Veranstaltungen des neurechten Instituts für Staatspolitik

Heulende Heroen

Das neurechte Institut für Staatspolitik macht die Krise zum Thema ihrer Veranstaltungen und jammert über den Zeitgeist.

Dieter Stein, der Herausgeber der Jungen Freiheit, hat Erfahrung mit Krisen. Seit Jahren schon taumelt sein Wochenblatt von einer Krise in die nächste. Er hat auch Erfahrung mit Klageliedern. Regelmäßig singt er sie seinen Förderern vor, um ihnen zu erklären, dass er dringend Geld benötigt. Alles nur für die Sache, versteht sich.

Doch zur Zeit scheint Stein guten Mutes zu sein. Denn am 16. September findet in Berlin ein Kolloquium des Instituts für Staatspolitik statt, das an diesem Tag erstmals öffentlich auftreten will. Stein ist dort nicht nur als Mitveranstalter willkommen, sondern hat bereits die sichere Zusage, die Redebeiträge in seiner Edition Junge Freiheit als Buch veröffentlichen zu dürfen.

Einen der künftigen Autoren präsentierte er schon im letzten Jahr als Verfasser des ersten Bandes seiner Edition: Alain de Benoist mit seinem Buch »Aufstand der Kulturen«. Der Vordenker des neurechten Netzwerkes Grece ist zwar innerhalb der europäischen Neuen Rechten längst nicht mehr unumstritten, doch die Veranstalter verlassen sich darauf, dass sich die harsche Kritik an Benoist noch nicht in Deutschland herumgesprochen hat.

Denn der JF-Kolumnist Benoist wird dringend als Zugpferd für die Veranstaltung gebraucht. Dort soll er als Gegenpart zum JF-Autor Roland Baader auftreten, einem Industriemanager, dem jeglicher Eingriff des Staates in die Wirtschaft als Todsünde gilt. Im Vergleich zu Baader ist selbst der wirtschaftsliberale Theoretiker Wilhelm von Hayek ein reiner Etatist. Benoist aber kritisiert Hayek, der das »Gesetz des Dschungels« repräsentiere.

»Gemeinsamkeiten und Gegensätze zwischen Liberalen, Libertären, Konservativen und der Nouvelle Droite« ist das Rahmenthema des ersten »Berliner Kollegs«, bei dem sich Benoist und Baader streiten sollen. Die Rollenverteilung ist klar: Auf der einen Seite Baader, der die These vertritt, dass die »unsichtbare Hand« schon alles zum Besten regeln werde, wenn man nur dem Markt seinen Lauf lasse. Auf der anderen Benoist, der die »gesellschaftlichen Brüche« beklagt, die es nach dem Prinzip der Subsidiarität innerhalb der Gemeinschaften zu kitten gelte. In die zu erwartenden Klagelieder über die negativen Auswirkungen der Globalisierung wird wohl auch der dritte Diskutant einfallen, der niedersächsische Gymnasiallehrer Karlheinz Weißmann, der keine Gelegenheit auslässt, sich als Intellektueller zu präsentieren. Beim »Berliner Kolleg« dürfte er sich erneut an der nationalistischen Versöhnung unversöhnlicher Positionen versuchen.

Dort soll es auch keine konservativ-revolutionäre Theorie ohne ebensolche Praxis geben dürfen. Für dieses Thema ist der FPÖ-Professor Lothar Höbelt zuständig, der den versammelten Rechten vor Augen führen soll, dass Einigkeit stark macht. Als Beispiel dient Jörg Haider, der einen Erfolg errungen hat, dessen Ausbleiben die deutsche extreme Rechte seit Jahren bejammert. Zwar war Höbelt selbst vor Jahren als Mitglied der Programmkommission der FPÖ über Haiders Prinzipienlosigkeit betrübt, aber es gibt schließlich Wichtigeres als Prinzipientreue.

Bei der Veranstaltung fungiert die Junge Freiheit nicht nur als Mitveranstalterin; die Initiatoren und Diskutanten gehören ausnahmslos zum Autorenstamm der rechtsextremen Wochenzeitung. Dieter Stein und die Gründer des in Bad Vilbel ansässigen Instituts für Staatspolitik, Karlheinz Weißmann und Götz Kubitschek, entstammen zudem derselben Studentenverbindung - der deutschen Hochschulgilde, einer kleinen, aber einflussreichen völkischen Korporation, die enge Verbindungen zur Sudetendeutschen Landsmannschaft pflegt.

Als Vorbild dienen dem neurechten Institut die konservativ-revolutionären Denkzirkel der Weimarer Republik, die einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf das geistige Klima dieser Zeit hatten. Nach außen gibt das Institut sich zunächst einmal rein »metapolitisch«. Doch der geistige Vater Weißmann verbirgt nicht, dass es letztlich um pure Machtpolitik geht. Das erste Etappenziel ist die konservativ-revolutionäre Hegemonie innerhalb der Unionsparteien, das Endziel ist die gesellschaftliche Vorherrschaft.

Doch vorläufig scheinen die Verhältnisse eher Anlass zum Klagen zu bieten. Nicht nur, dass die eigenen Ziele noch in weiter Ferne liegen, nein, noch schlimmer sind die Krisen, die man überall ausgemacht haben will. So präsentieren sich die Männer vom Institut für Staatspolitik nicht, wie es ihnen ihre Ideologie eigentlich vorschreibt, als Heroen, sondern als Heulsusen, die am Zeitgeist verzweifeln.

»Krisen« sind dann auch Thema einer Sommeruniversität, die das Institut vom 17. bis zum 20. August in Thüringen veranstalten will. »Deutschland befindet sich in einer existenziellen Krise«, lautet der Befund. Denn: »Positives Nationalbewußtsein und der Glaube an die Zukunft der eigenen Nation wird jungen Menschen systematisch ausgetrieben.« Die Erziehung soll daran schuld sein und mit ihr die »Kulturrevolution von 1968«. So paart sich bei der Sommeruni die »Volkskrise« mit der »Krise der Geschlechter«, die »ökologische Krise« mit der »Krise des Menschenbildes«. Über »Nietzsches Krisen« referiert JF-Autor Baal Müller, der die »Dekadenz« des Fin de siècle anprangert. Und Weißmann will die zentrale Kategorie der »Dekadenz« behandeln.

Krisen über Krisen also; und weder Rettung noch Retter sind in Sicht. Es gibt nur Klagende, die Förderer suchen, und Möchtegern-Intellektuelle auf der Suche nach Posten und Einfluss. Die Konservative Revolution kehrt wieder - als Parodie ihrer selbst.