Musik für Hertha-Fans

Maradona war kein Mullah

Was ist widerlicher als der Fußballclub Hertha BSC Berlin? Nazi-Hools, die sich Hertha-Fans nennen. Ok, das war einfach. Was aber ist noch widerlicher? Nichts, möchte man meinen. Aber da sind leider noch die Menschen in den Medien und Unternehmen, die diesen Fans immer wieder einreden, dass sie nicht widerlich, sondern toll seien.

Presse, Rundfunk und Fernsehen stellen extra Leute ab, um zu beobachten, wie Michael Preetz und Ali Daei auch beim Training ihre Bälle verstolpern. Anschließend werden dann die neuesten Trainings-Tricks der Stars weitergegeben. Unternehmen wollen Trikots, Lebensmittel, Bier sowie allerlei sonstigen Plunder loswerden und formulieren ihre Botschaften deswegen freundlich, obwohl Slogans wie »Sieg Heil, Nazi, trink das!« oder »Bratwurst ist gut für den deutschen Mann« die Zielgruppe besser erreichen würden.

Rohr Records ist so ein Unternehmen. Es macht in Herthaner-Unterhaltung. Jüngst ist hier die Fan-CD »Das Rohr« erschienen, eine Kompilation von leicht mitgrölbaren Evergreens des Berliner Olympiastadions. Gewidmet ist sie »Hertha BSC Berlin und dem Torschützenkönig der Bundesligasaison 1998/99«.

Bevor Sie sich zu viel erwarten: Die CD erfüllt ihren Zweck nicht. Ganz und gar nicht. Denn die beliebteste Stadion-Hymne - »Wir bauen eine U-Bahn von (Stadt des jeweiligen Gegners) bis nach Auschwitz« und der Champions-League-Hit »Wir hassen (Land des jeweiligen Gegners)« kommen gar nicht vor. Auch wer andere in Vers- und Liedform gepresste Gewalt- und Vernichtungsphantasien erwartet, sollte auf ein anderes Werk zurückgreifen.

Bevor Sie sich zu wenig erwarten: Ein völliger Flop ist die CD auch nicht. Schließlich gibt es wenigstens das im Duktus des Horst-Wessel-Liedes gehaltene Stück »Blauweiße Fahnen sollen wehen»: »Blauweiße Fahnen sollen wehen, die alte Dame auferstehen, immer wieder, immer wieder BSC! Wir wollen tanzen, wir wollen singen, unsere Hymne soll erklingen« usf. - bis die Stiefel unter Pisse stehen. Musikalisch versucht sich der Song an einer Symbiose aus Böhsen Onkelz und Scorpions-Balladen, wobei die Schmuse-Elemente überwiegen.

Beim ersten Stück, »Wir werden immer zu Euch stehen«, ist es genau umgekehrt. Die Strophe »Der Ruf der Kurve soll erschallen, unsere Lieder durchs Stadion hallen«, käme in der Kuschelrock-Variante aber auch wirklich schlecht. So schlecht wie der zweite Song. »Hier kommt das Rohr!« ist die plumpe Eigenwerbung einer gleichnamigen Band, die im Stiernackenblock ankommen will, ohne gleich wie Skrewdriver oder Cyklon B zu klingen oder über »Herrenrasse« und »Soldatenehre« zu singen.

Am meisten Mühe aber haben sich die Berliner Band und das Label bei dem Stück »Singe, Hey, Ali Daei« gemacht: Damit man es nicht so schwer hat, kommt erst der Refrain: »Singe, Hey, singen Hey, singen Ali Ali Daei. Singen Hey, singe Hey, singen Ali Ali Daei.« Dann wird es schwieriger: »Aus Persien kam ein großer Mann in unser Land, macht seine Tore mit Kopf und Fuß, nicht mit der Hand.«

Merke: Der Mullah ist kein Maradona. Und umgekehrt. Das hat man in Berlin erkannt. Volles Rohr.

Das Rohr: »Das Rohr«. Rohr Records