Arbeitskonflikte bei Adidas

Not Made in Germany

Kurz vor der Fußball-EM versucht sich die deutsche Firma Adidas durch Kontrolle der Arbeitsbedingungen in ihren internationalen Zuliefererbetrieben ein besseres Image zu verschaffen.

Fußball-Europameisterschaft - für den Sportartikelhersteller Adidas ist das die schönste Zeit des Jahres. Und doch läuft zur Zeit für die Firma mit Stammsitz in Deutschland nicht alles gut: Kurz vor der Eröffnung der EM werden am 3. Juni in der Kampagne für saubere Kleidung (KSK) organisierte Gruppen vor der Unternehmenszentrale in Herzogenaurach demonstrieren und zuvor gesammelte Sportschuhe zurückgeben. Anschließend geht es weiter zu der ebenfalls in der fränkischen Kleinstadt ansässigen Firma Puma.

Beide Unternehmen haben, wie viele andere auch, einen Großteil ihrer Produktionsstätten in den nahen und fernen Osten, nach Osteuropa oder Lateinamerika verlagert. Für Minimallöhne zwischen drei (China) und zehn (Mittelamerika) Mark am Tag werden dort in so genannten Schwitzbuden oder auch Maquilas (Mühlen) Sportartikel gefertigt.

Angesiedelt sind die Betriebe in Freihandelszonen, dort können sie ohne Steuerabgaben günstig produzieren. Gewerkschaften und Arbeitsrechte sind in diesen Produktionszonen Fremdwörter. Das betrifft vor allem die zumeist jungen Frauen, die dort als Näherinnen arbeiten. Frauen- und Menschenrechtorganisationen dokumentieren seit Jahren zahlreiche Bedrohungen, sexuelle Übergriffe und Schwangerschaftszwangstests. Wer sich wehrt, wird rasch gefeuert und findet sich anschließend auf einer Schwarzen Liste wieder.

Als es vor einigen Jahren zu einem Todesfall in der Maquila Mandarin (El Salvador) kam, wurden weltweit von Solidaritätsgruppen wie der KSK Boykott-Aktionen gegen den Mutterkonzern GAP in den USA durchgeführt. Erstmals und nach langen zähen Verhandlungen kam es im Anschluss zu einem Abkommen, das ein unabhängiges Monitoring bei Mandarin zur Folge hatte. Das bedeutet, dass einer BeobachterInnenorganisation freier Zugang ermöglicht wurde, um die Arbeitsbedingungen zu überprüfen, die ArbeiterInnen zu befragen und Verbesserungen mit den Besitzern auszuhandeln.

Als letzter der großen Sportartikelhersteller wollte vor den diesjährigen großen Sportevents Olympiade und Fußball-EM nun auch Adidas einigermaßen sozialverträgliche Arbeitbedingungen bei seinen rund 10 000 Zulieferfirmen einführen. Der Druck auf die deutsche Firma hatte nach einem vor zwei Jahren mit versteckter Kamera gedrehten TV-Bericht für das Magazin »Monitor« in der Adidas-Maquila Formosa (El Salvador) ständig zugenommen.

Da zudem die Weltfußball-Organisation Fifa für ihre Lizenzvergaben recht strenge Regeln aufgestellt hatte, wollte sich Adidas nun »freiwillig« einen Verhaltenskodex für die Maquilas geben. Der Konkurrenzdruck auf dem US-Markt scheint ein weiterer Auslöser für die Konzernleitung gewesen zu sein, um sich rechtzeitig gegen Kritik und mögliche Marktnachteile zu wappnen. Schließlich haben sich auch große US-Firmen wie Nike auf eine Regelung verpflichten lassen.

Es musste also gehandelt werden bei Adidas. Ein eigenes Überprüfungssystem wurde entwickelt, das nach Konzern-Aussagen »das beste der Welt« sei und für alle Adidas-Betriebe von Mittelamerika über Indonesien, China bis nach Bulgarien gelten sollte. Seit März 1999 wurde auch über die Einführung eines unabhängigen Monitorings zwischen der KSK und Adidas verhandelt. Dabei ging es auch um die Beteiligung der Grupo de Monitoreo Independiente (Gmies), die bereits im Fall Mandarin/GAP erfogreich mitgearbeitet hatte.

Doch bei einem Treffen kam weder das Dreiecksabkommen noch ein bilaterales zwischen KSK und Adidas zu Stande. Denn Adidas wollte Gmies verpflichten, sich im Rahmen einer Fortbildung dem US-Monitoringstandard anzupassen. Die Monitoring-Organisation stimmte nicht zu, und stellte Gegenforderungen, die wiederum von Adidas abgelehnt wurden: So gab es Differenzen bei der Anzahl der zu befragenden Arbeiterinnen und um einen Vertrauensbriefkasten, der von Gmies bei Formosa aufgehängt werden sollte. Adidas sah dafür keinen Anlass.

Adidas machte sich nun bei seinen Zulieferbetrieben sachkundig. Und die wollten auf keinen Fall Gmies-Mitarbeiter in ihren Betrieben dulden, da man eine Zunahme der gewerkschaftlichen Organisierung befürchtete. Wie Gmies-Mitarbeiterinnen berichteten, soll der Besitzer des Adidas-Betriebs in Formosa gesagt haben, »er wolle keine Kommunisten im Betrieb«. Viele der Maquila-Besitzer sind ehemalige Militärs oder Mitglieder der rechten Regierungspartei Arena, die in den achtziger Jahren für zahlreiche extralegale Hinrichtungen und die Finanzierung von paramilitärischen Todesschwadronen mitverantwortlich war.

Um sich nicht völlig die Blöße zu geben, setzt Adidas nun auf eine Untersuchung von außen: Die US-Gruppe Verité soll für einige Tage den Betrieb inspizieren und anschließend ihre Bericht an Adidas schicken. Gegenüber diesem Vorschlag sind aber sowohl die Arbeiterinnen als auch Gmies skeptisch. Bei einem externen Monitoring würden sich die Bedingungen meistens nur für zwei Wochen verbessern, danach sei alles wie zuvor.

Eine schöne Lösung für den Weltkonzern Adidas. Man könnte, was das Image angeht, mit dem ebenfalls in Formosa produzierenden Konkurrenten Nike gleichziehen. Und sollte das nicht klappen, lässt sich die Produktionsstätte ja immer noch verlegen. Wegen »Qualitätsmängeln bei der Fertigung«, wie es in anderen Fällen hieß. Nach Aussagen des Adidas-Pressesprechers Peter Csanadi wäre ein Wechsel zu einem anderen Zulieferer dem Unternehmen noch nicht einmal eine Presseerklärung wert. Zu einem anderen Fall erkärte er: »Ein ganz normaler Vorgang, bei uns ist dies der siebte oder achte Betrieb, den wir dieses Jahr wechseln.«

Zum Glück sind die bundesdeutschen Nationalkicker nicht auf die Serienproduktion angewiesen - sie haben eine Sonderausrüstung »Made in Germany«, die von den letzten 200 Adidas-Beschäftigten in Deutschland hergestellt werden.

Weiterführende Informationen unter:

www.cleanclothes.ch und www.saubere-kleidung.de