Machtteilung in Sierra Leone

Diamanten für alle

Die Schlächter sind zurück. Sie werden nun vier Mitglieder im Kabinett und den Vize-Präsidenten stellen: Sierra Leone versucht sich zur Zeit an der Reintegration von Mitgliedern der Revolutionären Vereinten Front (RUF), einer Rebellenorganisation unter Führung der Warlords Foday Sankoh und Johnny Paul Koroma, die jahrelang die Bevölkerung des westafrikanischen Staates terrorisierte.

Berüchtigt wurden die RUF-Milizen vor allem durch ihre wiederholten Massaker rund um die sierra-leonische Hauptstadt Freetown. Wer den selbst ernannten Revolutionären in ihrem Kampf gegen Präsident Ahmed Tejan Kabbah die Unterstützung verweigerte, verlor schnell einen Arm oder ein Bein. In Berichten von Opfern ist auch immer wieder die Rede von Amputationen aller Gliedmaßen, mehrere Tausend Menschen sollen in den vergangenen Jahren auf diese Weise getötet worden sein.

Der Vorschlag für eine Zusammenarbeit der früheren Kriegsparteien geht auf eine Initiative der Uno vom Sommer dieses Jahres zurück und ist Ausdruck des ausgeglichenen militärischen Kräfteverhältnisses in der Region. Hatten noch Anfang 1998 Soldaten der westafrikanischen Eingreiftruppe Ecomog unter nigerianischer Führung das damalige RUF-Regime gestürzt und den gewählten Präsidenten Kabbah wieder an die Macht gebracht, so gingen die Kämpfe nur wenige Monate später weiter.

Die RUF-Milizen rückten von ihren im Nord- und Südosten des Landes gelegenen Basen immer näher auf Freetown vor. Da sie die Kontrolle über die großen Diamantengebiete des Landes nie verloren, verfügte die Organisation stets über das nötige Kleingeld für moderne Waffen und Söldner. Beides wurde hauptsächlich aus Südafrika geliefert. Hinzu kamen zahlreiche zwangsrekrutierte Soldaten und militärische sowie logistische Unterstützung aus verschiedenen Nachbarstaaten, vor allem aus Liberia und der Elfenbeinküste.

Erst als die Milizen zu Beginn dieses Jahres an der Stadtgrenze von Freetown mehrere Hundert Menschen niedermetzelten, schlugen die dort stationierten Ecomog-Einheiten zurück. Auch ihnen, besonders aber den Einheiten der regulären Armee Sierra Leones unter Kabbah, werden zahlreiche Morde, Verstümmelungen und Vergewaltigungen zur Last gelegt.

Nach insgesamt acht Jahren Bürgerkrieg soll nun also eine gemeinsame Regierung unter Präsident Kabbah und Vize-Präsident Sankoh das Elend in Sierra Leone gemeinsam verwalten. Kabbah bleibt kaum eine andere Wahl, da er sich auf weitere Unterstützung durch das nigerianische Militär nicht verlassen kann.

Zwar ist die Dominanz Nigerias in Westafrika nach wie vor ungebrochen, doch zur Zeit hat das bevölkerungsreichste Land der Region nur noch begrenzt Geld für Militäreinsätze außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Der Sold für die in Freetown stationierten nigerianischen Soldaten wird schon jetzt nur mit Verspätung gezahlt.

Da käme Kabbah ein Teil der Einnahmen aus den von der RUF kontrollierten Diamanten-Minen gerade recht, um die eigene Armee aufzurüsten. Den Rest der Erlöse aus den Edelsteinen dürfen die mitregierenden Ex-Rebellen der RUF unter sich aufteilen: Schließlich wird Sankoh auch Vorsitzender der Kommission für Strategische Ressourcen. Und falls das mit der Machtteilung nicht klappt, kann man ja wieder von vorne anfangen.