunfähigkeit unterschob.

Allzu deutlicher politischer Meinungsmache will sich "Newsmaker" enthalten, denn damit ist im Privatfernsehen kein Geld zu machen. Zuschauer wollen interessante Themen und handwerklich gut gemachte Beiträge sehen. Keine Propaganda, mußten die Sat.1-Verantwortlichen in den letzten Jahren erkennen. Die Springer-Sendung soll Sat.1 aus einer mißlichen Lage helfen. Denn die Mainzer können machen, was sie wollen, die Zuschauer wollen einfach nicht glauben, daß Sat.1 mehr sein könnte als ein Spiel- und Sportsender.

Kündigt Sat.1 Informationssendungen an, wechseln die Zuschauer scharenweise den Kanal. Das Dilemma ist mittlerweile so groß, daß die Sat.1-Pressestelle sogar Dokumentationen der externen Produktionsfirma DCTP - sie produziert die Spiegel-TV-Sendungen - als Sat.1-Programm verkauft. Immer in der Hoffnung, der Zuschauer glaubt: Wenn das Sat.1-Logo oben am Bildschirmrand steht, laufe Kirch-Fernsehen.

Der Frust über das schlechte Image ist so groß, daß selbst der, beim Sender sonst hoch angesehene, Ulrich Meyer kürzlich das Handtuch warf und seitdem die Nachrichten nicht mehr liest. Ohne Erfolg: Auch seine Nachfolgerin Astrid Frohloff kann keine besseren Quoten als Meyer vorweisen. "18:30", die Sat.1-Nachrichtensendung, liegt weit abgeschlagen auf Rang vier der Nachrichtenquotentabelle. Unangefochtener Spitzenreiter ist und bleibt die "Tagesschau", gefolgt von "RTL aktuell" und "heute". Die dauernden Niederlagen kratzen mittlerweile auch am Selbstbewußtsein der "18:30"-Redaktion. Häufig sitzt die Redaktion vorm Studiofernseher und wundert sich, welche Themen die RTL-Konkurrenz jetzt schon wieder ausgegraben hat. "Die sind einfach besser", glauben die Redakteure.

Daß "Newsmaker" gerade auf Sat.1 anläuft, liegt nahe. 40 Prozent des Senders gehören dem Axel-Springer-Konzern. Der wollte schon vor Jahren nicht nur Programm bezahlen, sondern es auch selber machen. "Bild-TV" sollte die Sendung heißen und natürlich ein Boulevardmagazin sein. Zwei Jahre lang wurde geplant, viel Geld investiert, Pilotsendung auf Pilotsendung produziert und schließlich doch nichts gesendet. Springer und die Sat.1- Verantwortlichen konnten sich nicht über ein Sendungskonzept einigen. Als die Unstimmigkeiten nach außen drangen und der Imageverlust für beide immer größer wurde, platzte der Plan.

Sat.1 produzierte seitdem ein eigenes Yellow-Press-Format, das unter dem Titel "Blitz" läuft. Auch wenn erst durch "Newsmaker" das Springer-Engagement auf dem Fernsehmarkt publik wird, arbeitet der Konzern schon seit längerem im TV-Bereich. Neben Sat.1 finanziert sich auch der Hamburger Lokalsender HH1 durch Springer. 1998 kaufte Springer die Produktionsfirma Schwartzkopf-TV auf, die u.a. die "Johannes-B.-Kerner-Show" produziert. Gerüchten, "Newsmaker" sei nur der Anfang einer großangelegten TV-Offensive, die neben dem neuen Magazin auch "Welt-TV" oder "Autobild-TV" ins Rennen schicken werde, widerspricht Sat.1-Chef Kogel energisch.

Andere Sender können sich eine Liaison mit Springer allerdings durchaus vorstellen. Auch wenn offiziell nichts durchdringt, inoffiziell ist bekannt, daß Claus Larass, stellvertretender Vorstandschef von Springer, seit einiger Zeit mit ARD, ZDF und dem Norddeutschen Rundfunk verhandelt. Schließlich sollen alle was davon haben.