Zum Blauen Affen V

Futterbelohnung

Kämpfer gegen das Unrecht in dieser Welt habe ich gesucht. Eine sentimentale Angewohnheit. Diesmal im Telefonbuch. Schließlich wird sonst nur dafür gekämpft, dass bald nur noch sechs statt acht Atomkraftwerken in die Luft fliegen können. Immerhin gibt es das Komitee gegen Leinenzwang. Im Telefonbuch. Klingt nach Kader. Warum nicht auch gegen den Leinenzwang, wenn es mit Privatbesitz nicht klappt? Ich rief an und gratulierte zum Existieren. Frau Rottleb dankte und berief sich im Kampf gegen das Unrecht auf Frau Dr. Feddersen-Petersen vom Institut für Haustierkunde.

Tage später diktierte mir der Kader der Gesellschaft für artgemäße Hundehaltung (GAH) in den Briefkasten: »Heute sind große Teile der Bevölkerung hundefeindlich eingestellt. Schuld daran ist neben einer allgemeinen Entfremdung von der Natur eine extrem hundefeindliche Berichterstattung der Medien.« Eine Drohung? Ich sah die Verdammten dieser Erde ihre Leinen abwerfen und mich zerfleischen. Dann doch lieber ein Contra gegen die extrem hundefeindlichen Medienhetze. Ich berufe mich hier auf Frau Dr. Feddersen-Petersen und die GAH-Avantgarde.

Also los, kämpfen wir: »Das Problem der Hundefeindlichkeit ist nur dann in den Griff zu bekommen, wenn jeder Hundebesitzer sein Möglichstes tut, um seinen Hund zu einem gesellschaftsfähigen Zeitgenossen zu erziehen.« Auf, Genossen, zu den Welpenspieltagen! Hier wird der Genosse erst zum Genossen: »Hauptanliegen dieses Kurses ist es, den Welpen Kontakt zu gleichaltrigen Artgenossen zu ermöglichen. Dieser ist für Welpen unbedingt notwendig, um ein intaktes Sozialverhalten andern Hunden gegenüber zu bekommen.«

Sehr richtig. Und damit sie sich nicht langweilen, wenn sie das gelernt haben, gibt es den Kurs »Beschäftigung mit dem Hund«. Da wird »nicht nur der Hund geistig gefordert. Hier geht es um die Freizeitgestaltung mit dem Hund, die vor allem Hund und Besitzer Spaß machen soll.«

Für mein gutes Gewissen im Kampf gegen die Ungerechtigkeit mache ich hier noch darauf aufmerksam, dass »Hunde so lernen wie alle anderen Säugetiere auch. Wir bitten sie daher, zu jeder Unterrichtsstunde ausreichend Futterbelohnung für den Hund mitzubringen. Es ist sehr wichtig, dass Ihr Hund dieses Futter gerne mag. Probieren sie es mit kleinen Käsestückchen, Wursträdchen oder klein geschnittenen Wiener Würstchen.«

Gerade jetzt, wo ich was gegen die Ungerechtigkeit tue, plärrt und schreit und stört das Kind von nebenan. Schade, dass es kaum Kindergartenplätze in diesem Land der Welpenspieltage gibt. Vielleicht spendiere ich dem Blag mal einen Tag bei den Hunden. Wohlmöglich wird es da zerfleischt. Dann habe ich mehr Muße für den Kampf gegen das Kleinschneiden der Wiener Würstchen.