Die Bundeswehr fliegt in Ost-Timor

Neue Jobs für NGOs

Wie bedauerlich für Deutschland - Habibie, der "German boy" und Zögling des Ex-Diktators Suharto, ist weg vom Fenster. Der indonesische Ex-Präsident - nach seiner Entmachtung tauchte er im Spiegel plötzlich als "der wohl größte Lobbyist" der deutschen Wirtschaft auf - kann sich nun nicht mehr um die deutsche Industrie verdient machen. Er wird sich wohl eher philanthropischen Dingen hingeben: Einer seiner Berater kündigte an, der Diktatoren-Günstling werde eine NGO gründen, das Habibie-Zentrum für Demokratie und Menschenrechte.

Damit liegt er voll im Trend. Denn die deutsche Außenpolitik hat sich erneut in eine humanitäre Aufgabe gestürzt, diesmal nicht im Kosovo, sondern am andern Ende der Welt, in Ost-Timor - für Demokratie und Menschenrechte natürlich, dem Passepartout für die Rechtfertigung der kriegerischen "Normalisierung" der deutschen Außenpolitik. Die beiden Bundeswehr-Maschinen mit Soldatensanitätern haben in Ost-Timor mittlerweile ihren ersten Einsatz glücklich hinter sich gebracht.

Die Zuständigkeit des deutschen Staates für die Humanisierung des Kapitalismus ist damit als weltweite definiert. Und als Mittel ist keineswegs nur das Militär - modernisiert mit einer flexiblen Schnellen Eingreiftruppe - vorgesehen. Wie die Berliner Zeitung richtig erkannt hat: "Wenn Deutschland seine gewachsene Verantwortung annehmen will, muss es sich mit den dazugehörigen Mitteln ausstatten. Das bedeutet, zügig eine Truppe von professionellen, zivilen Friedensdienstleistern aufzubauen und vorzuhalten."

Eine "Truppe" von "Friedensdienstleistern" - das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Der Begriff beinhaltet ein Angebot an die NGO und die alten Trikont-Solidaritäts-Gruppen, deren "Anti-Imperialismus" vor allem als Antiamerikanismus überlebt hat.

Der deutsche Außenminister Joseph Fischer hat zudem den Dreh gefunden, den Soli-Bewegten die Sache noch schmackhafter zu machen. Die Interessen des deutschen Staates sollen über die und im Rahmen der Vereinten Nationen verfolgt werden - und welche NGO setzt nicht auf den imaginierten Weltstaat, um den durchknallenden Kapitalismus im Zeitalter der "Globalisierung" zu zähmen? Und sei es durch die eigenartige Allianz mit den Konzernen, in jener Partnerschaft zwischen UN und großen Unternehmen im Rahmen eines "globalen Paktes über gemeinsame Werte und Grundsätze, die dem Gesetz des Marktes ein menschliches Gesicht geben" (Fischer)?

Das "menschliche Gesicht" des Kapitalismus trägt seltsame Züge. Afrika, weitgehend abgekoppelt vom Weltmarkt, zerfleischt sich in kriegerischen Auseinandersetzungen. Im Osten findet die Ausschlachtung der Modernisierungsruinen in ethnisierter, immer öfter auch kriegerischer Form statt. In Asien wurden nach dem Crash vor rund zwei Jahren einige zig, wenn nicht Hunderte Millionen Menschen unter die Armutsgrenze gebombt. Der Macht fehlt es somit nicht an Bildern, um das weltweite Grauen auf die Fernsehschirme zu bringen und bei den Zuschauern die fernsehgesteuerte Entrüstung herzustellen, die den innerstaatlichen Konsens für die nächsten kriegerischen Interventionen herstellt.

Das deutsche Projekt ist in dieser Hinsicht besonders zukunftsträchtig: Die "zivilgesellschaftliche" Kompetenz der Soli-Bewegungen abschöpfen und sie mit der wachsenden militärischen Kompetenz des deutschen Staates verquirlen. Und zu guter Letzt in die volksgemeinschaftlichen Form der Zusammenarbeit von Arbeit und Kapital gießen. Und das klappt umso besser, ist erst einmal - auch von sich als links Begreifenden - festgestellt, dass das Hauptproblem der Menschen im Trikont nicht die Ausbeutung ist, sondern das Fehlen der Ausbeutung.