Misstrauensvotum gegen Japans Premier gescheitert

Wie in Nordkorea

Eine regierungsnahe deutsche Tageszeitung meinte in einem Kommentar in der vergangenen Woche, im japanischen Regierungssystem »eine Herrschaftsstruktur, die gegen sämtliche Spielregeln einer funktionierenden Demokratie verstößt«, zu erkennen. Mit harten Worten ging es gegen die undemokratische Methode, in verrauchten Hinterzimmern den jeweiligen Premierminister Japans zu küren. So undemokratisch kann es aber auch nicht zugegangen sein, bei genauem Hinsehen ist der Unterschied zu europäischen Staaten trotz einiger Kungeleien nicht groß.

Was war geschehen? Ministerpräsident Yoshiro Mori hat am Dienstag letzter Woche einen Misstrauensantrag der Opposition im japanischen Parlament unbeschadet überstanden. Zwischenzeitlich signalisierte Koichi Kato - früherer Generalsekretär der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) und Anführer der zweitstärksten der fünf Fraktionen - die Unterstützung seiner Anhänger für den Antrag. Doch wenige Minuten vor der Entscheidung im Parlament entschlossen sie sich, der Abstimmung fernzubleiben. Im Ausland wurden die von Kato geführten LDP-Rebellen schon als »Reformer« gehandelt. Sie könnten die verkrusteten Strukturen der seit 50 Jahren fast ununterbrochen regierenden Partei aufbrechen. Aber diese Hoffnung hat keinen realen Hintergrund. Niemand wird die LDP oder eine ihrer Abspaltungen, die in der Opposition sitzen, verlassen und auf die Macht verzichten.

Gleichwohl wird Premier Mori nicht mehr lange auf seinem Posten bleiben. Nach jetzt schon acht Amtsmonaten hat er die durchschnittliche Verweildauer eines japanischen Regierungschefs beinahe erreicht. Seine berühmten nationalistischen Ausfälle - er bezeichnete den Kaiser als gottähnliche Autorität wie in der guten alten Zeit bis 1945 - schaden ihm zwar im Ausland, die konservative japanische Wählerschaft dankt es ihm. Für die moderneren, wirtschaftsliberalen JapanerInnen sind andere Fraktionen der LDP da.

Doch auch die japanische Presse bekam in dem zitierten taz-Kommentar ihr Fett weg. Sie halte mit ihren parteiischen Berichten »die Spielregeln der Informationsfreiheit und der Transparenz« nicht ein. Denn ihm, dem Kommentatoren, und allen anderen ausländischen Journalisten, werde der Zugang zu den Presseclubs im Parlament verwehrt. Mit mehr Transparenz - so schließt der Beitrag - könnte die japanische Demokratie funktionieren.

Diese Ansichten verkennen, dass es in der japanischen Politik kaum anders läuft als in Westeuropa. Hier wie dort ein riesiger Aufwand von Lobbyisten, Scheingefechte im Parlament, Personalentscheidungen zum Ausgleich der Interessen unterschiedlicher Fraktionen und Medien, die nicht vorurteilsfrei berichten - kurz: bürgerliche Politik in einem bürgerlichen Staat mit bürgerlichen Medien.

Gerade in Japan werden die Nachrichten häufiger von den vielen Skandalen der verschiedenen Politiker als von politischen Debatten bestimmt. Die Parteifunktionäre folgen dabei dem Prinzip des Stehaufmännchens. Die »große« Politik scheint für den kleinen Mann und die kleine Frau auf der Straße weniger wichtig als die alltäglichen und kommunalpolitischen Probleme. Die Medien spiegeln dieses Desinteresse wider - so wie die Wahlbeteiligung.