Rechte Verbingungen eines ZDF-Historikers

Guido Knopps Helfer

Die Berliner Zeitung deckt die Verbindungen des ZDF-Historikers Guido Knopp ins ultrarechte Milieu auf.

Dr. Tadeusz Guz ist schwer enttäuscht. Er kann es nicht fassen, dass jemand solche Unwahrheiten verbreitet. Nichts, aber auch gar nichts sei dran an den Vorwürfen. Diese Diffamierungen seien unter allem Niveau. Der aus Polen stammende Priester habe so etwas »selbst unter dem schlimmen Sowjetkommunismus nicht erlebt«.

Was war geschehen? Am 29. März berichtete die Berliner Zeitung von der Verbindung des ZDFóHistorikers Guido Knopp zur GustavóSiewerthóAkademie im badenówürttembergischen Weilheim. Guido Knopp ist einem Millionenpublikum bekannt durch seine historischen Features wie: »Hitlers Helfer«, »Hitler ó Eine Bilanz« oder durch das Fernsehspiel »Der Dritte Weltkrieg«, in dem er Russland kurzerhand einen Atomkrieg beginnen ließ. Die Berliner Zeitung entlarvte nun die GustavóSiewerthóAkademie als ein äußerst »fragwürdiges Umfeld« für den populären TVóHistoriker: »Denn ein Großteil des leitenden Senats, dem Knopp angehört, steht ultrarechten, geheimbündlerischen Organisationen wie dem Opus Dei (Werk Gottes), dem Engelswerk und der Psychosekte VPM (Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis) nahe.«

Die Verbindungen lassen auf einen rechtsklerikalen Sumpf im Umfeld Knopps schließen. Gründerin und Leiterin der Akademie ist die HeideggeróSchülerin Alma von Stockhausen. Die Akademie entstand im Bestreben, den »Neomarxismus« der Frankfurter Schule um Theodor W. Adorno und Max Horkheimer zu bekämpfen. Zwei Mitglieder des Senats sollen mit dem Opus Dei in Verbindung stehen, drei mit der Psychosekte VPM. Alma von Stockhausen habe sich persönlich und öffentlich für VPM eingesetzt. Der Rektor der Akademie, Graf BrandensteinóZeppelin, unterhalte Beziehung zum Engelswerk. Das Seniorenstudium der Akademie leite der Marinerichter a.D. Hans Filbinger.

Filbinger scheint das Verbindungsglied zum Studienzentrum Weikersheim zu sein, dem think tank der extremen Rechten in Deutschland. Dort ist Filbinger Ehrenpräsident. Prof. Lothar Bossle von der GustavóSiewerthóAkademie, der bei VPMóKongressen aufgetreten ist, halte, laut Berliner Zeitung, Filbinger für das Opfer einer Rufmordkampagne und Hitler für »einen Linken«. Das Senatsmitglied der SiewerthóAkademie Leo Scheffczyk habe das Opus Dei geehrt, einen katholischen Geheimbund, dem Kritiker Methoden der Gehirnwäsche und Nähe zum Nationalsozialismus und zum FrancoóFaschismus vorwerfen.

Dr. Tadeusz Guz bedrücken diese Vorwürfe. Er ist Mitarbeiter der GustavóSiewerthóAkademie. »Wie kann man nur so schlampig recherchieren«, sagt er gegenüber Jungle World, »in dieser freien Welt!« Das sei alles sehr ungerecht und unerträglich. Filbinger sei überhaupt nicht Leiter des Seniorenstudiums der Akademie, nur ein Mal habe er einen Vortrag gehalten. Und es gebe keine Verbindungen zum Opus Dei. Nur ein Professor habe mal so eine Vorlesung gehalten. Welcher Professor? »Ein Professor.« Und überhaupt, Knopp bemühe sich doch, das Beste zu leisten. Die Akademie habe schon ihre Rechtsanwälte eingeschaltet, um die Dinge richtig zu stellen. Alles Lüge eben. »Gottes Segen für Sie und Ihre Arbeit.«

Den Rechtsanwälten jedoch dürfte es schwer fallen, alle Vorwürfe zu entkräften. Schließlich hat nicht einmal Guido Knopp die Verbindungen seiner Senatskollegen zum rechtsextremen Umfeld bestritten. Er habe von den Verbindungen gehört, habe jedoch mit den betreffenden Leuten keinen Kontakt, zitiert ihn die Berliner Zeitung. Sein Wirken für die GustavóSiewerthóAkademie sei nur Beweis für deren Pluralismus. Pluralismus? Stimmt: Von allen möglichen ultrarechten Organisationen sind im Senat der Akademie offensichtlich gleich mehrere vertreten.

Die Verbindungen sind nicht von der Hand zu weisen. Professor Bossle etwa wird einen Vortrag im Studienzentrum Weikersheim halten, beim »8. Kaminabend« am 10. Oktober. In selbiger Veranstaltungsreihe, am »6. Kaminabend«, wird Hans Filbinger referieren. Sein Thema lautet: »Aus erlebter Zeitgeschichte ó Die Botschaft eines christlichen Politikers«. Ob er über seine Erlebnisse bei der von ihm angeordneten Hinrichtung eines Deserteurs zur NSóZeit berichten wird? Das Bekanntwerden dieses Vorgangs hatte 1978 zu seinem Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten von BadenóWürttemberg geführt.

Leo Scheffczyk von der SiewerthóAkademie wiederum lobt nicht nur das Opus Dei. Er ist auch Autor des ChristianaóVerlages. Die Hauszeitung des Verlags, Timor Domini, offenbart die Brandbreite des rechtsklerikalen Gedankenguts: Neben Geschichten über das »Turiner Grabtuch«, über Marienprozessionen in Kuba oder die »missverstandene Ökumene« kann man darin auch Loblieder auf Ernst Jünger finden. Mit ihm »verlor Deutschland seinen größten Schriftsteller«, »ein vehementer Antinationalsozialist« sei er gewesen, »ein äußerst kultivierter Mann«. Natürlich sei er ein Ultrarechter gewesen, kein Anarchist, sondern »ein Anarch«. Aber das nur deshalb, weil die Nazis eigentlich Linke gewesen seien. In einem Artikel mit dem Titel »Perversion statt Aufklärung« wird gegen eine AidsóAufklärungsbroschüre mobil gemacht. Und zu ihrem 70. Geburtstag wird Alma von Stockhausen geehrt. 1968 stand sie in einem »bisweilen lebensbedrohenden Kampf« gegen den »Terror der Studenten« und gründete aus dieser Erfahrung heraus die private Akademie als »Pflanzstätte der Wahrheit«.

Knopp hat inzwischen den Vorwurf der geistigen Nähe zu diesen Professoren und Organisationen in einem Leserbrief an die Berliner Zeitung als »absurd« zurückgewiesen. Er habe nichts mit »innerkatholischen Fachdebatten« zu tun. Ihm gehe es nur um eine »Renaissance von Primärtugenden wie Ehrlichkeit und Treue, vulgo 'Moral'«. Auf welche Art er das Comeback dieser deutschen Tugenden organisieren will, lässt sich an seinen TVóProduktionen ablesen. Die gegenwärtig im ZDF ausgestrahlte Serie »Hitlers Kinder« suggeriert auf subtile Weise, dass die Deutschen die ersten Opfer Hitlers gewesen seien, ob Soldaten oder Zivilbevölkerung: ausnahmslos Verführte. Knopps TVóSerie »Hitlers Helfer« war die Retourkutsche auf Daniel Goldhagens Buch »Hitlers willige Vollstrecker«. Knopp moderierte auch die Diskusionsveranstaltung im ZDF im Rahmen der Auseinandersetzung mit Goldhagens Studie. In der LiveóSendung wurden antisemitische Zuschaueranrufe an Goldhagen durchgestellt mit Fragen wie: »Haben die Juden nicht selber ziemlich viel Schlimmes angerichtet?«

Das ZDF war bisher nicht zu einer offiziellen Stellungnahme zu Knopps Verbindungen mit der SiewerthóAkademie bereit. Man weiß wohl in der Abteilung Zeitgeschichte des Mainzer Senders, dass man mit Knopp als zuständigem Historiker für deutsche Geschichte den Bock zum Gärtner gemacht hat. Wer solche Historiker hat, hat keine Probleme mehr mit der Vergangenheit.