Videocassetten-Magazin Kanal B

Geschlossener Kanal

Kanal B heißt ein neues monatliches Magazin aus Berlin. Das ist erst einmal nichts sonderlich Aufregendes, denn in der Hauptstadt werden neue und neueste Magazine öfter lanciert, als der gemeine Deutsche sein Haustier füttert. Das Besondere dieses Magazins ist jedoch sein Format: Ab April wird Kanal B Monat für Monat als Videocassette erscheinen. Dieses Medium ist dem Gegenstand der Berichterstattung geschuldet, Kanal B versteht sich als ein lokales Trash-FilmerInnen-Magazin.

Die erste Nummer bzw. Cassette, die seit ein paar Tagen im anspruchsvolleren Berliner Buchhandel und an den Kassen von Independent-Kinos zu haben ist, zeigt zunächst nichts anderes als ein paar Albernheiten. Ein Mann wird als »Prominenter von morgen« vorgestellt - er sei der Erfinder der »Explosion Art«, deren Methodik es vorschreibe, auf Partys Möbelstücke in die Luft zu sprengen, und »das Ergebnis ist sehr sexy«. An anderer Stelle berichten verschiedene Berliner Männer, was ihr Mannsein ausmacht: »Hund sein können« nämlich. Dann folgen einige Kurzfilme von unbekannten Trash-Filmtalenten, deren bester, »Wintergarten«, wirklich unfassbar komisch ist. Und ein Wettbewerb in fieser Lache. Zusammengeklammert wird all das durch eine etwas unbeholfene Moderation auf einem Mietsbunker-Dach.

So weit, so ulkig. Doch was bis hierhin wie ein studentischer oder post-avantgardistischer Scherz klingt - oder wie beides -, ist gar keiner. Die organisatorische Struktur hinter Kanal B funktioniert tatsächlich. Die außerordentlich gut besuchte Release-Party wurde geschickt angekündigt, die Plakate waren über die gesamte Stadt verteilt, die Pressearbeit ist beeindruckend, der Vertrieb ist gut organisiert; und all das ist für Berliner Verhältnisse nicht normal. Kanal B scheint von Leuten gemacht zu werden, die es offensichtlich ernst meinen. Um die 5 000 Exemplare ihres Magazins sollen abgesetzt werden. »Dann könnten wir davon leben«, heißt es, denn die Macherinnen und Macher haben sich vom konventionellen Filmbusiness abgewandt, um nicht mehr länger an Produktionen beteiligt sein zu müssen, deren Inhalt und Arbeitsweise ihnen missfällt. Also muss ein eigenes Magazin her - Arbeitsbeschaffung als Arbeitsverweigerung.

Doch obwohl sich die erste Videocassette schon jetzt gut verkauft hat, rechnet sich das Unternehmen bislang kaum. Denn bislang hat das kleine Magazin nichts zu sagen, es ist pure Unterhaltung. Man kann sich allerdings nicht beschweren. Eine Kanal B-Cassette ist genauso teuer wie ein Glas Weizenbier, und mit knapp 20 Minuten Laufzeit hält sie auch genauso lang. Und vielleicht schaffen sie es ja doch, das Ziel zu erreichen, unter der Webadresse www.kanalb.de einen eigenen Webfernsehsender aufbauen zu können.