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Was tun? Eine große Frage von beinahe weltgeschichtlicher Bedeutung Bedeutung stellte sich der Jungle-Redeaktion am Freitag. Hoher Besuch hatte sich angekündigt: 25 Menschen aus Bayern wollten in die Berliner Medienlandschaft schnuppern - unter sachkundiger Betreuung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Und welches zukunftsträchtige Projekt hatten sie auserkoren? Der Leser wird es schon ahnen: die Jungle World.

Schon Tage vor dem entscheidenden Termin wurde aus den seriösesten Mitgliedern der Jungle eine dreiköpfige Emergency-Crew gebildet und ein Masterplan erstellt: zunächst eingehende Präsentation des Produkts, unter besonderer Berücksichtigung der hervorstechendsten Qualitäten wie strikte Ausgewogenheit der Berichterstattung, gediegene Aufmachung, vielhundertköpfiger Rechercheapparat, etc. Dann ein Spaziergang durch die ausgedehnten Hallen des Archivs. Zielvorgabe: 25 neue Abos.

Was aber, wenn Charme und sanfte Überzeugungskünste des Jungle-Teams allein nicht ausreichen, die begehrten Unterschriften unter den Aboformularen zu erlangen? Kein Problem: Da hilft ein Rückgriff auf die Methode, die sich bei der Anwerbung von Fremdenlegionären und Söldnern bewährt hat - die freundliche Bewirtung. Ab fünf Promille ist die geistige Widerstandskraft doch ganz entscheidend geschwächt.

Es sollte anders kommen. Mit einer Stunde Verspätung eingetroffen, randalierte ein wüster Haufen in die Redaktion - narbige, von unzähligen Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt gezeichnete Gesichter, harte, zupackende Hände, verwegene Hüte, Patronengurte um den Leib. Der Subcomandante der Truppe erklärte, einige hätten in jahrelanger subversiver Arbeit die bayerischen Finanzbehörden infiltriert, um im entscheidenden Moment dem deutschen Schweinesystem den Gnadenstoß zu versetzen.

Verlegen schauten wir uns an - wie standen wir jetzt da, die Damen im kleinen Schwarzen, die Herren mit Anzug und Schlips? Ehe wir uns versahen, hatten unsere Gäste die Alkoholvorräte entdeckt und uns in ein wüstes Gelage verwickelt. Am nächsten Morgen erwachten wir unter dem Redaktionstisch - brummender Schädel, pelzige Zunge. Nur ein handgeschriebener Zettel erinnerte uns noch an die Ereignisse des Vortags: »Können wir die 25 Abos von der Steuer absetzen? Gebt uns Nachricht!«