Zimbabwes Präsident enteignet Großgrundbesitzer

Umgesiedelte Reform

Zimbabwes Präsident Mugabe hält trotz zunehmenden Widerstandes an der Enteignung von Großgrundbesitz fest.

Früher muss alles besser gewesen sein in Zimbabwe. Diesen Eindruck gewinnt zumindest, wer auf die Agricultural Show geht, die zweitgrößte Messe des Landes. Ganze Hallen stehen leer, und auch auf dem Messegelände unter freiem Himmel sind viele Stände nicht belegt. Hatte die Veranstaltung in den letzten Jahren den Eindruck vermittelt, mit ihren antiquierten Ausstellungsständen, ihren Preisverleihungen für die stärksten Bullen und die schönsten Trophäen nicht mehr ganz dem Lauf der Zeit zu entsprechen, so spiegelt sie in diesem Jahr ganz hervorragend den elenden Stand der zimbabwischen Ökonomie.

40 Prozent der Export-Erlöse erwirtschaftet die Landwirtschaft, und in ihren Sonderbeilagen zur Messe beschwören die Zeitungen sie als Standbein der zimbabwischen Ökonomie. Doch die Entwicklungen der letzten Wochen gehen in eine andere Richtung.

Anfang August hatte die Ankündigung des Präsidenten Robert Mugabe, die Besetzungen von Farmen weißer Großgrundbesitzer würden bis Ende des Monats ein Ende finden, kurzfristig für Erleichterung gesorgt. 24 Stunden später stellte sich alles als Ablenkungsmanöver heraus: Offenbar war es Mugabe nur darum gegangen, den südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki zufrieden zu stellen, der während der Pressekonferenz neben ihm saß. Er sei falsch interpretiert worden, behauptete Mugabe, obwohl sein unmissverständliches Statement live übertragen worden war.

Noch in derselben Woche veröffentlichte eine Arbeitsgruppe von Mugabes Regierungspartei Zanu-PF ein Papier, in dem die Rede von 3 000 Farmen war, die enteignet werden sollten. Zu diesem Zeitpunkt waren genau 803 Latifundien zur Enteignung ausgeschrieben. Auf diese Farmen will Mugabes neu gewählte Regierung noch bis zum Beginn der Regenzeit im November bis zu 100 000 Menschen umsiedeln. Angesichts der Tatsache, dass auf den meisten der Farmanlagen grundlegende Infrastruktur wie Wasserversorgung, Läden, Schulen oder Krankenstationen fehlt und Mugabe mit internationaler Unterstützung nicht rechnen kann, ist dieser Plan entweder ein Ding der Unmöglichkeit oder eine beusste Provokation.

Mit der Besetzungskampagne ist es Mugabe zunächst gelungen, die Unruhen in Folge der wirtschaftlichen Krise populistisch zu wenden und gegen die zirka 4 500 weißen Großfarmer zu lenken, die rund 70 Prozent des erschlossenen Agrar-Landes besitzen. 15 000 Landarbeiter hat das überstürzte und unkoordinierte Umsiedlungsprogramm allein in diesem Jahr bereits arbeitslos gemacht, sagt Philipp Munyanyi, der Generalsekretär der Farmarbeiter-Gewerkschaft Gapwuz.

Das betrifft nicht die hundert Arbeiterinnen und Arbeiter, die auf der Protea-Farm, 70 Kilometer westlich der Provinzstadt Karoi, den Tabak der letzten Ernte sortieren. Am Eingang zum Farmgebäude stehen Wächter mit Flinten. Wenn die Rede auf die Besetzer kommt, die 500 Meter von seiner Farm ihre Zelte aufgeschlagen haben, spuckt Axel van Leenhoff, in kurzen Hosen und Kniestrümpfen das Urbild eines Rhodie-Farmers, Gift und Galle. »Kriegsveteranen?« flucht der dicke, bärtige Mann, der die Farm vor zehn Jahren gekauft hat, weil die Regierung von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machte. »Fuck. In dieser Gegend gibt es nur einen Kriegsveteranen, und den kenne ich persönlich.«

Kein Wunder, dass van Leenhoff nicht gut zu sprechen ist auf die Besezter. Viermal musste er innerhalb der letzten Monate seine 14 Quadratkilometer große Farm verlassen. Seine Frau haben die Besetzer verprügelt, ihn selbst zwangen sie mit vorgehaltener Waffe, Tänze vorzuführen: »Nenn' sie Terroristen, Arschlöcher, Diebe, was auch immer, aber nicht Kriegsveteranen!« Durchschnittlich 20 Jahre seien die Farmbesetzer alt, sagt van Leenhoff. Zur Zeit des Unabhängigkeitskampfes seien sie also oft noch nicht einmal auf der Welt gewesen. »Geht es vielleicht nur darum, einen weißen Farmbesitzer mit einem schwarzen zu vertauschen?«

Für eine Bodenreform tritt immerhin seit zwei Jahren selbst der Großfarmer-Verband CFU ein. Das Angebot der CFU, eine solche Reform mit einem Kontingent von 15 000 Quadratkilometern - knapp vier Prozent der Landesfläche - zu unterstützen, schlug die Regierung aber aus, denn mit der Landspende wollten die Farmer ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Umsiedlungen erkaufen. Wäre die Regierung darauf eingegangen, hätte sie sich der Möglichkeit beraubt, mit der Umverteilung enteigneten Grundbesitzes eigene Parteigänger und Beamte zu entlohnen.

Obert Mpofu, der von der Regierung eingesetzte Gouverneur der Provinz Matabeleland-Nord, spricht ganz offen aus, dass Anhänger der Opposition bei Umsiedlungspogrammen nicht berücksichtigt werden. In Mpofus Provinz gingen bei der Parlamentswahl im Juni alle Abgeordnetenmandate an die Opposition. Im gesamten Land hat die regierende Zanu-PF einen hauchdünnen Wahlsieg vor der Oppositionspartei MDC davongetragen.

Die neue Regierung besteht hauptsächlich aus so genannten Fachmännern - nur eine Frau besetzt einen Ministerposten. Finanzminister Simba Makoni legte bereits in der zweiten Woche seiner Tätigkeit ein Haushaltskonsolidierungsgesetz vor, mit dem der Zimbabwe-Dollar nach 18 Monaten künstlich stabil gehaltener Wechselkurse um 30 Prozent abgewertet wurde. Obwohl der Zim-Dollar seitdem noch zweimal um je zwei Prozent abgewertet wurde, bekommt man auf dem Schwarzmarkt immer noch einen etwas besseren Kurs.

Auch die Farmbesetzungen gehen weiter. Der erste Versuch der Polizei, in der Umgebung Harares illegale Behausungen auf nicht zur Enteignung ausgeschriebenen Farmen zu zerstören, endete mit einer offiziellen Entschuldigung der Regierung, dies werde nicht wieder vorkommen. Familien, deren Häuser zerstört wurden, bekamen auf Druck der Regierung neue Liegenschaften.

Trotz solcher vorläufigen Erfolge gibt es auch bei den Farmbesetzern Streit. Auf einer außerordentlichen Sitzung beschloss am 23. September der Veteranenverband ZNLWVA die Absetzung des Leiters seines Exekutivausschusses, Chenjerai »Hitler« Hunzvi. Hunzvi, gegen den zwei Gerichtsverfahren anhängig sind und der im Verdacht steht, auch für finanzielle Unregelmäßigkeiten innerhalb der ZNLWVA verantwortlich zu sein, verhalte sich als Diktator und sei nicht mehr tragbar.

Gegenüber Hunzvi, dem Urheber der jüngsten Ausschreitungen auf den Farmen, wird mittlerweile selbst innerhalb der Regierungspartei Zanu-PF Unbehagen laut. Bei der Verteilung der Ministerposten ging er wider Erwarten leer aus; nachdem er im Wahlkampf seine Schuldigkeit für die Zanu-PF getan hatte, wurde er nun wohl abserviert.