Widerstand gegen Antennen

Strahlende Handy-Fans

Als Gott das Handy erfand, dachte er an die Italiener. Das telefonino ist nicht nur schick, es ist in Italien zu einem unverzichtbaren Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Im Land der Handy-Fanatiker gibt es mittlerweile beinahe dreißig Millionen Mobiltelefone - mehr als Festanschlüsse. Das Handygeschäft gehört zu den florierendsten Branchen des Landes. Um immer billigeren und besseren Service anbieten zu können, versuchen die mittlerweile vier italienischen Betreibergesellschaften, so viele Antennen wie möglich aufzustellen. Dabei gelten die elektromagnetischen Wellen als Verursacher von Tumoren. Doch die Forschungsergebnisse hierzu sind widersprüchlich - was das allgemeine Misstrauen nur verstärkt.

Ende der Neunziger erhoben sich erste Widerstände gegen die massenhafte Zunahme der Zahl der Antennen. In Rom protestierten 1997 die Eltern und Lehrer einer Grundschule, die von Antennen jeder Art umgeben ist, die ohne jede Genehmigung auf öffentlichem Boden stehen. Die Eltern und Lehrer gewannen alle Prozesse gegen die Betreiber der Antennen. Dennoch: Abgebaut wurde keine der Strahlenschleudern.

Viele der Antennen auf den Dächern von Wohnhäusern, Schulen und Krankenhäusern sind illegal. Aber wer sein Gebäude zur Verfügung stellt, bekommt bis zu 70 000 Mark im Jahr. Da drücken auch viele Kommunalverwaltungen und Gesundheitsbehörden beide Augen zu.

Immer häufiger demonstrieren Anwohner mit Sit-Ins gegen die Antennen. In anderen Fällen versuchen Stadtverwaltungen, die Baugenehmigungen zu verweigern oder zurückzuziehen. Oft ohne Erfolg: Die Telefongesellschaften, mit ihrem Gefolge von Anwälten und Experten, reagieren auf jeden Widerstand mit hohen Schadensersatzforderungen.

Der Protest gegen den Elektrosmog ist oft parteiübergreifend und führt zu ungewöhnlichen Koalitionen. Im Dezember erließ der damalige grüne Umweltminister Eduardo Ronchi eine Verordnung über die zulässige Höchstgrenze der elektromagnetischen Felder: Kontrollen oder Strafen bei Überschreitung sind jedoch fast keine vorgesehen. Tatsächlich erhält der den Grünen angegliederte Umweltschutzverband Legambiente kräftige finanzielle Unterstützung von der Telefongesellschaft Omnitel. Gemeinsam führt man Messungen durch und veröffentlicht Anzeigen. Andererseits stellte der Chef der rechten Alleanza Nazionale (AN), Gianfranco Fini, im römischen Stadtrat einen Antrag, durch den es praktisch unmöglich würde, Antennen in Rom aufzustellen. Auch bei anderen Gelegenheiten hat sich AN gegen das Antennen-Wild-West ausgesprochen. Ein Grund dafür ist wohl, dass sie von diesem Business ausgeschlossen ist: Die großen Telefongesellschaften unterstützen fast alle die Mitte-Links-Regierung.

Manchmal jedoch kann die Antennen-Flut verhindert werden, wie zum Beispiel in dem Dorf Genazzano bei Rom. Die Bürgermeisterin erklärte, rechtlich keine Mittel gegen die Errichtung von Antennen zu haben. Neun Tage lang blockierten darauf die Dorfbewohner die Antennen-Baustelle. Selbst der Lokalopposition blieb nichts anderes übrig, als sich den Massenprotesten anzuschließen. Und auf einmal ging das, was vorher angeblich unmöglich war: Die Baugenehmigung wurde aufgehoben. Unterdessen treffen sich die Bewohner von Genazzano weiterhin vor der Baustelle, dank der Antennen amüsiert man sich hier. Handys schaffen eben doch Kommunikation.