Rassismus ohne Rassen

Am Tropf der Werte

»Natürlich gibt es so etwas wie 'lebensunwertes' Leben« oder: Was hat Euthanasie mit Rassismus zu tun? Anmerkungen zur Ideologie der liberalen Bioethik.

Die Bioethik boomt. Und: Wo technisch (fast) alles machbar ist, wird moralisch vieles fraglich. Der Hilferuf nach bioethischer Assistenz erschallt heute überall da, wo moralische Regeln den wissenschaftlich-medizinischen Umgang mit menschlichem Leben humanisieren sollen: in den Biotech-Labors und Fortpflanzungskliniken, im Streit um den Hirntod und um Gen-Tests an Embryonen. Nicht zuletzt auch im Grenzbereich von Leben und Tod.

Hier steht das Schicksal entscheidungsunfähiger Patienten im Zentrum der Kontroversen. Sollen Wachkoma-Patienten künstlich am Leben gehalten werden? Darf man schwer behinderte Neugeborene sterben lassen? Mediziner fragen, Bioethiker antworten: rational, logisch, ideologiefrei. Glauben sie zumindest. Doch konträr zu ihrem Selbstbild, das sie als eine fortschrittliche angewandte Philosophie zeichnet, die die überkommene Moral durch neue Leitbilder von Autonomie und Rationalität modernisiert, soll uns die ideologische Bürde der Bioethik interessieren.

In ihrer kritiklosen Verherrlichung des so genannten gesunden Menschenverstands begründet sie eine neue Form der Ausgrenzung, die von einer Modernisierung des Rassismus kündet. Das Anschauungsmaterial dafür, wie deutsche Bioethiker mit den Konstrukten von »Person« und »Lebenswert« Patienten, die keineswegs im Sterben liegen, zu sicheren Todeskandidaten machen, bietet die neuere Kontroverse um Sinn oder Unsinn der medizinischen Behandlung von Wachkoma-Patienten. (1)

Schöner sterben - Euthanasie als Heilbehandlung

Die alte Frau lag seit dem 29. Dezember 1997 in stationärer Behandlung im Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main. Ein Hirninfarkt hatte bei ihr zu anhaltender Bewusstlosigkeit geführt. Selbstständig bewegen konnte sich die 85jährige nicht mehr, doch Kreislauf und Atmung funktionierten weiterhin. Über eine Magen-Sonde wurde die Rentnerin ernährt. Weder das Pflegeteam noch die Verwandten nahmen bei ihr Anzeichen eines Kommunikationsversuchs wahr.

Ob die Patientin ihren Zustand selbst als leidvoll erlebte oder Schmerzen hatte, war aus medizinischer Sicht nicht einwandfrei festzustellen. Einem fachärztlichen Gutachten zufolge hatte sie eine derart schwere Hirnschädigung davongetragen, dass eine »relevante Besserung«, die von den Medizinern mit der Wiedererlangung des Bewusstseins und der Chance auf ein selbstständiges Leben gleichgesetzt wurde, nicht mehr zu erwarten war. (2)

Im März 1998 beantragte die Tochter der Patientin beim Vormundschaftsgericht den Abbruch der künstlichen Ernährung. Vor Jahren, argumentierte die 62jährige, habe sich ihre Mutter gegen ein langes Sterben und künstliche Lebensverlängerung ausgesprochen. Amts- und Landgericht wiesen den Antrag zurück. Vor dem Frankfurter Oberlandesgericht focht sie daraufhin den Beschluss des Landgerichts an - mit Erfolg. Die Behandlung der Koma-Patientin, entschied das Gericht, dürfe abgebrochen werden, weil dies ihrem »wenigstens mutmaßlichen Willen« entspreche.

Zur juristischen Absicherung dieser hochproblematischen Annahme lasen die Frankfurter Richter in den Paragrafen 1904 BGB, der bei riskanten Operationen die gerichtlich genehmigte Einwilligung des Betreuers vorsieht, eine Regelung für die Sterbehilfe hinein. Genauso wie im Fall lebenserhaltender Maßnahmen, bestimmte das Gericht, könne auch beim Behandlungsabbruch verfahren werden. Der Antrag der Tochter eigne sich darum für eine analoge Anwendung des Paragrafen.

Die Richter hatten die Sterbehilfe auf diese Weise in eine Heilbehandlung verwandelt. Die Herbeiführung des Todes, zuvor als unbeabsichtigte Nebenfolge bei einer lebensrettenden Operation notgedrungen akzeptiert, muss demnach fortan als integraler Bestandteil ärztlicher Behandlungskunst gelten.

Und auch das zeigt der Fall dieser Patientin: Ob die Betroffenen im Sterben liegen, Schmerz empfinden oder auf andere Weise unter ihrem Zustand leiden, spielt dabei noch nicht mal eine Rolle. Ein zuvor als Betreuer bestellter Angehöriger muss lediglich dem Vormundschaftsrichter den Sterbewunsch des Patienten glaubhaft machen können - dann dürfte künftig das Klinikpersonal einen bewusstlosen Menschen, der künstlich ernährt wird, aber lebensfähig ist, mit der Entfernung der Magensonde buchstäblich verhungern lassen. Eine logisch wasserdichte Legitimation der Patienten-Tötung haben deutsche Bioethiker bereits erarbeitet.

Koma-Patienten - Fälle für den Todes-TED

Norbert Hoerster z.B., Rechtsphilosoph aus Mainz. In enger Anlehnung an Argumentationsmuster, die - systematischer als Hoerster - Reinhard Merkel zuvor in der renommierten Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft vorgestellt hat, votiert er für die Freigabe der Euthanasie. (3) Beide Bioethiker gehen davon aus, dass eine aktive Tötung des Patienten immer dann legitim ist, wenn sie dem authentischen Willen des Betroffenen entspricht. Das heißt: Der Wunsch nach Sterbehilfe muss, so Hoerster, »freier und reiflicher Überlegung« entstammen und vor allem: Der oder die Betroffene muss sich »in einem Zustand schweren, unheilbaren Leidens« befinden.

Die Vermutung, der Gummibegriff des »schweren Leidens« lasse sich mühelos auch auf lebenslängliche Behinderung ausdehnen, bestätigt Hoerster selbst: »Auch ein Leben, das nicht von Schmerzen heimgesucht ist oder dessen Schmerzen sich weitgehend beheben lassen, kann für einen Menschen, der in irgendeiner Form einem schweren, unheilbaren Leiden unterliegt, in seiner Gesamtheit als nicht mehr lebenswert empfunden und betrachtet werden.«

Brauchen nun aber ausgerechnet jene Menschen, die - bar jeden »Lebenswerts« - keinen erkennbaren Wunsch mehr äußern können, die »Hilfe zum Sterben« nicht am nötigsten? Den rhetorischen Steilpass lässt Hoerster nicht ungenutzt: Angenommen, der Patient war sein ganzes Leben schwer und unheilbar geisteskrank. Jetzt ist er außerdem unheilbar an einer Form von Krebs erkrankt.

Muss man hier, fragt Hoerster, nicht zwingend von einem impliziten Wunsch nach aktiver Sterbehilfe ausgehen? Für diese und ähnliche Fälle zaubert der praktische Ethiker die Allzweckwaffe der »mutmaßlichen Einwilligung« aus dem Zylinder. Das heißt: Angehörige und Ärzte machen unter sich aus, wie der Patient in der speziellen Situation wohl für sich entschieden hätte. Frühere Äußerungen, seine Lebenseinstellung oder am besten: ein Patienten-Testament sollen entscheidungsrelevante Orientierungspunkte sein.

Ob ein solches Testament, abgefasst in besseren Tagen oder in diffuser Angst vor dem geistigen und körperlichen Verfall, in jedem Fall aber ohne Wissen um die Art und Bedrohlichkeit einer zukünftigen schweren Beeinträchtigung, eine echte Entscheidungshilfe für Ärzte in der klinischen Praxis sein kann, ist sehr fraglich. Wohin die juristische Berücksichtigung aller möglichen Äußerungen führt, die Koma-Patienten früher einmal in lustiger Runde, vor dem Fernseher oder im Gespräch mit der Familie getan haben, hat das Frankfurter OLG-Urteil von 1998 deutlich demonstriert.

Offensiver als Hoerster geht Merkel das Problem an, wie die Interessen aktuell entscheidungsunfähiger Patienten zu verrechnen seien. Die verzweifelten Rekonstruktionsversuche eines möglichst authentischen Eigenwillens des Betroffenen wertet Merkel als feige Vermeidungsstrategie. Die Entscheidung über Leben und Tod dürfe nicht von der Spekulation darüber abhängen, ob der Patient sie vielleicht irgendwann einmal selbst getroffen habe. Vielmehr müssten Ärzte, Juristen und Ethiker stellvertretend entscheiden.

Bei Apallikern könne es nur um »die Wahrnehmung der objektiv wirklichen Interessen« durch die Experten gehen - und auf nichts anderes läuft ja auch Hoersters detektivische Recherche nach verwertbaren Indizien hinaus. Wer nämlich schlussfolgerte, er/sie sei gegen Sterbehilfe durch die aktive Vermeidung derart heikler Themen im Bekanntenkreis lebensversichert, liegt daneben. Diese Menschen sind ein klarer Fall für den Todes-Ted.

Man müsse nämlich, bestimmt Hoerster, »von einer mutmaßlichen Einwilligung des Patienten A auch dann ausgehen, wenn praktisch jedermann (die überwältigende Mehrheit), sofern in die Situation des A versetzt, für seine Person in die betreffende Behandlungsmaßnahme ausdrücklich einwilligen würde«. Ob aber praktisch jedermann einwilligen würde, will der Bioethiker - sollten Zweifel daran bestehen - z.B. durch Befragungen ermitteln. Solche Befragungen erweisen sich natürlich auch für die Freigabe der Sterbehilfe bei bewusstlosen Patienten als äußerst praktikabel: Sofern »bei einer repräsentativen Befragung eine Mehrheit von Personen im urteilsfähigen Zustand eine solche Behandlung ausdrücklich ablehnt«, ist sie illegitim - legitim ist für diese Philosophie, die das Quiz zur profunden Erkenntnistheorie werden lässt, dann nurmehr die Euthanasie-Behandlung.

Bioethik - die Verherrlichung des gesunden Menschenverstands

Den Wertekanon des »Normal-Patienten« oder »Durchschnittsbürgers« handelt diese Ethik unbesehen als patenten Ersatz für die traditionelle Wertemoral. Obwohl die liberalen Bioethiker - in Abgrenzung zu Theorie und Praxis der NS-Euthanasie - allen Nachdruck auf die Anerkennung des individuellen Willens legen, kann es im klinischen Alltag schlicht nur noch um die Rekonstruktion des Patienten-Interesses von außen gehen. Die Komatösen hängen gewissermaßen am Tropf der mehrheitlich geteilten Normen und Werte.

Damit dringt die Bioethik praktisch - in der Absicht, autoritär verkrustete Verhältnisse zu normalisieren - auf die Durchsetzung einer Normalität, in der der/die Einzelne zur gesellschaftlichen Verfügungsmasse wird. Und damit stellt sich eine Affinität zwischen der fundamentalistischen Dogmatik, die sich auf spirituelle Gewissheiten stützt, und einer analytischen Ethik her, die ihre Normenbegründung an den »Durchschnittsbürger« delegiert.

1969 notierten Horkheimer und Adorno im Vorwort zur Neuausgabe der »Dialektik der Aufklärung«, die sie 25 Jahre zuvor geschrieben hatten: »Die Prognose des (...) Umschlags von Aufklärung in Positivismus, den Mythos dessen, was der Fall ist, schließlich die Identität von Intelligenz und Geistfeindschaft hat überwältigend sich bestätigt.« (4)

Inzwischen ist der wissenschaftliche Positivismus in Gestalt der Bioethik wirkmächtiger denn je. Dieser Positivismus, der das für wahr und richtig erklärt, was nur weit genug verbreitet ist und darum den herrschenden moralischen Konsens als gottgleichen Gesetzgeber akzeptiert, ist zur realen Bedrohung geworden. Unter dem Zwang der Heteronomie muss das Drängen auf selbstbestimmtes Sterben, das die Frage nach den Grenzen selbstbestimmten Lebens nicht aufnimmt, als Gefahr für all jene begriffen werden, die im liberalen Begriff des Menschen (»Person«) nicht aufgehoben sind. Die Liberalen mögen sich an die Schimäre eines authentischen Einzelwillens klammern; doch noch jeder Arzt, der einen Patienten tötet, jeder Jurist, der diese Tat legitimiert, muss sich dessen Kriterien des »unwerten« Lebens zu Eigen gemacht haben.

Die gefürchtete »Lebenswert»-Berechnung bildet daher das unverzichtbare Herzstück der gegenwärtigen Debatte. Die findet ihren Ausgangspunkt, wie das Beispiel der Koma-Patienten zeigt, in der Frage, welche Formen von menschlichem Leben als moralisch bedeutsames Gut angesehen werden können. Die christliche Wertlehre, die die Unantastbarkeit allen Lebens dogmatisch voraussetzt, biete nach allgemeiner Überzeugung hierfür keine verlässliche Orientierung mehr.

Denn niemand, stellen die Bioethiker mit Blick auf die politische Praxis der Abtreibung fest, akzeptiere deren reale Konsequenzen in Lebensfragen. In liberalen, pluralistischen Gesellschaften könne nur das Individuum selbst seinem Leben einen Wert zuschreiben, alles andere sei schlichtweg Paternalismus, eine unzumutbare Bevormundung für moderne individualisierte Hedonisten. Der Patient auf der Intensivstation muss also ein nachvollziehbares Interesse an seinem (Weiter-) Leben haben - zumindest potenziell. Zur Abschätzung eines objektiv vorliegenden Lebenssinns kommt nun das so lebensnahe Konstrukt eines Lebens- bzw. Sterbeinteresses als quasi-mathematische Formel zur Anwendung.

Mit dem Bilanzierungskonstrukt des Interesses verwandelt sich das universelle Lebensrecht in ein Nachfrageprodukt: Das Lebensrecht wird nicht mehr qua Gattung automatisch »erteilt«, sondern kraft unablässig geäußerter Lebensfreude individuell erworben. Auf der inhaltlichen Ebene scheint unter dem Bruchstrich dieser Lebenswert-Arithmetik die Norm auf, die die ganze Operation überhaupt nur angeleitet hatte: Ein Mindestmaß an Autonomie bzw. die Chance auf ein bewusstes Leben sind die entscheidenden Anforderungen, denen Apalliker oder behinderte Neugeborene diagnostisch genügen müssen, damit diese Patienten überhaupt in moralisch vertretbarer Weise am Leben erhalten werden können. Andernfalls sind sie der Verfügungsgewalt von Ärzten und Angehörigen anheim gegeben.

Diese Sortierung und Hierarchisierung der Menschheit erweist sich inhaltlich als eine neue Eugenik, die sich nicht der Verbesserung der »Rasse« sondern des Individuums verschreibt, die humanitär, nicht totalitär auftritt und individuell, nicht staatlich exekutiert wird. Die neue Eugenik entspringt einer Fit & Fun-Philosophie, die in dem US-amerikanischen Bioethiker Ronald Dworkin einen brillanten Exponenten hat: Essen, sporteln, ins Kino gehen, intensiv arbeiten - das sind für ihn die Inhalte eines genussvollen Lebens: »(...) solche Vergnügungen sind ein unerlässlicher Bestandteil eines lebenswerten Lebens - ein Leben, das gar nichts enthielte, was sich einfach wunderbar anfühlt, wäre kein Leben, sondern widernatürlich.« (5)

Schnell regte sich in Teilen der Behinderten-Bewegung der Verdacht, in der Debatte um Euthanasie konstituiere sich ein (eugenischer) Rassismus. Dieser Streit um Bioethik und Rassismus hat sich am stärksten an der Person Peter Singers entzündet.

Peter Singer - ein Rassist?

Kein Bioethiker hat die internationale Debatte über Euthanasie so geprägt und dabei so polarisiert und provoziert wie Peter Singer mit seiner »Praktischen Ethik«, die 1979 im englischen Original erschien. Darin legt er fest, dass nur »Personen«, d.h. Menschen mit einem Mindestmaß an Rationalität, ein Lebensrecht besitzen können. Schließlich müsse dieses Recht mit der Artikulation eines Lebensinteresses, also eines zukunftsbezogenen Wunsches, erworben werden. Der wiederum wurzele in bestimmten kognitiven Fähigkeiten, die kein Neugeborenes habe. Dessen Überleben hänge damit von der Entscheidung der Eltern ab. Sie sollen sich nach Singer an der Frage orientieren, ob es sich im vorliegenden Fall um ein »lebenswertes Leben« handelt. Die Kriterien für die Zuerkennung dieses Qualitätssiegels modellieren sich wiederum entlang des »Person»-Konstrukts.

Nun mag angesichts der Intellektualität, mit der die Bioethiker behinderte Säuglinge und Koma-Patienten aus dem Schutzbereich des Lebensrechts hinauskomplimentieren, der Vorwurf des Rassismus reichlich überzogen erscheinen. Die politischen Präferenzen der Bioethiker (Singer kandidierte für die Grünen), ihre Berufung auf universelle Werte, nicht zuletzt Singers explizite Abgrenzung von Rassismus, Sexismus und Speziesismus (6) - all das mag auf den ersten Blick eine Diskussion über rassistische Denkformen in der Euthanasie-Debatte wenig fruchtbar erscheinen lassen. Und doch haben, seit es die Debatte gibt, genau diesen Verdacht Exponenten der Behinderten-Bewegung und jene Kreise, die ihr solidarisch verbunden sind, geäußert.

Die Aufgabe der Bioethik ist es, schreibt Udo Sierck, den unteilbaren Wert des Menschen im »wissenschaftlichen Diskurs aufzulösen«. Ihre »Schlagkraft« beziehe diese Doktrin aus einer »eugenischen und neorassistischen Struktur«. (7) Konkret auf das zentrale bioethische Selektionskriterium bezogen merkt der Behinderten-Pädagoge Hansjosef Buchkremer an: »Letztlich lässt sich der Personifizismus in die Riege von Rassismus, Sexismus, Speziesismus stellen, die jeweils an akzidentiellen Eigenschaften von Gruppen existenzielle Privilegien festmachen wollen.« (8)

Franz Christoph, Mitbegründer der Krüppel-Bewegung und einer ihrer schillerndsten Repräsentanten, spitzte den Vorwurf des Rassismus schon früh auf seinen impliziten faschistischen Gehalt zu. Im Juni 1989, kurz nach den geplatzten Singer-Auftritten in Marburg und Dortmund, bewertete er im Spiegel die Thesen des profilierten Bioethikers schlicht als »Aufruf zum Mord«. Nur die Tatsache, dass in der Euthanasie-Debatte nicht das Lebensrecht von Frauen oder Ausländern verhandelt werde, sondern eben dasjenige von Behinderten, mache solcherart »faschistisches Gedankengut« öffentlich diskutabel.

Zur gleichen Zeit hielt Siegfried Jäger in einer Reaktion auf die sich an den Universitäten belebende Euthanasie-Diskussion unter dem Titel »Modernisierer nazistischer Vernichtungspolitik« fest: »Trotz gegenteiliger Beteuerungen ist Singer ein Rassist. (...) Eine unkritische Befassung mit den Ansichten Singers bedeutet, sich selbst zu Rassismus und Euthanasie zu bekennen. Und dies bedeutet, rechtsextremen Ideologemen der Gegenwart Vorschub zu leisten.« (9)

Den Verdacht, Sterbehilfe-Ethik sei Rassismus - wenn nicht gar Faschismus - in neuem Gewande, gab es also früh. Doch die pragmatische und so ganz und gar visionslose Bioethik mit dem Rassismus analytisch zusammengeschnürt: das klingt immer noch ungewohnt, wenn nicht gar nach einem theoretischen Taschenspieler-Trick. Dies mag auch daran liegen, dass das Phänomen des Rassismus heute übersichtlich und scheinbar fertig zubereitet auf dreierlei Weise präsentiert wird: Einmal in der Analyse des eliminatorischen Rassismus bzw. Antisemitismus der Nazis; zweitens - unter dem Etikett der »Ausländerfeindlichkeit« - als relativ stabiler Alltagsrassismus in den westlichen Industrieländern der Nachkriegszeit.

Und drittens in der historisch orientierten Rekonstruktion eines wissenschaftlichen Rassismus, wie er sich fachübergreifend in der Anthropologie, der Humanbiologie und Kriminologie oder eben der Eugenik konstituierte. Das heißt: Die Modernisierung des (bio-) wissenschaftlichen Rassismus ist bisher kein wissenschaftliches Thema. Die Bioethik wird unbesehen unter »Philosophie, praktisch, liberal« abgeheftet.

Blendet da wieder einmal der Glanz der professionalisierten Wissenschaft samt ihren Theoriepalästen, gebaut aus hochkomplexer Logik und einwandfreier Methodik? Oder gilt es im akademischen Betrieb immer noch als Ausweis guter Manieren, mit den ideologiekritischen Aufräumarbeiten erst dann zu beginnen, wenn die KollegInnen ihre Untersuchungsobjekte fix und fertig geforscht haben?

Rassismus als Ideologie

Wer den Begriff des Rassismus für die Analyse der Euthanasie-Debatte nutzbar zu machen versucht, steht vor einem grundlegenden Problem. Denn heute herrscht selbst unter Antirassisten keineswegs Einigkeit über den analytischen Nutzen des Begriffs. Ein prominenter, auch von Linken vorgetragener Einwand gegen »Rassismus« macht etymologische Gründe geltend. Weil Rassismus vom - auch wissenschaftlich unseriösen - Terminus »Rasse« sich ableite, müsse der Bedingungszusammenhang, der die Fiktion einer biologischen »Rasse« stützt, durch dessen Ersetzung zerrissen werden. (10) Wollte man denn die Existenz von »Rassen« durch sein analytisches Instrumentarium bestätigen?

Philip Cohen hat klargestellt, dass der als notwendig angenommene Zusammenhang zwischen »Rasse« und Rassismus nicht existiert. »Rasse ist das Objekt des rassistischen Diskurses, außerhalb dessen sie keine Bedeutung besitzt; sie ist ein ideologisches Konstrukt und keine empirische Gesellschaftskategorie.« (11)

Diese Perspektive verrät den Gang sozialwissenschaftlichen Fortschritts. Während man unter Rassismus zunächst eine gesellschaftliche Praxis ächtete, sich in der Kritik an seinem ideologischen Gehalt aber darauf beschränkte, per Methodologie und Empirie wissenschaftliche Rassenlehren als fehlerhaft zu enttarnen, erscheint nun »Rasse« als begriffliche Fixierung gesellschaftlicher Wahrnehmungsprozesse und Ausgangspunkt für rassistisches Denken und Handeln. Verschwunden sein mag heute also das Wort, nicht aber der Sinngehalt von »Rasse«.

Die wegen ihrer »explosiven Aufladung« einem gewissen Tabuisierungsdruck unterliegende »Rasse« kann aus ihrem angestammten Platz »auswandern« und sich in anderen Diskursen festsetzen. Tatsächlich ist der Begriff aus dem Bereich, dem er sein Profil verdankt, weitgehend verschwunden. Die Naturwissenschaften haben den Begriff verabschiedet, freilich eher aus praktischen Gründen. (12) Auch politische Gruppen und Parteien, die weiterhin rassistisch argumentieren, können einen offenen Bezug auf das alte Signalwort vermeiden.

Das Wort verschwindet, die Bedeutung bleibt, die Inhalte verlagern sich. So unterschiedlich die Konzeptionen sein mögen, stets ist der Rassismus als konkrete Form der »szientistisch-naturalistischen Ideologie« (Guillaumin) auf seinen Katalysator, die »Rasse«, verwiesen.

Daher steht in wichtigen neueren Untersuchungen zum Thema die Desartikulation von »Rasse« und ihre Rekonstruktion als ein ideologisches Konstrukt im Mittelpunkt, das gesellschaftliche Ein- bzw. Ausschluss-Modi organisiert. So kann die von der alten Rassismus-Literatur - aus dem sozialen Kontext heraus - extrapolierte Verallgemeinerung, dass nur da Rassismus drin sein könne, wo auch »Rasse« draufstehe, ihrer nur scheinbar zwingenden Notwendigkeit entkleidet werden. Der Vorteil der konstruktivistischen Methode besteht nun darin, wegen einer exakten Begriffsarbeit »Rassismus« einerseits nicht auf rassistische Aggression einzugrenzen und auch nicht an ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild zu fixieren.

Robert Miles begreift Rassismus als eine Ideologie im weitesten Sinne, d.h. Gegenstand seiner Analyse sind naturalisierende Diskurse über Menschen und ihre sozialen Beziehungen. (13) Rassismus lässt sich somit als Plural begreifen, weil ihm zwar stets ein ideologischer Gehalt zu Grunde liegt, aber kein spezifischer. Ausdrücklich weist Miles darauf hin, dass sein Ansatz sich dem Ansinnen verdankt, den Rassismus-Begriff aus der Begrenzung auf die Ideologie der kolonialen Unterdrückung zu lösen, die einzig mit der Dichotomie von »Schwarz« und »Weiß« verbunden ist.

Damit wird auch die praktizistische Beschränkung des Begriffs vermieden, der die Vorstellung einer realen Existenz essenzieller Kollektive zu Grunde liegt, die den Rassismus logisch zu einem exklusiven Problem einer Gruppe, der »Weißen«, macht. Die Struktur dieser Diskurse charakterisiert er als Signifikationsprozess, der die Dimensionen der Homogenisierung (= Organisation von imaginären Kollektiven dergestalt, dass Individuen mit somatischen Erkennungscodes versehen werden, die sie schicksalhaft an ihre Zugehörigkeit binden), der Naturalisierung und Hierarchisierung (explizite Abwertung bzw. Imagination einer Bedrohung durch den Anderen) umfasst.

Mit diesen drei Dimensionen sind - in aller Kürze - die definierenden Eigenschaften eines rassistischen Diskurses benannt. Eine solche ideologietheoretische Orientierung, die den aktiven Prozess der Bedeutungsaufladung betont, gibt den Blick frei auf ideologische Formationen, die vormals nicht systematisch mit Rassismus in Zusammenhang gebracht werden konnten. Die spezifische Dynamik rassistischer Diskurse lässt sich gut anhand der Diskussionen um einen »differenziellen« oder Neo-Rassismus illustrieren.

Modernisierung des Rassismus

Das Konzept des Neo-Rassismus, das mit den Namen ihrer Kritiker Etienne Balibar und Pierre-André Taguieff verbunden ist, reflektiert die Modernisierungspotenziale, die im rassistischen Diskurs stecken. Im Zeitalter von Dezentralisierung und Individualisierung hat sich ein »Rasse»-Diskurs, der sich auf einen autoritären Dirigismus bezieht, überlebt. Der neue Diskurs will die Menschen als Mitglieder einer »Rasse« sich erfahren wissen, nicht vorrangig mit Hilfe wissenschaftlicher Leistungen (IQ-Forschung, vergleichende Anthropologie) als »Rasse« zurichten.

»Ideologisch gehört der gegenwärtige Rassismus in den Zusammenhang eines 'Rassismus ohne Rassen' (...). Eines Rassismus, dessen vorherrschendes Thema nicht mehr die biologische Vererbung, sondern die Unaufhebbarkeit der kulturellen Differenzen ist; eines Rassismus, der - jedenfalls auf den ersten Blick - nicht mehr die Überlegenheit bestimmter Gruppen oder Völker über andere postuliert, sondern sich darauf beschränkt, die Schädlichkeit jeder Grenzverwischung und die Unvereinbarkeit der Lebensweise und Traditionen zu behaupten.« (14)

Ohne den expliziten Rekurs auf körperliche Stigmata zu riskieren, gelingt im Neo-Rassismus die Reduktion des Individuums auf ein Exemplar einer höheren Entität auf Grund »geistig-seelischer« Unterschiede, deren Identifikation für die Intuition des Rassisten ohnehin verlässlicher sind als die Abgrenzungsbestimmungen durch die Biologie.

Mit dem »Rasse-Ersatz Kultur« ändert sich auch das Bedrohungsszenario. Weil ein glückliches, sinnerfülltes Leben zur Gänze von spezifischen Umwelt-Parametern abhängig wird, sind selbstständige und selbstgefährdende Eingriffe ins harmonische Arrangement - z.B. durch Migration - im Interesse der/des Betroffenen zu verhindern: eine Argumentationsfigur, die den Menschen dem fremden Wissen um sein Wohl ausliefert und insofern an die moderne Bioethik erinnert.

Die Sorge um die »Rassenreinheit« wird durch einen Humanismus des »kulturellen Artenschutzes« abgelöst, das Phantasma der »Entartung« durch die Warnung vor einem »Ethnozid«, und was als Verpflichtung gelebt werden soll, wird in Form von Berechtigungen verpackt. An Stelle eines Rassismus, der stets vor ungebändigter Aggression schnaubte, ist der neue Rassismus mit Empathie und Fürsorge getränkt, die er für seine Zwecke instrumentalisiert. Die bleierne Statik einer mit quasi naturwissenschaftlicher Präzision abgezirkelten »Rasse« verflüchtigt sich in einer Konstruktion, deren Grenzen offener, durchlässiger, diffuser sind.

Sie unterläuft eine der starren biologischen Kategorisierung vergleichbare Eindeutigkeit und erhöht die »Aufstiegschancen« der Ausgeschlossenen in der nach wie vor existierenden rassistischen Hierarchie. Der Rekurs auf Tradition, Mentalität oder - siehe Euthanasie-Debatte - lebensweltliche Produktivität verbindet die Selektion mit Parametern aus dem Alltagsleben.

Die Transformation der referenziellen Absicherung vom Bio-Labor auf die Ebene einer erfahrbaren und täglich gelebten Normalität ist die Voraussetzung der Akzeptanz für diesen modernisierten rassistischen Diskurs und - wie im Bereich der modernen Biopolitik - Bedingung für die Dezentralisierung und Entstaatlichung der Entscheidungsbefugnisse in der Praxis.

Euthanasie - ideologischer Klon des Rassismus

Diese reichlich kursorischen Anmerkungen zu Bioethik und Rassismus erlauben weniger ein rundes Fazit als eine vorläufige Bewertung des Vorwurfs, die Legitimation der Sterbehilfe trage die Konturen eines rassistischen Diskurses. Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass die neue Eugenik - wie sie sich in der Euthanasie-Debatte realisiert - nicht in der Wiederbelebung eines alten Biologismus erschöpft.

Die kognitive Wende der Eugenik, pointiert im Konzept der »Person«, zeitigt Modernisierungseffekte, die sie mit dem Neo-Rassismus in Berührung bringt. So lässt sich eine gewisse Diffusität und Variabilität der Gruppengrenzen konstatieren. Komplexe, geisteswissenschaftlich aufgeladene Selektionskriterien (Autonomie, Bewusstheit, Zukunftssinn), deren Operationalisierung aufwendig und spekulativ, wenn nicht gar unerwünscht ist, verhindern eine dem Biologismus vergleichbare Gruppenstatik. Die elterliche bzw. familiäre Intervention zu Gunsten der Weiterbehandlung des Patienten kann, eher als das bei der medizinischen Diagnose erwartbar ist, den philosophischen Objektivismus ein Stück weit unterlaufen.

Zweitens verhindert der Pragmatismus der Bioethiker, die nicht mehr im Dienst irgendeiner höheren, mystischen Entität sprechen, sondern im Auftrag des Lebens, einen strikten Determinismus, wie ihm die präfaschistische Eugenik frönte. Das heißt, die Berücksichtigung des Einzelfalls, so wie sie von der Bioethik heute gefordert wird, bewirkt eine tendenziell differenziertere Gewichtung der individuellen Fähigkeiten und Eigenarten.

Es fällt weiterhin auf, dass sich der warnende, prophetische Ton der traditionellen Eugenik zur Advokatenrede versüßt hat. Die Bioethiker, »Anwälte« des Anderen, verschaffen sich mit einer konsistenten und rationalen Philosophie das Recht, im Wissen um dessen Vorteil Notstandsmaßnahmen zu propagieren. Dieser »Rassismus für den Anderen«, in dem die definierende Mehrheit sich als die Menschheit begreift, äußert statt destruktiver Aggression aggressive Fürsorge.

Schließlich liegt allein durch seine Existenz eine akute Bedrohung für das Objekt des Wissens vor. Noch die im Vergleich zu einem »differenziellen Rassismus« schockierend offene Thematisierung einer wertmäßigen Hierarchie, die in einem gewissen Sinn auf die fortgeschrittene Normalisierung verweist, versteht sich als angemessene Radikalisierung des Hilferufs im Dienst der Opfer.

Der altruistische Gestus, die Abkehr von den Mythen, die Respektierung der Ambivalenz, der sublimierte Naturalismus - das sind die entscheidenden Indizien, die auf eine grundlegende Affinität der Euthanasie zu den Inhalten des Neo-Rassismus hinweisen.

Eingedenk der an Miles entwickelten Dimensionen des Rassismus und der eben kurz skizzierten Logik des Neo-Rassismus lassen sich die erwähnten Plädoyers für die Sterbehilfe als eine Art und Weise beschreiben, von einem bestimmten Rationalitätsanspruch abgeleitete Kriterien, die mit realen biologischen bzw. physiologisch erst noch genauer zu eruierenden Merkmalen korrelieren, zu notwendigen Bedingungen eines »echten, vollwertigen Menschseins« aufzubauen, die eine engere Definition der Menschheit erlauben.

Über die positive Bestimmung der »Person«, also des Interessen-Trägers bzw. des selbstbewusst und zielorientiert Handelnden wird die Gruppe der »Nicht-Personen«, der »vegetativen Existenzen«, abgegrenzt, aber nicht näher definiert. Ihre Abwertung funktioniert über die Zuschreibung einer Selbstgefährdung, d.h. das Leben dieser Gruppenmitglieder wird als Bedrohung nicht in erster Linie für Dritte, sondern für sie selbst gesehen.

Diese moderne Konkretisierung eines hierarchischen und selektionistischen Werte-Denkens ließe sich als »eugenischer Rassismus« bezeichnen. Ein Rassismus, der eine dem biowissenschaftlichen Bereich entstammende Variante eines neo-rassistischen Diskurses darstellt.

Was bringen nun diese Überlegungen zur Innovations- und Assimilationsfähigkeit rassistischer Diskurse für die Qualifizierung des Rassismus-Vorwurfs an die Adresse der Bioethik? Zunächst: Die neue Eugenik in dieser Form als einen Rassismus zu begreifen, hat - neben der begrifflichen Präzisierung - den Vorteil, im Fall des philosophischen Engagements für die Euthanasie nicht auf den psychologisierenden und generalisierenden Begriff der Behindertenfeindlichkeit verwiesen zu bleiben, der - ähnlich der »Ausländerfeindlichkeit« - die ideologischen Mechanismen gegenüber den realen Ausschließungspraxen gering wertet und - indem er ein konsistentes Einstellungsprofil unterstellt - die Beschuldigten nicht wirklich trifft.

Schließlich versichern die Bioethiker regelmäßig und glaubwürdig, Behinderten, die ihr Leben für »wert« befänden, sei jede nur mögliche Hilfestellung zu gewährleisten. Zweitens: Die liberalen Euthanasie-Befürworter pauschal als Rassisten zu bezeichnen, ist problematisch.

Doch wer Rassismus als Ideologie ernst nimmt, wird die strukturelle Wesensverwandtschaft bioethischer Argumentationsmuster zu anderen Diskursen registrieren müssen, bei deren spezifischer inhaltlicher Füllung die Anwendung des Rassismus-Begriffs längst allgemeiner Konsens ist.

Anmerkungen

(1) Unter »Wachkoma« bzw. »apallischem Syndrom« oder - eindeutig wertend - PVS (»persistent vegetative state«) wird ein Zustand des Bewusstseinsverlusts gefasst, dem der Ausfall der Großhirnrinde zu Grunde liegt. Ursachen dafür können Sauerstoffmangel, Hirnblutungen, Stoffwechselstörungen oder schwere äußere Verletzungen sein. Die Schlafphasen des Patienten werden von Wachphasen abgelöst, wo Reflexreaktionen wie Schlucken, Husten oder Würgen auftreten und die Augen geöffnet sind. Dieser Zustand kann vorübergehend oder von Dauer sein.

(2) Die folgenden Zitate und die juristische Begründung im Detail finden sich im Beschluss des Frankfurter Oberlandesgerichts vom 15. Juli 1998 (20 W 224/98).

(3) Die Zitate in diesem Abschnitt beziehen sich auf Norbert Hoerster: Sterbehilfe im säkularen Staat. Frankfurt/M. 1998, und Reinhard Merkel: »Tödlicher Behandlungsabbruch und mutmaßliche Einwilligung bei Patienten im apallischen Syndrom«, in: ZStW 3/1995.

(4) Max Horkheimer/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt/ M. 1988

(5) Ronald Dworkin: Die Grenzen des Lebens: Abtreibung, Euthanasie und persönliche Freiheit. Reinbek 1994, S. 278.

(6) Gegen die Exponenten des wissenschaftlichen Rassismus (Eysenck, Jensen), deren Forschungsprämissen und -intentionen er allerdings nicht kritisiert, bringt er sein Verständnis von Universalismus in Anschlag: Alle »Rassenforschung« könne den utilitaristischen Grundsatz der Gleichheit (= Gleichbehandlung aller Interessenträger) nicht aushebeln, weswegen das Bemühen um den Nachweis »rassisch« bedingter Differenzen praktisch folgenlos bleiben müsse, vgl. Peter Singer: Praktische Ethik. Stuttgart 1994, S. 48ff.

(7) Udo Sierck: Normalisierung von rechts. Biopolitik und »Neue Rechte«. Hamburg 1995, S. 79.

(8) Hansjosef Buchkremer: »Kurze Replik auf Anstötz«, in: Heilpädagogische Forschung, H. 3/1989, S. 146.

(9) Zit. n. Christoph Anstötz/Rainer Hegselmann/Hartmut Kliemt (Hg.): Peter Singer in Deutschland. Zur Gefährdung der Diskussionsfreiheit in der Wissenschaft. Frankfurt/M. 1995: 107f.

(10) So argumentiert z.B. Jan Philipp Reemtsma: »Die Falle des Antirassismus«, in: Uli Bielefeld (Hg.): Das Eigene und das Fremde. Neuer Rassismus in der Alten Welt? Hamburg 1991.

(11) Philip Cohen: »Gefährliche Erbschaften: Studien zur Entstehung einer multirassistischen Kultur in Großbritannien«, in: Annita Kalpaka/Nora Räthzel: Die Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein. Köln 1994.

(12) Die traditionelle Wissenschaftslogik wird davon in ihrem Wesen nicht berührt, wie aktuelle Debatten um die Systematik von genetischen Mustern in der Weltbevölkerung zeigen.

(13) Robert Miles: Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs. Hamburg 1989.

(14) Etienne Balibar: »Gibt es einen Neo-Rassismus?« in: ders./ Immanuel Wallerstein: Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten. Hamburg 1990, S. 28.