Schröder-Besuch bei Putin

Mein Freund ist Russe

Es menschelte mal wieder. »Die Pferdeschlitten-Freundschaft« betitelte die Süddeutsche Zeitung einen Kommentar zum Besuch des Ehepaars Schröder beim Ehepaar Putin. Denn in Moskau war diese deutsch-russische Viererbande mit dem Schlitten durch die verschneiten Straßen gefahren. Es war der vierte Besuch des deutschen Kanzlers in Moskau, und das zeigt, wie wichtig ihm die guten Kontakte zu Putin sind, zum »Deutschen«, wie die New York Times den russischen Präsidenten anlässlich seines Deutschlandbesuchs im vergangenen Juni genannt hatte.

Das Treffen war als rein privater Besuch angekündigt. Aber das glaubte niemand. »Schau westwärts, Putin«, hatte die Zeit eine Sammlung guter Tipps überschrieben, wie und warum sich der russische Präsident an Europa und insbesondere an Deutschland orientieren solle. Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater unter US-Präsident Jimmy Carter, erklärte im Innern der Zeitung, dass das Treffen zwischen Schröder und Putin »geradezu maßgeschneidert für einen ernsthaften strategischen Dialog« sei.

Ob es zwischen dem russischen Schlächter von Grosny und dem deutschen Kosovo-Warlord zu diesem »strategischen Dialog« kam, ist unklar. Denn etwas anderes stand plötzlich im Mittelpunkt des Interesses. Am Donnerstag hatte Russland angekündigt, seine Auslandsschulden in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar bei den staatlichen Gläubigern des Pariser Clubs im ersten Quartal dieses Jahres nicht zu bedienen; nach einem 1996 abgeschlossenen Umschuldungsabkommen muss Russland in diesem Jahr insgesamt 3,4 Milliarden US-Dollar zahlen, im aktuellen Haushalt sind aber nur 1,24 Milliarden Dollar für diesen Schuldendienst vorgesehen.

Das deutsche Finanzministerium reagierte vergrätzt auf die Ankündigung Russlands. »Ein unilateraler Zahlungsstopp Russlands ist nicht akzeptabel«, hieß es in einer in Berlin veröffentlichten Stellungnahme. Kein Wunder, Deutschland ist der Staat, bei dem Russland die meisten Schulden hat. Russlands Schulden bei staatlichen und privaten Gläubigern belaufen sich nach unterschiedlichen Angaben auf 42 bis 49 Milliarden Dollar, 40 Prozent dieser Verbindlichkeiten bestehen gegenüber deutschen Banken.

Die deutsche Regierung beharrt auf dem Standpunkt, dass der bescheidene Boom, den Russland nach dem Rubel-Crash im Sommer 1998 derzeit wegen der hohen Ölpreise zu verzeichnen hat, die Bezahlung der Schulden ermöglicht. Aber eine weitere Variante ist im Gespräch: Aktien statt Barzahlung. Und da weiß die Süddeutsche Rat. Natürlich müssten es »Anteile an Spitzenunternehmen wie Gasprom sein und nicht Beteiligungen an verkommenen Traktorenwerken in Sibirien«. Auf den russischen Energiegiganten sind natürlich alle westlichen Staaten und transnationalen Konzerne scharf, und Deutschland möchte sich zuerst bedienen. Die Kommentatoren haben also durchaus Recht: Schröder fährt mit Putin Schlitten.